Tag des Denkmals 2025

Strohdächer im Fokus am Tschögglberg

Dienstag, 30. September 2025 | 14:17 Uhr

Von: Ivd

Bozen/Meran – Mehr als 60 Höfe mit Strohdach gab es noch in den 1970er-Jahren auf dem Tschögglberg. Heute sind es nur noch vier. Anlässlich des Tags des Denkmals am vergangenen Sonntag rückte der Heimatpflegeverband in Zusammenarbeit mit dem Landesdenkmalamt, dem Südtiroler Landesmuseum für Volkskunde, der Gemeinde Vöran und vor allem der Besitzer der mit Stroh gedeckten Stadel dieses wertvolle Kulturerbe in den Mittelpunkt – mit geführten Besichtigungen, praktischen Vorführungen und einem Appell zur Rettung der letzten Strohdachhöfe.

Während das Landesdenkmalamt zum Tag des Denkmals Führungen zu vier denkmalgeschützten Stadeln mit Strohdach anbot, organisierte der Heimatpflegeverband Südtirol eine ganztägige Exkursion auf den Tschögglberg, bei der drei der letzten vier Höfe mit Strohdach besucht wurden, die zwar nicht unter Denkmalschutz stehen, dafür noch heute landwirtschaftlich genutzt werden.

Diese Höfe – Spitzegg, Sunnegg und Gfrar in Vöran sowie der Duregg-Hof in Jenesien – stellen eine einzigartige Seltenheit dar. Sie sind die letzten Strohdachhöfe Südtirols, die weiterhin von bäuerlichen Familien bewohnt und bewirtschaftet werden. Während der Exkursion konnten die Teilnehmenden drei dieser Höfe besichtigen (Spitzegg, Gfrar und Duregg).

Die Eigentümer gaben dabei authentische Einblicke in Geschichte und Besonderheiten ihrer Höfe. Besonders eindrucksvoll waren die Einblicke in die Dachkonstruktion von innen: Durch das hölzerne Tragwerk zeigen sich die gebündelten Roggenhalme (Schaben), die mittels Weidenruten („Wieden“) an den Dachlatten befestigt werden. Der junge Zimmermann Michael Reiterer, einer der wenigen in Südtirol, die dieses Handwerk noch beherrschen, demonstrierte zusammen mit dem erfahrenen Strohdachdecker Franz Pircher, von dem er den Beruf erlernt hat, die Vorbereitung der Roggenhalme zu Bündeln. Dabei wurde deutlich, dass dieses Handwerk spezifisches Wissen und große Fertigkeit erfordert.
Am Duregg-Hof präsentierten die Eigentümer Paul und Christa Lun ein eigens vorbereitetes Holzmodell eines Strohdachs. Anhand dieses Modells erklärten sie den Besuchern anschaulich die Technik zur Befestigung der Roggenbündel mit Weideruten.

Josef Oberhofer, ehemaliger Direktor des Heimatpflegeverbands berichtete, wie sich der Schutz von Strohdächern seit den Anfängen entwickelt hat.

Alle drei Eigentümer – Markus Pircher (Spitzegg), Thomas Alber (Gfrar) und Paul Lun (Duregg) – hoben hervor, wie faszinierend Strohdächer sind, aber auch wie aufwendig und zeitintensiv ihre Pflege ist. Paul Lun berichtete, dass er und seine Frau jährlich rund zwei Monate Arbeit allein für die Instandhaltung des Daches aufbringen. Dazu zählen die Aussaat und Pflege des Roggens, das Mähen, das Dreschen, die Bündelung, das Sammeln und Zuspitzen der Weidenruten sowie die Erneuerung eines sogenannten Jahrestreifens am Dach.

Der Heimatpflegeverband Südtirol erinnerte eindringlich daran, dass Strohdächer einst im gesamten Alpenraum und insbesondere in den mittleren Höhenlagen des Tschögglbergs weit verbreitet waren. Heute sind nur noch die allerletzten Exemplare erhalten. Soll dieses wertvolle Kulturerbe nicht unwiederbringlich verloren gehen, braucht es die öffentliche Wertschätzung. Seit diesem Jahr gibt es eine neue, gezielte Förderung über das Landesdenkmalamt, die sich hoffentlich bewähren wird.

Bezirk: Bozen, Burggrafenamt

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