Von: mk
Bozen – Zur 120. Hauptversammlung sind die Delegierten der 36 AVS-Sektionen und des BRD in Vertretung von über 82.000 Mitgliedern heute in der BASIS in Schlanders zusammengetroffen. Unter das Motto „Respekt“ stellte AVS-Präsident Georg Simeoni seine Ausführungen. Geschäftsführer Cristian Olivo präsentierte die Zahlen eines gesunden Vereins, wobei der Blick in die künftigen Haushaltsjahre vor allem im Bereich Hütten ergibt.
Georg Simeoni betonte die Bedeutung gemeinsamer Werte wie Solidarität, Verantwortung und Gemeinschaftsgefühl. Der Alpenverein sei mehr als ein Zusammenschluss von Bergfreunden, er sei eine Wertegemeinschaft, die der „Egoismus unserer Zeit“ herausfordere: „Tradition soll nicht heißen, die Glut bzw. die Asche zu bewahren, sie soll ein neues Feuer entfachen.“
Neben der bergsportlichen Aktivität ist das zentrale Anliegen der Schutz der alpinen Landschaft. Der AVS lehnt eine Kommerzialisierung der Berge entschieden ab: Die Übernutzung touristischer Hotspots (wie zum Beispiel Drei Zinnen, Villnöss, Pragser Wildsee, Gröden) und der Ausbau von Pisten, ihre Beschneiung mit Hilfe von Speicherbecken gefährden laut Simeoni das Naturerlebnis. Auch im Bereich erneuerbare Energie müsse Nachhaltigkeit Priorität haben – neue Geländekammern oder Bergkämme dürften nicht geopfert werden. „Wir wollen uns an der Diskussion über neue Projekte beteiligen“, unterstrich Simeoni. Er unterstrich aber auch seine Haltung, dass man nicht stets über neue Energiequellen reden solle, sondern über Energiesparen nachdenken solle und den Verbrauch kritisch durchleuchten. Seit über 40 Jahren setzt sich der AVS für den Schutz der Confinböden und der gesamten Lang- und Plattkofelgruppe ein. „Seit 20 Jahren fordern wir auch eine Reduzierung des Verkehrs auf den Dolomitenpässen und nicht nur dort“, sagte Simeoni.
Wege und Schutzhütten: Kernanliegen und Sorgenkinder
Große Herausforderungen sieht der AVS auch beim Erhalt der alpinen Infrastruktur. Wege und Hütten leiden unter dem Klimawandel, Naturgewalten und steigenden Baukosten. Alle Schutzhütten seien in die Jahre gekommen und bei allen würden teils umfassende Arbeiten in den nächsten fünf bis sechs Jahren notwendig. Unverhältnismäßig sind aus seiner Sicht die Konzessionsgebühren an die Agentur Landesdomäne, die um über 500 Prozent angestiegen sind. „Ich möchte feststellen, dass die SAT (Società Alpinisti Trentini) der Provinz Trient keine Konzessionsgebühren zahlen muss“, sagte Simeoni. Er zählt auf den entsprechenden Einsatz der Landesregierung.
Scharfe Kritik übte Simeoni an der überbordenden Bürokratie im Dritten Sektor, die das Ehrenamt zunehmend lähme: „Es verwirkt die Freude am Vereinsleben und führt zu einem schleichenden Tod der Ehrenamtlichkeit.“ Landesrätin und Landeshauptmannstellvertreterin Rosmarie Pamer versprach in ihrer Stellungnahme, „in meinem Zuständigkeitsbereich einfachere Systeme bei Antragsansuchen einzuführen“. „Das staatliche RUNTS-Register wird aufrecht bleiben, auf Landesebene sind wir dabei, ein Ehrenamtsregister einzuführen, der Entwurf steht demnächst auf der Tagesordnung der Landesregierung, es wird dann den Weg durch die Gesetzgebungskommission und den Landtag gehen“, sagte sie.
Gesunder Verein, besorgter Blick auf Ausgabenseite
Der Alpenverein blickt auf ein erfolgreiches Jahr 2024 zurück: Die Mitgliederzahl stieg auf über 82.000, besonders bei Jugendlichen ist ein starkes Wachstum zu verzeichnen. Auch das Kursangebot wurde deutlich erweitert. „Wir schaffen es, tausende Menschen für Natur, Bewegung und Gemeinschaft zu begeistern“, sagte Cristian Olivo, Geschäftsführer des Alpenvereins. Positiv hervor hob er das Ehrenamt im Wegebereich, die wachsende Jugend- und Familienarbeit sowie die gesteigerte digitale Reichweite. Herausforderungen bleiben steigende Bergungskosten und Versicherungsausgaben.
Historischer Akt: Rückgabe von Buchwerten
Ein wichtiges Ereignis im Laufe der 120. Hauptversammlung des Alpenvereins war ein historischer Akt. Maurizio Veronese, Präsident des CAI Bozen, übergab AVS-Präsident Georg Simeoni unter dem Applaus der Anwesenden und CAI Alto Adige-Präsident Carlo Zanella den notariellen Schenkungsakt aller Bücher und Dokumente, die dem AVS 1923 in Zeiten des Faschismus enteignet und in die CAI-Bibliothek integriert worden waren. „Diese Bücher und Dokumente erzählen eure Geschichte, es ist richtig, dass sie nach Hause zurückkehren“, sagte Veronese. Dem neuen Vorstand der CAI-Sektion Bozen sei klar geworden, dass die Zeit für den Wandel gekommen sei, alte Differenzen könnten durch diese Schenkung überwunden werden. „19 Kartone und einige Dokumente stehen zur Abholung in unserer Bibliothek bereit“, sagte er. Georg Simeoni bezeichnete den 18. März, das Datum des notariellen Aktes, als „historischen Tag für den AVS“. Er sei überzeugt, dass dieses leidvolle Kapitel in der Freundschaft zwischen AVS und CAI damit überwunden sei – letztlich seien die zwei Vereine über die Berge verbunden. „Und die sind für alle gleich: Es geht immer aufwärts“, sagte er.
Zelger: Etablierte Ethik für Vernünftige
Thomas Zelger, Präsident des Südtiroler Berg- und Skiführerverbands, warnte in seinem Impulsreferat vor einer trügerischen Sicherheitsdebatte in den Alpen. „Wir können in Routen nicht eine Sicherheit suggerieren, die es in Wirklichkeit nicht gibt“, betont er und fordert mehr Eigenverantwortung und Respekt im Umgang mit der Bergwelt. „Wir sollten den Routen, die wir begehen wollen, klettertechnisch überlegen sein, dann braucht man sich über die Absicherung weniger Gedanken zu machen“, sagte er. Besonders kritisch sieht Zelger Eingriffe in klassische Dolomitenrouten: „Das gehört zu unserer Tradition, das ist die DNA der Dolomiten!“ Die historischen Linien seien mehr als nur Sportgelände – „Routen beschreiben Epochen, sie sind Statements jener Zeit, jener Menschen.“ Er forderte einen „Ehrenkodex“, eine etablierte Ethik, an die sich vernünftige Alpinisten halten können.
Ehrung, Wahlen, Auszeichnungen
Ebenfalls auf der Tagesordnung der 120. Hauptversammlung des Alpenvereins standen Anträge aus den Sektionen und Wahlen, Auszeichnungen und Ehrungen. Als Vizepräsident für weitere drei Jahre bestätigt wurde Elmar Knoll, Leonhard Hillebrand als Referatsleiter für Finanzwesen und Anna Bernard rein formell als Leiterin des Referats Jugend und Familie, neu ist Angelika Völser als Ersatzmitglied des Schiedsgerichts. Bezirksvertreter bleiben Luise Rauch (Etschtal) und Christian Mayr (Unterland). Eine Veränderung gibt es auch im Bezrik Eisacktal/Wipptal. Dieter Bologna ist von seinem Amt zurückgetreten, Hanspeter Vikoler wird es übernehmen. Traditionell Sachpreise gab es für die Sektionen mit dem größten Mitgliederzuwachs. 2024 waren dies Schlern, Klausen und Ahrntal und Unterland. Für umweltverträgliche Führung der Schutzhütten mit dem Umweltgütesiegel ausgezeichnet wurden die Wirte der Oberettes- und der Rieserfernerhütte.
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