Zwei beste Freundinnen geben nicht auf: Popband Hinds

Popband Hinds trotzt mit “Überlebensalbum” schwieriger Zeit

Dienstag, 03. September 2024 | 06:15 Uhr

Von: apa

Die spanische Indiepop-Band Hinds hat keine leichte Zeit hinter sich. Zunächst raubte ihnen Covid die Einnahmequelle Konzerte, dann standen sie ohne Label und Manager da. Und plötzlich verließen die Bassistin und Schlagzeugerin die Gruppe. Doch die besten Freundinnen Carlotta Cosials und Ana Perrote (beide Gitarre und Gesang) gaben nicht auf und veröffentlichen am Freitag “Viva Hinds” – ihr “Überlebensalbum”, betonten die beiden Frauen im APA-Interview.

“Auch wenn wir Schwierigkeiten überstehen mussten und das Album von ernsten Themen geprägt wurde, pflegen wir kein Selbstmitleid”, sagte Perrote. “Dieses Album herauszubringen, ist alle Bemühungen wert gewesen, all die Tränen, Freuden und Schmerzen. Darum ist es trotz allem, auch wenn es unsere bisher dunkelsten Songs enthält, am Ende ein positives Album geworden. Hinds sind immer noch da!”

Die ganze Rhythmussektion zu verlieren, galt es erst zu verdauen, aber: “Das war nicht unsere Entscheidung, sie wollten die Band verlassen. Um ehrlich zu sein, wir haben uns danach noch stärker und selbstsicherer gefühlt”, erzählte Cosials. “Wir hatten das Gefühl, alles tun zu können, was wir wollen. Ihr Ausstieg war das letzte Glied in einer Kette von vielen unglücklichen Ereignissen. Ich weiß gar nicht, warum wir zunächst überhaupt so viel Vertrauen in ein neues Album haben konnten. Vermutlich deshalb, weil wir von den Songs überzeugt waren.” Letztlich sei man mutiger und stärker aus der Situation herausgekommen. “Wir sind nicht auseinandergefallen.”

Die Ausgangslage mag den beiden Musikerinnen nicht unbedingt fremd erschienen sein, begannen sie doch einst als Duo. “Ja, aber ich würde trotzdem nicht sagen, dass es eine befreiende Situation war”, so Cosials. “Aber vielleicht hat es die eine oder andere Sache leichter gemacht.” Perrote ergänzte: “Wir beide haben ja auch den Großteil der Songs geschrieben, als wir noch zu viert waren. Den Aufnahmeprozess haben wir diesmal mehr genossen, weil wir völlige kreative Freiheit hatten. Jeder war gleich bemüht, die Songs besser zu machen – anstatt danach zu streben, sein Instrument hervorstechen zu lassen. Eine Band ist kein einfaches Gefüge, vier Persönlichkeiten muss man erst einmal auf einen Punkt bringen. Es gerät schnell in eine Wettbewerbssituation. Wir beide aber müssen uns nichts gegenseitig beweisen.”

Für Konzerte wurden recht schnell neue Mitstreiterinnen gefunden, für das Album übernahmen Cosials und Perrote abwechselnd den Bass, Produzent Pete Robertson spielte die Drums ein. Herausgekommen ist das “Exile On Main St” von Hinds, denn wie einst die Rolling Stones nahm man die Songs in einem Haus – oder in diesem Fall in Häusern – in Frankreich auf. Die Frauen packten alles, was sie konnten, in zwei Vans – Gitarren, Bass, Schlagzeug, Pedals, Synthesizer – und richteten mit ihrem Produzenten und dem Grammy-nominierten Toningenieur Tom Roach Studios im Wohnbereich der jeweiligen Location ein. “Es war fantastisch, wir konnten aus dem Fenster den Ozean sehen”, schwärmte Cosials. “Viva Hinds” klinge zeitlos, weil man sich während der Aufnahmezeit komplett von Nachrichten und Social Media verabschiedet hatte. “Wir haben uns auf den Moment konzentriert.”

Mit “Viva Hinds” steht einer Ausweitung der Hörerschaft nichts im Wege. Für alle, die Hinds bisher nicht kennen und sich in die Alben vertiefen wollen, fasste Perrote zusammen: “Jedes ist eine Momentaufnahme. Unser Debüt sprüht vor Hoffnung, Punk und DIY. Wir wussten gar nicht, was wir taten. Wir sind dann nonstop getourt, was man dem zweiten Album anhört, das wir quasi live einspielten.” Für das dritte Album “Prettiest Curse” ging es zum ersten Mal in ein richtig tolles Studio: “Uns standen drei Wochen in New York zur Verfügung und wir konnten viel lernen. Wir waren wie Kinder in einem Zuckerlgeschäft. Wir haben alle zur Verfügung stehenden Zuckerln gegessen und am Ende plagte uns Bauchweh.” Schon aus Budgetgründen war das bei “Viva Hinds” nicht der Fall, was dem Ergebnis nicht schlecht tat: Das neue Album fasst Hinds in allen Facetten wunderbar zusammen.

(Das Gespräch führte Wolfgang Hauptmann/APA)

(S E R V I C E – https://hinds.bandcamp.com)