B&B-Inhaber weist jüdische Gäste ab und wird bedroht

“Ich beherberge keine Israelis, die Netanjahu und seine Gaza-Politik unterstützen”

Montag, 01. September 2025 | 08:50 Uhr

Von: ka

Neapel – Ein neuer Fall von Diskriminierung von Gästen aus Israel erschüttert die italienische Öffentlichkeit. Der Inhaber einer neapolitanischen Frühstückspension hatte einer israelischen Kleinfamilie mitgeteilt, dass er keine Gäste beherbergen könne, die Benjamin Netanjahu und seine Politik gegenüber Gaza unterstützen. Daraufhin wurde er unzählige Male telefonisch bedroht. „Ich habe Anrufe erhalten, in denen mir mitgeteilt wurde, dass ich nun auf einer schwarzen Liste stehe“, so Francesco Minisci.

Eine Israelin hatte ihn kontaktiert, um einen Aufenthalt für drei Personen – zwei Erwachsene und ein Kind – zu buchen. Sie erhielt von Francesco Minisci, ehemaliger Stadtrat von Rifondazione Comunista und Besitzer eines Bed & Breakfast im Zentrum von Neapel, eine unerwartete Nachricht. „Sehr geehrte Frau, ich bin bereit, Sie mit offenen Armen zu empfangen. Allerdings muss ich wissen, ob die von Ihnen mitgebrachten Personen an den Militäraktionen in Gaza teilgenommen haben oder die Politik der Regierung Netanjahu unterstützen. Wenn dies der Fall wäre, könnte ich Sie leider nicht beherbergen, da ich Sie dann als unerwünschte Personen betrachten würde. Da ich Israel liebe, hätte ich andernfalls hingegen keinerlei Bedenken. Im ersten Fall werden Ihnen die Kosten für das Zimmer selbstverständlich zurückerstattet. Bitte antworten Sie mir. Vielen Dank“, so Francesco Miniscis Mitteilung.

Facebook/Francesco Minisci

Da die jüdische Frau seine Frage nicht beantwortete, erstattete Francesco Minisci seinen nicht erschienenen Gästen aus Israel über die Buchungsplattform die bereits überwiesene Anzahlung in Höhe von etwa 700 Euro zurück. Die Angelegenheit wäre damit vielleicht beendet gewesen, aber da die Touristen dem bekannten israelischen Informationsportal N12 von dem Vorfall berichteten und das Portal einen Artikel darüber veröffentlichte, geriet Francesco Minisci ins Visier fanatischer Befürworter der Politik der israelischen Regierung.

„Ich habe davon erfahren, weil ich immer von derselben israelischen Telefonnummer Anrufe erhielt. Mein Gesprächspartner schickte mir den Link zur Website von N12, Fotos von Familien, die am 7. Oktober von der Hamas getötet wurden, und kommentierte, dass er es mir und meinem ‚idiotischen‘ Sohn erklären würde – ich wurde also bedroht. Er sagte, ich würde meinen Job verlieren und stünde auf einer schwarzen Liste. Irgendwann konnte ich es nicht mehr ertragen. Ich habe die Nummer sperren lassen und bei den Carabinieri Anzeige erstattet“, so der Inhaber der Frühstückspension.

mako.co.il/Screenshot Korrespondenz mit dem Hotel

Wie der Corriere del Mezzogiorno berichtet, hat der Besitzer des Bed & Breakfast versucht, den auf der israelischen Website erschienenen Artikel zu übersetzen.

„Soweit ich das verstanden habe, werden die Fakten im Artikel ziemlich genau wiedergegeben. Man sollte mir also keinen Antisemitismus vorwerfen. Außerdem habe ich vor dem 7. Oktober sehr viele israelische Touristen beherbergt und mich mit den Büchern von Primo Levi und Hannah Arendt beschäftigt“, sagt Francesco Minisci.

„Ich bin beruhigt, denn aus dem Gespräch, das ich mit dieser Person geführt habe und das in den israelischen Zeitungen veröffentlicht wurde, geht eindeutig hervor, dass ich keinerlei diskriminierende Absichten hatte“, so Minisci gegenüber Fanpage.it.

Facebook/Peppe De Cristofaro

Falls es jemals nötig gewesen sein sollte, bekräftigt er, dass seine Initiative nichts Antisemitisches an sich hat, und verteidigt seine Entscheidung, von seinen potenziellen Gästen eine klare „Distanzierung vom Völkermord” in Gaza zu verlangen.

„Angesichts des Grauens ist jeder aufgefordert, seinen Teil beizutragen, so gut er kann. Während die Ärzte fasteten, habe ich darum gebeten, dass diejenigen, die mein Bed & Breakfast buchen, erklären, dass sie nicht an den militärischen Operationen im Gazastreifen beteiligt waren, also keine Kinder, Frauen, Ärzte und Journalisten getötet haben und die Regierung, die den Völkermord durchführt, nicht unterstützen. Ich hatte das uneingeschränkte Recht dazu, ich würde es wieder tun und bereue es keineswegs. Ich lasse mich auch nicht einschüchtern. Ich würde mich freuen, wenn auch andere Bed-&-Breakfast-Anbieter in Neapel diese Vorgangsweise übernehmen würden“, betont der ehemalige Stadtrat von Rifondazione Comunista.

„Es handelt sich nicht um eine Diskriminierung der Israelis oder gar der Juden. Glücklicherweise gibt es in Israel einen hohen Prozentsatz an Menschen, die gegen die Regierung und ihre Völkermordpraktiken sind“, fügt Minisci hinzu.

Facebook/Francesco Minisci

Vor einigen Monaten sorgte der Fall von Nives Minda, der Besitzerin der Taverna di Santa Chiara in Neapel, für Aufsehen. Sie hatte eine hitzige Diskussion mit zwei israelischen Touristen, die in ihrem Lokal in der Altstadt zu Abend aßen, über ihre Einschätzungen zu den Ereignissen im Nahen Osten. Die beiden hatten Teile der Auseinandersetzung mit ihrem Smartphone gefilmt und anschließend Anzeige gegen Minda wegen Antisemitismus erstattet. Die Ermittlungen wurden jedoch bald von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Wenige Stunden nach der Auseinandersetzung, als die Nachricht bereits die Runde gemacht hatte, wurden die beiden von der neapolitanischen Stadträtin für Tourismus, Teresa Armato, empfangen. In den folgenden Tagen trafen Armato und Neapels Bürgermeister Gaetano Manfredi – auch aufgrund der heftigen Proteste – eine palästinensische Delegation und Minda selbst.

Aber das war nicht der einzige Fall in Italien. Im November des vergangenen Jahres hatte der Inhaber des Hotels Garni Ongaro in Selva di Cadore ein Paar aus Tel Aviv, das über Booking zwei Nächte gebucht hatte, am Vorabend ihres Fluges nach Italien abgewiesen. Er hatte dies damit begründet, dass “Israelis für Völkermord verantwortlich und daher keine willkommenen Gäste” seien, was eine klare Ablehnung und Stigmatisierung der israelischen Bevölkerung bedeutet. „Wenn Sie stornieren möchten, garantieren wir Ihnen eine kostenlose Stornierung“, so der Hotelbesitzer Patrick Ongaro. Auch in diesem Fall hatte die Nachricht von der Zurückweisung des israelischen Paares eine Welle der Empörung ausgelöst.

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