Vision oder Entrückung

Vernissage von Beatrice Mattei in Bozen eröffnet

Dienstag, 02. September 2025 | 09:33 Uhr

Von: idr

Bozen – Gestern wurde in der Kunstgalerie der „Italienischen Künstlervereinigung” (Bindergasse Nr. 4) die Einzelausstellung von Beatrice Mattei mit dem Titel Vision oder Entrückung eröffnet. Die Laudatio wurde von Prof. Eugen Galasso gehalten, der mit hoher intellektueller Kompetenz einen Überblick über die moderne Philosophiegeschichte bot, um Matteis malerische Arbeit zu erklären.

In der lokalen Kunstszene ist Mattei keine Unbekannte, da sie bereits in den 80er Jahren aktiv mit der Malerei begann. Einst suchte sie in ihrer künstlerischen Entwicklung nach einer Vereinigung von Figuration und Abstraktion, zwischen denen sie hin- und herwechselte.

Aktuell arbeitet sie auf der Basis von Fotos und ergänzt diese mit Malerei und Text. „Vision oder Entrückung”, das heißt der Blick des Herzens und der des Verstandes wechseln sich ab, um die Realität und die Vorstellungskraft zu erzählen, denn die Kraft der Magie liegt nicht in den Dingen, sondern in den Menschen, die ihre Sinne nutzen, um die innere und äußere Welt einzufangen. So stellen die Werke dieser Künstlerin eine Art konzeptuelle Landkarten dar, bestehend aus Fragmenten von Fotografien, Schriftzeichen, Gedankenfetzen, Erinnerungen, Farben und Handschriften. Straßen und Wege erforschen die Kraft des Sehens, des Betrachtens und manchmal auch des Erblickens.

Beatrice Matteis Perspektive ist mit Schöpfung und Metamorphose verknüpft, mit der fortwährenden Wandlung von Denken und Sichtweise. Sie erkennt, dass dies eine direkte Bedrohung darstellen und zu Wahnsinn und Untergang führen kann – wie uns die Gorgonen lehren, wobei Medusa vielleicht das deutlichste Beispiel ist. Sie weiß jedoch auch, dass der Blick ein kraftvolles Erkenntnisinstrument sein kann. Der Gott Apollo, der Licht und Weissagung verkörpert, erinnert uns daran: Mit seinem allwissenden Blick sieht er die Zukunft und kennt sie. Licht und Blick verschmelzen symbolisch miteinander, ebenso wie die überlagerten Bilder der Künstlerin zu Fragmenten von Erzählungen, Erinnerungen und Träumen werden.

Wenn wir die Arbeiten von Beatrice Mattei in Augenschein nehmen, denken wir unweigerlich an die vorphilosophischen Zeugnisse, die uns ins Gedächtnis rufen, dass die Augen nicht nur Licht empfangen oder das, was von den Objekten „ausgeht”, sondern, dass sie selbst, vielleicht wegen ihrer Leuchtkraft, ganz offen ihre Quelle sind. Das ständige Schwanken zwischen Herz und Verstand, zwischen Rationalität und Irrationalität wird hier in einem nahezu alchemistischen Prozess überwunden. Dieser zielt darauf ab, Gegensätze zu vereinen, im malerischen und konzeptuellen Bewusstsein doppelte Dinge zu einer Einheit zu verschmelzen und Grenzen sowie Barrieren abzubauen.

Es sind also integrative Werke, die theoretische und praktische Operation par excellence umsetzen und uns aus dem Rahmen der Gegensätze herausführen. Matteis Sprache ist deshalb so spannend und führt über Vorurteile hinaus, um an Ufern anzukommen, wo Herz und Verstand eins werden.

Jedes Werk verdient es, erkundet, analysiert und neu zusammengesetzt zu werden, so groß ist der Reichtum, der daraus hervorgeht. Fotogramme, Abbilder von entzückenden Frauen-Sirenen, Gesichter, deren Blick in der unendlichen Begierde verloren geht, die Lilith aus der jüdischen Legende, eine freie und eigenständige Frau, die gezwungen war, Eden zu verlassen, Haare wie von Arachne gewebte Stoffe, Frauen mit geschlossenen Augen, um in sich selbst zu schauen, wie es der Mann-Frau Teiresias tat, als er von Hera geblendet wurde, aber auch ein Geschenk ist, denn im Gegenzug erhält man die Gabe der Prophezeiung.

Die Werke von Beatrice Mattei sind derart vielschichtig, dass sie Gegenstand umfangreicher Abhandlungen sein könnten. Jedes einzelne stellt ein Territorium dar, eine Landkarte, auf der Wünsche und Hoffnungen, Traurigkeiten und Träume sowie Tragödien ihren Tanz vollziehen. In knappen Worten: das Dasein an sich.

Bis zum 13. September kann die Ausstellung montags bis freitags von 10.00 bis 12.00 Uhr und von 16.00 bis 19.00 Uhr sowie samstags von 10.00 bis 12.00 Uhr besucht werden.

Bezirk: Bozen

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