Vorsicht ist geboten

Blendung durch Sonne bringt erhöhte Unfallgefahr

Freitag, 05. Oktober 2018 | 07:55 Uhr

Wien – Die tiefstehende Herbstsonne birgt Gefahren für Fahrzeuglenker. “Wenn die Sonne fast waagrecht durch die Windschutzscheibe fällt, ist die kurzfristige Blendung oft sehr groß. Das kann zum Übersehen von Ampellichtern, Lichtsignalen von voranfahrenden Fahrzeugen oder Baustellen sowie Bodenmarkierungen führen. Querende Fußgänger, Radfahrer auf der Fahrbahn, Gegenstände oder Tiere nahe der Straße könnten ebenso durch eine plötzliche Blendung schlechter, verspätet oder gar nicht wahrgenommen werden”, so ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger.

Aufgrund blendender Sonne würden jährlich rund 2.000 Menschen im Straßenverkehr zu Schaden kommen. Junge Verkehrsteilnehmer zeigen auch in dieser Rubrik ein erhöhtes Unfallrisiko, vermutlich unterschätzen sie die Gefahr. Dieses Problem betrifft alle Verkehrsteilnehmer, auch Fußgänger und Radfahrer können geblendet werden und dadurch Sicherheitseinrichtungen und andere Verkehrsteilnehmer übersehen oder Situationen falsch einschätzen. “Vorsicht gilt vor allem vor Fußgängerübergängen, in Wohnstraßen, nahe Schulen, Kindergärten, Haltestellen, Einkaufszentren sowie Sport- und Freizeiteinrichtungen”, sagt die ÖAMTC-Expertin.

Sollte die Blendung eines Lenkers zu einem Unfall führen, wird seine Schuld vor Gericht dadurch nicht eingeschränkt. “Wenn Lenker nicht angemessen auf Straßen- und Lichtverhältnisse reagieren, kann dies als Fahrlässigkeit geahndet werden”, erklärt Seidenberger. Einen Appell richtet sie auch an die Straßenerhalter: “Die Verkehrsinfrastruktur sollte so gestaltet werden, dass tiefstehende Sonne als Risikofaktor vermindert wird. Masken rund um Ampelsignale, Verbauten nach Tunnelausfahrten oder entsprechende Bepflanzung im Lichteinfallsbereich könnten das Problem entschärfen.”

Tipps bei blendender Sonne

Tempo reduzieren (keine abrupten Bremsmanöver), Abstand vergrößern, auf erhöhten Sicherheitsabstand zum Vordermann achten und jegliche Ablenkung vermeiden – das sind die Tipps, die der ÖAMTC bietet. “Wer nur eine Sekunde lang geblendet ist und nichts sieht, legt bei 50 km/h bereits 14 Meter im Blindflug zurück”, weiß die ÖAMTC-Expertin. “An Kuppen und vor Kurven ist damit zu rechnen, dass sich die Lichtbedingungen schlagartig ändern können – deshalb vorsichtig herantasten.”

Die Sonnenbrille (im Idealfall mit polarisierenden Gläsern) sollte man griffbereit aufbewahren, gegebenenfalls die Sonnenblende herunterklappen oder mit getöntem Visier unterwegs sein. “Wird man geblendet, sollte man den Blick auf die Fahrbahn relativ dicht vor sein Fahrzeug senken. Wesentlich ist auch, die Geschwindigkeit der Sichtweite anzupassen”, erläutert die ÖAMTC-Verkehrspsychologin.

Als Radfahrer sollte man sich der Gefahr besonders bewusst sein und gut sichtbare Kleidung tragen sowie entsprechende Beleuchtung einschalten. “Aufgrund blendender Sonne werden Radfahrer immer wieder übersehen – oft mit fatalen Folgen”, so Seidenberger.

Bei einer Panne oder einem Unfall wird empfohlen, den Nachfolgeverkehr mit eingeschalteter Warnblinkanlage zu warnen, nicht ohne Warnweste den Wagen zu verlassen und den Aufenthalt im Fahrbahnbereich vermeiden oder möglichst kurz halten.

Vorsicht beim Aussteigen aus dem Fahrzeug: Der Nachfolgeverkehr kann eine geöffnete Tür möglicherweise erst spät wahrnehmen.

Auf gut funktionierende Wischerblätter (mindestens jährlich tauschen) sowie auf eine saubere Innenscheibe sollte man ebenfalls achten, denn Schmutzreste können durch direkte Sonneneinstrahlung die Sicht besonders beeinträchtigen. “Wird man während des Fahrens geblendet, sollte man aber keinesfalls hektisch die Scheibenwischanlage aktivieren”, so die ÖAMTC-Expertin. “Das verschlechtert rapide die Sicht, weil man den Schmutz verschmiert.” Und: Alles, was für die Windschutzscheibe gilt, ist auch für Brillenträger und Helm-Visiere wichtig.

Blendung kann auch eine Gefahr sein, wenn man die Sonne “im Rücken” hat. “Getönte Heckscheiben helfen wenig, weil man auch in den Spiegeln nichts sieht”, erklärt Seidenberger.

Von: mk