Von: apa
Ein über das Alter, Künstliche Intelligenz und winkende Kühe philosophierender Alfred Dorfer hat Mittwochabend in Innsbruck sein neues Programm “GLEICH” erstmals in Österreich auf die Bühne gebracht. In seinem bereits achten Ein-Mann-Theater teilte der 62-Jährige dabei seine Gedanken mit dem Publikum – nicht immer geordnet, immer humorvoll. Nur am Rande streifte Dorfer das Politische – etwa, indem er empfahl: “Machen Sie etwas, was Sie in der Wahlzelle nicht tun: Nachdenken.”
Dies beherzigend konnte man dem oft rasch vorgetragenen und wild herumspringenden pointierten Streifzug durch Hotelräume, die Kindheit des Kabarettisten bis hin zu getätigten Beobachtungen im Flugzeug folgen. “Mein Körper ist ein Kunstwerk und die Künstlerin ist die Zeit”, merkte ein wie immer selbstironischer Dorfer im Innsbrucker Treibhaus an einer Stelle an. Die Zeit und die Entwicklungen in ebendieser sollten dann auch das Hauptmotiv sein, das durch den Abend führte. Insbesondere kommentierte Dorfer satirisch Entwicklungen der Moderne – von Work-Life-Balance (“Bei mir selbst finde ich das super, bei anderen bin ich kritischer”), Tücken bei Zoom-Gesprächen und neumodischen “Plastikkarten” statt Schlüsseln im Hotel.
Den durch den deutschsprachigen Raum tourenden Dorfer haben letztere dabei offenbar besonders inspiriert. Immerhin habe er ja auch “sein ganzes Leben in Hotels verbracht”. Und so folgt man dem Kabarettisten auf der Sinnsuche bei Neuerungen wie den erwähnten “Plastikkarten”, sich automatisch einschaltenden Fernsehern oder versehentlich ausgelösten Regenwaldduschen. Immerhin habe die Moderne auch beeindruckende Seiten: “Die Künstliche Intelligenz kann jetzt Popsongs schreiben, die sich nicht von anderen Popsongs unterscheiden”, witzelte der Wiener: “Aber was ist da eigentlich neu?” Immerhin werde die KI “vielleicht auch mal einen Kabarettisten erschaffen, der sich nicht von mir unterscheidet”. Allerdings gebe es dabei jedenfalls einen wesentlichen Unterschied: “Die KI ist wahnsinnig lernfähig.”
Politisches ist in “GLEICH” verpackt und klingt nur stellenweise als Kritik an Extremen deutlicher an. So ortet Dorfer etwa immer mehr Menschen, die sich “einen Diktator wünschen” und “rechte und linke Gedankenscheiße”. Ein ernsterer Dorfer trat zum Abschluss an Stelle einer traditionellen Zugabe vor das Publikum und erklärte, er hoffe, zumindest beim ein oder anderen Gedankenanstöße bewirkt zu haben. Jedenfalls empfinde er es als “Zumutung”, dass man sich in der Politik “zwischen Verhetzern und Versagern entscheiden” müsse.
Die stärksten Momente erlebt das Programm indes an anderer Stelle: Alleine durch seine Mimik vermag Dorfer auf den ersten Blick oberflächlichen Bemerkungen Tiefgang zu verleihen. Nicht immer muss deutlich ausgesprochen werden, was gemeint ist. Vor allem beschäftigt sich Dorfer mit jenem, was als Hauptaufgabe eines Kabarettisten gilt: unterhalten. Selbiges gelingt dem Routinier bravourös, einerseits wenn er Grimassen schneidend den “Tanzbären” oder eine Sonnenblume mimt, andererseits, wenn seine Gedanken ins gleichzeitig Anschauliche wie Absurde abdriften. Das Vorpremieren-Publikum goutierte den Abend mit begeistertem Applaus – und Dorfer freute sich über den ersten von nun einer ganzen Reihe von Auftritten in seiner “zweiten Heimat”, dem Innsbrucker Treibhaus.
(Von Matthias Bliem-Sauermann/APA)
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