Kritik von ANMIC Südtirol

Keine medizinischen Befunde für Südtirol Pass Free nötig

Freitag, 14. November 2025 | 12:19 Uhr

Von: Ivd

Bozen – Dank dem Südtirol Pass Free können Personen mit einer anerkannten Zivilinvalidität von mindestens 74 Prozent alle öffentlichen Verkehrsmittel in Südtirol kostenlos nutzen. Diese wertvolle Hilfeleistung wurde im Jahr 2012 auf Initiative der Vereinigung der Zivilinvaliden (ANMIC Südtirol) eingeführt, welche nun Missstände bei der Gesuchstellung über Dritte bekundet: Die größte Interessensvertretung der Südtiroler Zivilinvaliden und Menschen mit Behinderung informiert alle Betroffene und Antragsteller, dass dem Ansuchen um freie Beförderung – entgegen falscher Aussagen – keineswegs Befunde der Ärztekommission beigelegt werden müssen.

Ein Zivilinvalide berichtet: “Es wurde nach meinem Befund gefragt und mir wurde gesagt: Ohne Befund der Zivilinvalidität oder Befund des Gesetzes 104/92 kann das Ansuchen um den Südtirol Pass Free nicht gestellt werden“. Dies waren die Worte, welche die Vereinigung der Zivilinvaliden (ANMIC Südtirol) aufhorchen ließen und von Seiten mehrerer ihrer Mitglieder geäußert wurden. „Unsere Mitglieder haben sich an verschiedene Anlaufstellen und Patronate gewandt, die das Ansuchen um den Südtirol Pass Free einreichen. Hierbei wurden sie vor die Wahl gestellt, entweder die Befunde vorzuweisen oder ihr Recht auf die freie Beförderung zu verlieren“, beanstandet Thomas Aichner, Präsident der ANMIC Südtirol. „Das Ansuchen um den Südtirol Pass Free ist eine der vielen Dienstleistungen, welche auch wir als Interessensvertretung und Informationsstelle durchführen. Wir sind täglich im Austausch mit unseren Mitgliedern und ihren Familienangehörigen, damit sie bei verschiedensten Angelegenheiten unterstützt werden und um so viele Hilfeleistungen wie möglich ansuchen. Dieser enge Austausch ist zentral, damit Problematiken aufgedeckt und gelöst werden – so wie auch in diesem Fall.“

Seit 13 Jahren gehört der Südtirol Pass Free zum festen Bestandteil jener Hilfeleistungen, welche Zivilinvaliden und Menschen mit Behinderung finanziell entlasten: Damals von der ANMIC Südtirol initiiert und dank politischem Austausch etabliert, wird der Pass heute von tausenden Südtirolern genutzt. Dabei definiert das Landesgesetz Nr. 365 vom 04.05.2023 die Richtlinien zum Fahrschein und bestimmt, wer darauf Anrecht hat: Unter den anspruchsberechtigten Personengruppen finden sich auch Zivilinvaliden, sprich Menschen, die mit einer körperlichen, seelischen oder geistigen Beeinträchtigung leben und deshalb um diesen Status angesucht haben. Der Fahrschein kann kostenlos und südtirolweit auf allen öffentlichen Stadtbussen, Regionalzügen, Seilbahnen sowie Citybussen genutzt werden. Für das Ansuchen, welches ebenfalls kostenlos ist, muss lediglich eine anerkannte Zivilinvalidität von mindestens 74 Prozent erklärt und eine Ausweiskopie beigelegt werden.

„Die Zivilinvalidität wird durch eine zuständige Ärztekommission festgestellt und sieht je nach gewährtem Prozentsatz verschiedenste Hilfeleistungen vor“, so Thomas Aichner. „Nach der Feststellung erhalten alle Zivilinvaliden ein offizielles Dokument, den so genannten Befund des Ärztekollegiums, wo die diagnostizierten körperlichen, seelischen oder geistigen Pathologien bescheinigt werden. Dass zahlreiche Zivilinvaliden dieses Dokument für den Erhalt des Südtirol Pass Free beilegen mussten, ist nicht rechtens und richtet sich auch gegen jene Angaben, welche schwarz auf weiß auf dem Ansuchen für den Südtirol Pass Free angeführt sind.“

Gemeint sind damit jene kleingedruckten Angaben auf dem Ansuchen, welche das zuständige Landesamt in Form einer Eigenerklärung dazu ermächtigen, „bei Bedarf und ausschließlich zum Zweck der Abwicklung der angeforderten Leistung, weitere Informationen beim Sanitätsbetrieb oder der zuständigen Körperschaft einzuholen.“ Zudem sind auf dem Ansuchen – neben Informationen zur persönlichen Datenverarbeitung – auch die möglichen Maßnahmen angeführt, welche die Überprüfung der Zivilinvalidität regeln. Demnach werden geeignete Stichprobenkontrollen über den Wahrheitsgehalt der Erklärungen durchgeführt.

Doch nicht nur die Beigabe des Befundes des Ärztekollegiums ist laut ANMIC Südtirol unrechtmäßig, sondern auch, wenn für die Ausstellung des Free Pass bezahlt werden muss. Ein weiteres Mitglied der ANMIC Südtirol, ein Vollinvalide mit 100-prozentiger Zivilinvalidität, berichtet, wie es dazu aufgefordert wurde, für die Ausstellung des Südtirol Pass Free zu bezahlen. „Eine Bezahlung ist nur dann vorgesehen, wenn der bereits ausgestellte Free Pass verloren wurde und ein Duplikat beantragt werden muss“, betont Thomas Aichner. „Aktuell sind wir im Kontakt mit der STA, der Südtiroler Transportstrukturen AG, welche für die Ausstellung des Südtirol Pass Free zuständig ist. Die STA ist es, welche alle ausgefüllten Ansuchen von Seiten der vielen Anlaufstellen, Infopoints, Patronate oder anderen Ämtern zugeschickt bekommt und kann daher Anträge mit unrechtmäßigen Anhängen aufdecken und unterbinden. Wichtig ist, dass südtirolweit wieder ein korrekter Informationsaustausch gewährleistet wird und Betroffene davor geschützt werden, durch unrechtmäßige Aufforderungen ihre zustehenden Rechte zu verlieren.“

Bezirk: Bozen

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