Moon Unit Zappa (hier 2006) schrieb über ihre Kindheit

Das traumatische Leben der Moon Unit Zappa in Buchform

Donnerstag, 22. August 2024 | 07:57 Uhr

Von: apa

Aufgewachsen mit einem berühmten, oft abwesenden Vater und einer exzentrischen wie “krankhaft rücksichtslosen” Mutter, als Teenager mit dem Song “Valley Girl” berühmt geworden und in einen langen Rechtsstreit mit ihren Geschwistern um den Nachlass von Frank Zappa verwickelt: So lässt sich in Kürze das Leben von Moon Unit Zappa zusammenfassen. In der Autobiografie “Earth To Moon” erzählt sie von (mangelnder) Liebe, schmerzhaften Trennungen und dem Überlebenskampf ihres Kindes.

“Ich bin meinen Eltern und meinen Geschwistern gegenüber immer absolut loyal geblieben. Aber ich trauere um Beziehungen, die hätten sein können oder nie waren”, schreibt Moon Unit, die am 28. September 1967 in New York City als ältestes Kind der Geschäftsfrau Gail Zappa und des Musikers Frank Zappa zur Welt kam. Ihr Geburtsname ließ in einer Zeit, “in der ‘Langhaarige’ für das ‘Establishment’ ebenso furchterregend sind wie Kommunisten, überall auf der Welt Augenbrauen in die Höhe schnellen”, heißt es an einer Stelle des Buches. Der Name ist vom Wettlauf zum Mond inspiriert, das polarisierende “Unit” stehe für den Aufbruch zu einer Familieneinheit, erläutert die Autorin.

“Earth To Moon” handelt allerdings von keiner “normalen” Familie, wird schon mit den einleitenden Sätzen klar: “Ich bin wie jeder andere aufgewachsen – mein Vater war ein Rockstar, ich musste meine Eltern mit ihren Vornamen ansprechen”, so Moon Unit. Groupies kommen regelmäßig zu Besuch, Mutter Gail spricht über spontane Selbstentzündung, Karma und darüber, wie man freundliche Aliens von “grauen Wesen” unterscheiden kann, immer wieder streiten die Eltern.

Über Frank Zappas kreatives Schaffen erfährt man hier wenig. Es geht schließlich ums Private: Ob es auf die Entwicklung eines Kindes positive Auswirkungen hat, wenn der Vater oft in fernen Ländern tourt, Wet-T-Shirt-Wettbewerbe liebt, zu Hause keine Unterwäsche trägt und seine Affären mit nach Hause nimmt, davon kann man sich mit der Lektüre selbst ein Bild machen. “Den ganzen Tag” mussten die Zappa-Kinder “still sein”, “damit Frank bis 17 Uhr schlafen kann”. Trotz allem liebt Moon Unit ihren Vater. Der Mangel an Zuneigung ist zentrales Thema im Memoir. Ängste, dass der Vater die Familie verlassen will, plagen die Heranwachsende.

Richtig Fahrt nimmt das Buch auf, wenn Moon Unit erzählt, wie sie mit ihrem Vater den Überraschungshit “Valley Girl” landet, gnadenlos der PR-Maschinerie ausgeliefert wird und ihre Interaktion mit Frank “als Teil des ‘Familienunternehmens'” einzuordnen hat. Schmunzelt man zunächst noch über bizarre Vorgänge im Hause Zappa, vergeht einem das Lachen, wenn Moon Unit in einem Interview über unkonventionellen Erziehungsstil ausplaudert, dass Frank sie und ihren Bruder wegen eines Streits schon mal mit Handschellen fesselt – das sei Kindesmissbrauch, klärt die Moderatorin Moon Unit auf.

Berührend sind die Kapitel über das langsame Sterben des krebskranken Vaters. Auch hier zeichnet Moon Unit ein durchwegs eigenwilliges Bild der Mutter, die vermutet, dass “Funkwellen” Frank krank gemacht haben, und die eine Frau engagiert, die den Teufel aus den Körperzellen des Künstlers entfernen soll. Nach dem Tod des Musikgenies entbrennt ein wilder Rechtsstreit um den Nachlass und das Erbe. Damit nicht genug, geht Moon Unit durch eine Scheidung und muss um das Überleben ihres Kindes bangen.

Mit “Earth To Moon” hat die 56-Jährige ihr traumatisierendes Leben aufgearbeitet. “Doch sie erzählt auch von sich selbst als junger Frau, die es schafft aus dem Schatten und dieser Vergangenheit herauszutreten und davon zu zehren, statt davon verzehrt zu werden”, wirbt der Verlag. Das kann man so stehen lassen.

(Von Wolfgang Hauptmann/APA)

(S E R V I C E – Moon Unit Zappa: “Earth To Moon”, übersetzt von Karolin Viseneber und Daniel Müller, Heyne Verlag, 416 Seiten, 23,50 Euro)