Von: Ivd
Bozen – Die Suizidrate in Südtirol bleibt seit Jahren hoch. Zwischen 2020 und 2024 wurden 252 Suizide verzeichnet, drei Viertel davon waren Männer. Die aktuellen Zahlen dazu hat die Landtagsabgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit, Myriam Atz, mit einer Landtagsanfrage eingeholt. Sie fordert verstärkte Präventionsmaßnahmen, bessere Datenerhebung und die Enttabuisierung dieses Themas.
Mit rund neun bis zehn Todesfällen pro 100.000 Einwohner liegt Südtirol zwar im EU-Durchschnitt, aber über dem italienischen Durchschnitt. 2024 wurden 46 Selbstmorde registriert, das entspricht fast einem pro Woche. Den Höchstwert gab es 2022 mit 58 Fällen. Suizidversuche betreffen häufiger junge Frauen, vollendete Suizide hingegen ältere Männer.
Laut aktuellen Studien waren 55 Prozent der Suizidopfer depressiv und 25 Prozent davon alkoholkrank. Weitere Risikofaktoren für Suizid sind Einsamkeit, Lebenskrisen, körperliche Erkrankungen und soziale Belastungen. Viele Betroffene befanden sich bereits zuvor in psychiatrischer oder therapeutischer Behandlung. Auffällig bleibt der konstant hohe Anteil männlicher Suizidopfer.
Besonders besorgniserregend ist die hohe Dunkelziffer an Suizidversuchen. Studien zufolge gibt es weltweit auf jeden vollendeten Suizid etwa zehn bis 20 Suizidversuche. Rechnet man das auf Südtirol um, wo es im Schnitt rund 50 Suizide pro Jahr gibt, bedeutet das schätzungsweise 750 Suizidversuche jährlich. „Angesichts dieser hohen Dunkelziffer gilt es, beispielsweise bei Berg- oder Verkehrsunfällen oft genauer hinzuschauen, um mögliche unerkannte Suizide aufzudecken“, erklärt Atz.
Bereits bestehende Hilfsmaßnahmen in Südtirol sind das Netzwerk Suizidprävention Südtirol (gegründet 2017), Schulungen in psychischer Erster Hilfe, die Informationsplattform „Du bist nicht allein“, das Psychologische Krisentelefon sowie der Pakt „Media Help Survive“ (Europäische Allianz gegen Depression). Laut WHO, OECD und EU-Kommission sollten diese Angebote gezielt ausgebaut und weiterentwickelt werden.
Dem schließt sich auch die Landtagsabgeordnete Myriam Atz an. Sie fordert, das bereits hervorragende Angebot leicht zugänglicher Krisendienste und digitaler Hilfsangebote konsequent auszubauen und ihm noch mehr Sichtbarkeit zu verleihen. Gleichzeitig sei mehr Öffentlichkeitsarbeit nötig, um das Thema Suizid, insbesondere bei Männern, zu enttabuisieren. „Ziel soll es sein, Betroffene frühzeitig zu erreichen und ihnen rechtzeitig Hilfe zu bieten. Um Wiederholungen nach Suizidversuchen zu verhindern, sollen Angebote zur systematischen Nachbetreuung der Betroffenen und ihrer Angehörigen deutlich erweitert werden. Darüber hinaus ist eine strukturierte Datenerhebung erforderlich, um die Wirksamkeit von Präventionsmaßnahmen messbar zu machen. Bewährte, ganzheitliche Therapie- und Präventionskonzepte, die Körper, Geist und Seele einbeziehen, sollen gestärkt und flächendeckend ausgebaut werden“, so Atz.
„Jedes einzelne Opfer ist eines zu viel. Es ist zutiefst tragisch, wenn Menschen keinen anderen Ausweg mehr sehen als den Freitod“, unterstreicht Atz abschließend.


 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                                 
                                                 
                                                 
                                                                                                 
                                                                                                 
                         
                        

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