Der Regisseur investierte sein eigenes Geld in das Werk

“Megalopolis”: Coppolas megalomanisches Herzensprojekt

Freitag, 20. September 2024 | 11:46 Uhr

Von: APA/dpa

Es ist der Herbst der sturschädeligen Kinolegenden. Erst brachte Kevin Costner mit eigenem Geld Teil 1 und 2 seiner Westernsaga “Horizon” heraus, weil niemand sie finanzieren wollte. Nun folgt Francis Ford Coppola mit “Megalopolis”. Er hat für den Science-Fiction-Film ebenfalls notgedrungen laut eigenen Worten rund 120 Millionen Dollar selbst investiert und Teile seines Weinguts verkauft. Am Donnerstag (26. September) kommt der umstrittene Film in die österreichischen Kinos.

Coppola, inzwischen 85 Jahre alt, wurde mit bahnbrechenden Filmen wie “Apocalypse Now” und “Der Pate” zur Legende – und offensichtlich sehr reich. “Nun, es ist ja nicht so, dass 120 Millionen Dollar alles sind, was ich habe”, sagte er in einem Interview. Seine Kinder – darunter Filmemacherin Sofia Coppola – bräuchten das Geld nicht. Daher könne er es in sein Traumprojekt stecken.

Der Kinostart von “Megalopolis” wird allerdings von negativen Schlagzeilen überschattet, die nur am Rande mit dem Werk selbst zu tun haben. Mehrere Medien berichteten unter Bezug auf anonyme Quellen von angeblich unangemessenem Verhalten Coppolas beim Dreh einer Szene des Films. Die Schauspielerin Lauren Pagone, eine Statistin des Films, reichte inzwischen Klage gegen Coppola ein. Dieser habe sie am Set ohne Zustimmung geküsst und berührt. Zu den Vorwürfen Pagones, die “Variety” veröffentlichte, nahm Coppolas Team keine Stellung.

Zuvor hatte der Regisseur sich aber zu den Berichten geäußert. Einerseits gab er an, Frauen am Set geküsst zu haben. So sagte Coppola dem “Rolling Stone”: “Die jungen Frauen, die ich in der Neujahrsszene auf die Wange küsste, waren junge Frauen, die ich kannte.” Berichte darüber, er habe sich unangemessen verhalten, bezeichnete er als falsch.

Davon abgesehen polarisiert “Megalopolis” auch als Film: Das Werk ist ein überfrachtetes Epos. Es irritiert, fasziniert mit seinen vielen Ideen aber auch. Es geht um die Bewohner einer Stadt, die an New York erinnert und “New Rome” heißt. Ein Bezug zum Römischen Reich zieht sich durch den Film. Die Grundidee ist, dass unsere dekadente Zivilisation ähnlich wie damals Rom dem Untergang geweiht ist.

Kritikerinnen und Kritiker zeigten sich nach der Premiere beim Filmfest Cannes gespalten. “In der Branche hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass dieser Film niemals ein breites Publikum finden wird, und man kann ihr nur zustimmen”, schrieb das Magazin “Hollywood Reporter”. Der “Guardian” beschrieb “Megalopolis” als “mega aufgeblasen und mega langweilig”.

Kürzlich erregte ein Trailer zum Film Aufsehen, der vermeintlich negative Kritiken zu alten Filmen von Coppola einblendete. Damit sollte suggeriert werden, dass die Kritiken zu Filmen von ihm, die später Kultstatus erlangten, anfangs häufig negativ waren. Es stellte sich allerdings heraus, dass die Zitate der Kritiker gefälscht waren. Die verantwortliche Vertriebsfirma Lionsgate entschuldigte sich und zog den Trailer zurück.

Dabei gibt es auch Menschen, die Coppolas neuer Film begeistert: Ein Kritiker des US-Magazins “Deadline” schrieb etwa von einem “verrückten, modernen Meisterwerk”. Man muss den Film wohl schauen, um zu verstehen, warum die Meinungen so weit auseinanderliegen. “Megalopolis” ist das Werk eines Filmemachers, der einst das Hollywoodkino revolutionierte. Und ja, auf eine Art tut Coppola das auch mit seinem neuen Film, indem er Sehgewohnheiten herausfordert und Nerven strapaziert.

Coppola mutet dem Publikum viel zu: cartoonhaft überzeichnete Figuren, die in philosophischen Zitaten sprechen. Eine teils stark digital bearbeitete Optik, glitzernde visuelle Effekte. An einer Stelle wird die vierte Wand durchbrochen: Bei der Premiere in Cannes wurde das Publikum auf eine Art, die man hier nicht verraten darf, in den Film integriert.

“Megalopolis” verhandelt im Prinzip die Zukunft der Menschheit: Erzählt wird von einem Streit darüber, wie die Stadt “New Rome” künftig gestaltet werden soll. Die Kontrahenten: Bürgermeister Franklyn Cicero (Giancarlo Esposito) und der visionäre Erfinder Cesar Catilina (Adam Driver). Während Cicero am Status quo festhalten will, hat Catilina utopische Ideen und will, dass das Volk im Einklang mit der Natur lebt. Für ein neues Baumaterial namens “Megalon” hat er den Nobelpreis gewonnen.

Zwischen den Fronten steht Julia Cicero (Nathalie Emmanuel), die sich in Catilina verliebt. Im Laufe des Films werden verschiedene Familienmitglieder der Dynastie um Catilina vorgestellt, jeder hat eine eigene Agenda. Im Gedächtnis bleibt Shia LaBeouf, der hier einen garstigen Cousin mit Vokuhila-Pferdeschwanz spielt. Auch Dustin Hoffman ist in einer kleinen Rolle zu sehen.

Blass kommen die Frauenfiguren weg: Sie alle werden nur über ihre Beziehung zu verschiedenen Männern eingeführt. An komplexen weiblichen Rollen hatte Coppola augenscheinlich kein Interesse.

(S E R V I C E – www.constantinfilm.at/kino/megalopolis)