Aufführung in der Dekadenz in Brixen

Südtiroler Performerin und Sängerin gewinnt Nestroy-Preis

Mittwoch, 26. November 2025 | 16:31 Uhr

Von: mk

Brixen – Marika Rainer, die in Südtirol aufgewachsen ist, hat vergangenes Wochenende mit ihrem Fliry Horse Collective den Nestroy in der Kategorie “Beste Off-Produktion” gewonnen hat. Der Nestroy Preis ist der wichtigste Theaterpreis im deutschen Sprachraum. Es trifft sich besonders gut, dass das Sieger-Stück am Wochenende auf der Dekadenz-Bühne zu sehen ist. “Die Düntzer Rhapsodie” ist ein humorvolles und verspieltes Musiktheaterstück über den Stadt-Land-Konflikt.

Widerstand als roter Faden: Drei Abende in der Dekadenz Brixen

In der Dekadenz Brixen steht Ende November alles im Zeichen eines großen, vielschichtigen Begriffs: Widerstand. Doch es geht nicht um Parolen oder Pathos, sondern um jene leisen und lauten Formen des Widerspruchs, die Kunst seit jeher hervorbringt: poetisch, musikalisch, verspielt oder schonungslos. Drei sehr unterschiedliche Produktionen, die zwischen Pop, Jazz und Musiktheater pendeln, zeigen, wie lebendig und notwendig diese künstlerische Haltung heute ist.

Den Auftakt macht Robert Stadlober am 26. November mit seinen Neuvertonungen von Kurt Tucholsky. Der Schauspieler und Musiker hat zwölf Gedichte des politischen Satirikers in zarte, textnahe Indie-Folk-Songs verwandelt, die Tucholskys bissige, antifaschistische Stimme überraschend leichtfüßig in die Gegenwart übertragen. Für Stadlober wurde dieses Projekt auch zu einem Gegenpol zu seiner jüngsten Arbeit vor der Kamera: Nach der Rolle als Joseph Goebbels in Führer und Verführer suchte er bewusst eine künstlerische Auseinandersetzung, die dem Dunkel etwas Helles, Waches entgegensetzt.

Am 27. November rückt mit „Echoes of Marabi“ eine Musik in den Mittelpunkt, die selbst aus Widerstand geboren ist. Der südafrikanische Pianist und Sänger Yonela Mnana, der Schweizer Saxophonist Benedikt Reising und die Soultee Sisters lassen die urbane Jazztradition der 1930er-Jahre aus Johannesburg neu aufleben – eine Musik, die damals trotz sozialer Repression zu einem Ausdruck schwarzer Selbstbehauptung wurde. In der Dekadenz Brixen entfaltet sie ihre vielstimmige Kraft als Erinnerungsarbeit, als Feier kulturellen Erbes und als leises wie lautes Aufbegehren.

Den Abschluss bilden am 29. und 30. November zwei Abende, auf die Brixen ganz besonders stolz sein darf: „Die Düntzer Rhapsodie“, Gewinner des Nachwuchswettbewerbs des Theater Drachengasse und des Nestroy-Theaterpreises 2025 als Beste Off-Produktion. Im Zentrum stehen zwei Darstellerinnen und eine davon ist in Südtirol aufgewachsen: Marika Rainer, die in der Rolle der Claudia mit Stimme, Körper und großem komödiantischen Gespür eine der tragenden Kräfte des Abends ist.

Rainer, geboren und aufgewachsen in Südtirol, studierte an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien sowie an der Universität Mozarteum Salzburg, wo sie ihr Masterstudium „Oper und Musiktheater“ mit Auszeichnung abschloss. Sie war Stipendiatin der „Jungen Musiker Stiftung Bayreuth“ und gilt als eine Künstlerin, die Spiel und Gesang mit beeindruckender Natürlichkeit verbindet. Ihre Bandbreite reicht von klassischen Opernproduktionen über szenische Liedprogramme bis hin zu innovativen Formaten des Künstlerkollektivs Oper rund um – etwa einer Fledermaus in Freibädern, einem Don Giovanni im Club oder der #stayathomeopera während des ersten Lockdowns. Auch als Pädagogin setzt sie Akzente, etwa am Theater an der Wien, wo sie Jugendprojekte wie „RETIRADA“ betreute, sowie in Workshops und an der Musikschule Wilhelmsburg. Zuletzt feierte sie mit dem szenischen Mira Lobe // Live-Hörspiel Erfolge; aktuell arbeitet sie an einer getanzten Fassung von Pergolesis Stabat Mater.

In der „Düntzer Rhapsodie“ spielt sie gemeinsam mit Barbara Maria Angermaier, und das Duo verwandelt Puppen, Kuscheltiere und Objekte mit sichtbarer Freude in ein grantiges Figurenkabinett. Ihre präzisen Dialektwechsel, das Timing der Pointen und die musikalische Vielseitigkeit tragen wesentlich dazu bei, dass aus der Geschichte eines fiktiven Dorfs ein bissiges, hochmusikalisches Stück über Ewiggestrigkeit und den Mut zur Veränderung wird. Die Jury lobte die Produktion als „originelle Geschichte mit unvorhersehbarem Plot, die die wunden Punkte zwischen Stadt und Land treffsicher offenlegt“.

So unterschiedlich die drei Abende auch sind, sie verbindet ein gemeinsames Anliegen: Kunst zeigt Wege aus der Erstarrung, indem sie Fragen stellt, Perspektiven wechselt und Stimmen hörbar macht, die sonst untergehen könnten. Die Dekadenz Brixen widmet dem Widerstand eine ganze Woche – nicht als großes Wort, sondern als vielstimmige Erfahrung.

Die Termine

Mi 26.11., 20.00 – Robert Stadlober
Wenn wir einmal nicht grausam sind, dann glauben wir gleich, wir seien gut
Indie-Folk-Neuvertonungen von Kurt Tucholsky
Vorspiel: Lena Simonetti

Do 27.11., 20.00 – Yonela Mnana, Benedikt Reising & Soultee Sisters (ZA/CH)
Echoes of Marabi
Jazz zwischen Erinnerung, Blues & südafrikanischer Musikgeschichte

Sa 29.11., 20:00 & So 30.11., 18.00 – Flirty Horse Art Collective & Theater Drachengasse
Die Düntzer Rhapsodie
Musiktheater / Satire
Gewinner des Nachwuchswettbewerbs des Theater Drachengasse
Nestroy-Nominierung 2025 | Beste Off-Produktion
Mit der in Südtirol aufgewachsenen Sängerin und Performerin Marika Rainer

Bezirk: Eisacktal

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