Von: Ivd
Bozen – Jedes Jahr am 5. Dezember erinnert der Weltbodentag an die Bedeutung der natürlichen Ressource Boden. Tatsächlich hat die Wissenschaft in den letzten Jahren erstaunliche Zusammenhänge zwischen der Gesundheit der Böden und der Gesundheit von Pflanzen, Tieren und Menschen entdeckt.
In einem Gramm Boden leben zehn Milliarden Bakterien bis zu 50.000 unterschiedlicher Arten, außerdem Viren, Einzeller, Mikroalgen und bis zu 200 Meter Pilzfäden. Mikroorganismen sind in großer Zahl auch im Wurzelbereich, im Inneren und auf den Blattoberflächen von Pflanzen zu finden. Sie beeinflussen deren Stoffwechsel, Wachstum und Ertrag, Widerstandsfähigkeit gegenüber Bakterien, Pilzen und Viren sowie den Abbau von Schadstoffen. Nicht zuletzt leben im und auf dem menschlichen Körper unzählige Mikroorganismen. „Schätzungen gehen von 38 Billionen Mikroben 2.000 verschiedener Arten aus“, weiß Silke Raffeiner, die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Südtirol. „Damit übersteigen sie zahlenmäßig die Zahl der Körperzellen, welche auf 30 Billionen Zellen geschätzt wird. 80 Prozent dieser Mikroorganismen leben im menschlichen Darm, ihre Gesamtheit nennt man Darmmikrobiom.“ Die Zusammensetzung des Darmmikrobioms hat sehr wahrscheinlich großen Einfluss auf die Verdauung, das Immunsystem sowie das Risiko für Allergien, Autoimmunerkrankungen, Übergewicht, Diabetes mellitus Typ zwei und einige psychische Erkrankungen.
Bisher wurde wenig beachtet, dass die Mikroorganismen im Boden die Hauptquelle des natürlichen Mikrobioms aller Lebewesen, einschließlich des Menschen, sind. Im Licht dieser Erkenntnis erscheint es nur logisch, dass der menschliche Darm und der Wurzelbereich von Pflanzen von ähnlichen Bakterien bewohnt sind, und dass genetisch nicht miteinander verwandte Personen, die im selben Haushalt leben und sich ähnlich ernähren, mehr Gemeinsamkeiten in ihrem Darmmikrobiom aufweisen als die Mitglieder ein und derselben Familie, wenn diese an verschiedenen Orten leben.
Für den Menschen sind Gemüse, Obst und Kräuter nicht nur Quellen für lebensnotwendige Vitamine und Mineralstoffe, Ballaststoffe sowie bioaktive sekundäre Pflanzenstoffe, sondern auch für gesundheitsförderliche Mikroorganismen. Aus den Böden gehen Mikroben auf die darauf wachsenden Pflanzen und über diese auf Menschen und Tiere über. Damit beeinflusst die Nahrung die Besiedlung des Darms durch Mikroorganismen möglicherweise in stärkerem Maße, als es die Gene tun.
Ein vielfältiges, gesundes Mikrobiom in den Böden, die der Nahrungsmittelproduktion dienen, stärkt folglich Pflanzen, Ökosysteme und letztlich die menschliche Gesundheit. „Nur wenn wir ein guter Gastgeber für viele verschiedene Arten sind, sind wir gesund. Wenn wir Boden wieder gut machen, geht es uns selbst besser“, bringt der Arzt und Wissenschaftsjournalist Eckart von Hirschhausen den Zusammenhang auf den Punkt.
Allerdings sind die Mikroorganismen im Boden vielfältigen schädlichen Einflüssen ausgesetzt. Antibiotika aus der Massentierhaltung, Herbizide, Insektizide, Fungizide und andere Chemikalien, Mineraldünger, (Mikro-)Plastik im Boden, Erosion, Temperaturveränderungen und Dürren im Kontext der Klimakrise können die Kleinstlebewesen in und auf den Böden schädigen. So hat beispielsweise Glyphosat, der meistverwendete Wirkstoff in Herbiziden, antimikrobielle Aktivität und wirkt sich negativ auf nützliche Mikroben im Boden, Wurzelbereich und Pflanzengewebe aus, wodurch sich die Zusammensetzung des Mikrobioms verschiebt. Ähnliche Prozesse wurden auch im menschlichen Darm beobachtet, wo bis zu 26 Prozent der Bakterienarten empfindlich auf Glyphosat reagieren.




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