Von: apa
Vor der Zeit des Fernsehens diente “Life” Amerika als Fenster zur Welt: Verleger Henry R. Luce hatte das Blatt 1936 als wöchentliches Nachrichtenmagazin mit Fotos neu erfunden. Jean Harlow war im Folgejahr der erste Filmstar auf einem Titelblatt der Publikation, bis 1972 folgten mehr als 200 Coverstorys mit Hollywoodthemen. Stars, Drehs, rauschende Partys: Die zweibändige Prachtausgabe “Life. Hollywood” zeigt auf 700 Seiten Hunderte Bilder aus dem Archiv der Zeitschrift.
“Life” begleitete Berühmtheiten wie Bette Davis, Marlon Brando, Elizabeth Taylor, Jane Fonda, Brigitte Bardot oder Clark Gable und Sophia Loren am Set, bei Oscarnächten und zu Hause (grandios: Jayne Mansfield in ihrem rundum mit flauschigen Teppichen in Pink tapezierten und ausgelegten Badezimmer mit pinker Wanne in Herzform). So gab die Zeitschrift ihren Leserinnen und Lesern Einblicke ins Leben der Berühmtheiten. Viele Fotostrecken wurden sorgfältig geplant und inszeniert – auch das zeigt “Life. Hollywood” anhand von Kontaktbögen und Redaktionsnotizen.
Band 1 im Schuber konzentriert sich auf das Goldene Zeitalter der Filmmetropole. “Schneidige Hauptdarsteller, glamouröse Starlets, mächtige Studiomogule und opulente Lebensstile” sind da zu sehen, fasst der Verlag (Taschen) zusammen. Es sind Erinnerungen an die Hollywoodzeit von 1936 bis in die 50er-Jahre in Farbe und Schwarz-Weiß. Rita Hayworth posiert lasziv vor einem Spiegel, Marlon Brando sitzt als Napoleon hoch zu Ross, Fred und Adele Astaire legen ein Tänzchen hin.
Eigene Abschnitte widmen sich den großen Studios wie MGM, die Hollywood beherrschten. Eine Fotostrecke zeigt Alfred Hitchcock beim Arbeiten: Ein “Life”-Fotograf hielt mit seiner Kamera die Entstehung von Schlüsselszenen von “Im Schatten des Zweifels” fest, übrigens der erklärte Lieblingsfilm des Regisseurs. Im Zeitalter der CGI darf man die Kreativität der damaligen Setausstatter und -bauer bewundern: Künstler, die Miniaturen basteln, ganze Landschaften malen, mit Kameraeinstellungen und Lichtdesign Illusionen schaffen und Wunderwerke vollbringen.
Band 2 dokumentiert die Zeit von den 50ern bis 1972, als das Neue Hollywood die alten Traditionen zu verdrängen begann. Es wurden mehr und mehr unabhängige Filme gedreht mit einer größeren Vielfalt an Gesichtern und Stimmen, auch zunehmend internationalen. “Der Niedergang des Studiosystems zwang Hollywood, sich neu zu erfinden”, heißt es in einem begleitenden Essay (wie alle Beiträge in Englisch). James Dean wandelt über verregnete Straßen, Francis Ford Coppola schafft mit “Der Pate” einen der besten Filme aller Zeiten gegen alle Widerstände.
Aber zuvor schlagen noch einmal alte Meister zu: “Life” blickte Cecil B. DeMille bei “Die zehn Gebote” und Stanley Kubrick bei “Spartacus” über die Schultern. Von letzterer Produktion zeigt ein Foto eine große Menge “getöteter” Statisten: Jeder mit einem Nummernschild ausgestattet, damit der Regisseur die jeweilige Position der “Gefallenen” korrigieren kann.
(S E R V I C E – “Life. Hollywood”, Taschen Verlag, zwei Bände im Schuber, 708 Seiten, 200 Euro)