Von: Ivd
Schwimmunterricht ist mehr als Techniktraining. Für viele Kinder beginnt der Weg ins Wasser mit einer viel grundlegenderen Herausforderung: der Angst. Und dabei ist es oft nicht das kühle Nass selbst, sondern die Stimmen am Beckenrand und die Atmosphäre, die um den Unterricht erzeugt wird.
In einem Berliner Schwimmbad berichtet ein langjähriger Bademeister von Szenen, die er regelmäßig beobachtet. Da ist das Mädchen, das sich am Beckenrand kaum zu bewegen traut. Ihr Vater stellt sie gleich bei der Anmeldung vor: ein ängstliches Kind, vielleicht könne man ihr das ja „abtrainieren“. Doch was sie braucht, ist nicht weniger Angst, sondern mehr Selbstvertrauen.
Sprüche wie „Jetzt spring halt“ oder „Stell dich nicht so an“ sind es, die bei Kindern Druck erzeugen. Wenn sie sowieso nicht mit einem überbordenden Selbstvertrauen ausgestattet sind, verkrampfen sie nur noch weiter. Viele Eltern meinen es nicht böse, doch Worte, so beiläufig sie auch fallen mögen, hinterlassen Spuren.
Mehr als Schwimmen lernen
Schwimmen zu lernen ist für viele Kinder eine wichtige Errungenschaft in ihrem jungen Leben. Es sind oft die ersten Leistungen, die ersten Abzeichen und sollten daher mit guten Erinnerungen verbunden werden. Doch nicht alle Kinder bewegen sich von Anfang an wie ein Seepferdchen im Wasser. Unsicherheit, Zurückhaltung und Tränen sind völlig normal. Die Umgebung ist ungewohnt. Bis zu diesem Zeitpunkt warnen Eltern sogar davor und plötzlich soll das Kind das alles vergessen.
„Wer unsicher ist, braucht keinen Befehl“, erklärt der Schwimmtrainer. Es gehe nicht nur um die Technik, sondern um Selbstvertrauen. Um das Gefühl, gesehen zu werden. Wer sich fürchtet, braucht keinen Vergleich mit den anderen, sondern jemanden, der Mut macht und eher sagt „du darfst“ als „du musst“ oder „ich bin da“ statt „Weichei“. Der Druck kann dazu führen, dass die Kinder eine negative Beziehung zum Wasser aufbauen und es daher meiden.
Personal, das aufpasst
Der Umgang mit solchen Situationen gehört für das Schwimmbad-Team zum Alltag. Wenn Elternteile Sätze sagen wie „Alle anderen können das auch“ oder „Du blamierst uns“, greift das Team aus Berlin auch mal ein und spricht mit den Eltern – ruhig, aber bestimmt. Nicht, um sie zu kritisieren, sondern um zu zeigen, was in ihren Kindern steckt, wenn man ihnen den Raum dafür lässt.
Schwimmbäder sollten für Kinder Orte sein, in denen sie Spaß haben, in die sie gerne gehen – frei von Druck und jeglichen Erwartungshaltungen. Wer sein Kind zu diesem wichtigen Meilenstein begleitet, sollte sich dessen Feinfühligkeit bewusst sein und es daher unterstützen, selbst wenn es nicht auf Anhieb funktioniert. Am Ende wollen alle Eltern nur das Beste für ihre Kinder, daher sollten sie sie vor allem in dieser Situation bekräftigen.
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