Von: luk
Bozen – Das Geschäftsklima in Südtirol bleibt auf hohem Niveau und fast alle Unternehmen sind für das laufende Jahr zuversichtlich. Dies geht aus der Frühjahrsausgabe des Wirtschaftsbarometers des WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen hervor. Mehr als neun von zehn Unternehmen konnten im Jahr 2018 eine zufriedenstellende Ertragslage erwirtschaften und ebenso viele gehen von einer befriedigenden Rentabilität für 2019 aus. Die italienische und internationale Konjunkturlage ist aber wenig ermutigend und dies wird wahrscheinlich negative Auswirkungen auf die Südtiroler Wirtschaft haben. Das Südtiroler Bruttoinlandsprodukt wird heuer voraussichtlich um 1,3 Prozent wachsen.
Südtiroler Wirtschaft
Die Südtiroler Unternehmen sind weiterhin zuversichtlich. Die Ertragslage im Jahr 2018 war für 91 Prozent der Wirtschaftstreibenden zufriedenstellend und heuer gehen sogar 93 Prozent von einem (zumindest) befriedigenden Betriebsergebnis aus. Ein Viertel der Betriebe erhofft sich sogar eine „gute“ Rentabilität.
In den letzten vier Jahren sind die Umsätze stetig gewachsen und auch 2018 konnten die Südtiroler Unternehmen ein steigendes Geschäftsvolumen erwirtschaften. Der lokale Südtiroler Markt entwickelte sich besonders positiv, wesentliche Zuwächse wurden aber auch mit der Kundschaft aus den anderen italienischen Provinzen erreicht. Das Auslandsgeschäft verlangsamte sich im zweiten Semester, insgesamt sind die Exporte aber um 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen und beliefen sich auf über 4,8 Mrd. Euro. Auch die Verbraucherpreise sind gestiegen, um 1,9 Prozent. Der Arbeitsmarkt entwickelte sich ebenfalls positiv: Im Jahresdurchschnitt 2018 gab es in Südtirol über 209.000 unselbständig Beschäftigte, was einem Plus von 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Laut Aussagen der befragten Unternehmen sind die Investitionen im vergangenen Jahr gestiegen, insbesondere in Maschinen und Anlagen, aber auch in Kraftfahrzeuge. Dies war unter anderem auch den staatlichen Anreizen (Sonder- bzw. Hyperabschreibungen) zu verdanken. Wichtige Rahmenbedingungen wie den Zugang zu Krediten und die Zahlungsmoral der Kunden bewerten die Unternehmer/innen als stabil. Der Anstieg der Betriebskosten wurde dagegen stärker als in den Vorjahren empfunden.
Für 2019 erwartet man, dass die Umsatzdynamik im Allgemeinen noch positiv bleibt. Das Investitionswachstum könnte sich hingegen verlangsamen, aufgrund der Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung in Italien und auf internationaler Ebene. Die unerwartete Wiedereinführung der Sonderabschreibungen ab April könnte diesbezüglich positive Effekte bewirken. Die Unternehmen erwarten heuer einen Anstieg der Produktionskosten, bleiben aber zuversichtlich bezüglich der Aufrechterhaltung der betrieblichen Wettbewerbsfähigkeit und gehen weiterhin von einem Beschäftigungswachstum aus.
Erfreulich ist, dass alle Sektoren ein positives Geschäftsklima verzeichnen. Nur im Groß- und Einzelhandel fallen die Bewertungen der Ertragslage 2018 leicht unterdurchschnittlich aus. Bei den Erwartungen für 2019 lassen sich auch keine relevanten Unterschiede zwischen den Sektoren feststellen, mit Ausnahme der Obstwirtschaft, die mit einem deutlichen Rückgang der Apfelpreise konfrontiert ist.
Im Gegensatz zu dem, was für die Unternehmen beobachtet wurde, zeigen die Konsumentenbefragungen des WIFO, dass der Optimismus der Haushalte im Jahr 2018 allmählich nachgelassen hat. Das Konsumklima bleibt in Südtirol zwar im italienischen und europäischen Vergleich überdurchschnittlich, weist aber eine Abschwächung auf. Diese ist vor allem auf die Unsicherheit über die allgemeine Wirtschaftsentwicklung zurückzuführen, während die Bewertungen der Südtiroler/innen bezüglich der eigenen finanziellen Lage stabil geblieben sind.
Europäische und italienische Wirtschaft
In Europa ist die Stimmung von Unternehmen und Konsumenten weniger positiv. Der entsprechende Index „Economic Sentiment Indicator“ erreichte Anfang 2018 ein Rekordniveau, verschlechterte sich aber seitdem kontinuierlich. Auch die Wachstumsprognosen für den Euroraum wurden mehrmals nach unten revidiert, vor allem aufgrund der enttäuschenden Daten zu Industrieproduktion und Exporte in der zweiten Jahreshälfte. Die Inlandsnachfrage hat sich jedoch als robust erwiesen, dank der positiven Einkommens- und Konsumentwicklung. Dies ist auch der niedrigen Arbeitslosigkeit zu verdanken, die wieder auf das Niveau vor der Krise zurückgekehrt ist. Auch die Investitionen stiegen weiter an, unterstützt durch günstige Kreditbedingungen und niedrige Zinssätze. Diese Faktoren ermöglichten im Jahr 2018 ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes der Eurozone um 1,9 Prozent.
Für das laufende Jahr wird jedoch eine Verlangsamung der Konjunktur erwartet. Trotz der sehr günstigen Arbeitsmarktlage herrscht Unsicherheit aufgrund der Spannungen im internationalen Handel und der bevorstehenden wichtigen politischen Fristen wie dem Brexit und den Europawahlen. Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank wird daher weiterhin sehr expansiv bleiben: Bis Ende 2019 sind keine Zinserhöhungen zu erwarten und im September werden die EZB-Langfristkredite für Banken wiederaufgenommen. Laut den aktuellsten Prognosen der Europäischen Zentralbank wird das Bruttoinlandsprodukt des Euroraums 2019 um 1,1 Prozent zunehmen. Betrachtet man die wichtigsten Handelspartner Südtirols, so wird Deutschland voraussichtlich unter diesem Wert bleiben, Österreich sollte hingegen überdurchschnittlich abschneiden.
Die italienische Wirtschaft geriet 2018 in Schwierigkeiten. Die Trendwende bei der Industrieproduktion und die negative Entwicklung des BIP in der zweiten Jahreshälfte sind sowohl auf externe als auch auf interne Faktoren zurückzuführen. Einerseits schwächte sich der internationale Handel und insbesondere die Nachfrage aus wichtigen Partnerländern wie Deutschland ab. Andererseits wurde die Inlandsnachfrage durch die Verlangsamung der Investitionen beeinträchtigt, was unter anderem auf die steigenden Finanzierungskosten und die Unsicherheiten über die Entwicklung der italienischen Politik zurückzuführen ist. Für das laufende Jahr wird eine Stagnation erwartet.
Aufgrund der positiven Signale aus der Südtiroler Wirtschaft, aber auch der Unsicherheitsfaktoren, die der wirtschaftlichen Verlangsamung in Italien und in unseren wichtigsten Partnerländern zugrunde liegen, erwartet das WIFO ein Wachstum des Südtiroler Bruttoinlandsproduktes von 1,3 Prozent im Jahr 2019.
„Die Südtiroler Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren positiv entwickelt und das Geschäftsklima bleibt vorerst noch zuversichtlich. Um in einem schwieriger werdenden Umfeld den Wohlstand Südtirols zu erhalten, müssen die Betriebe das eigene Knowhow durch Digitalisierung und Innovation weiter steigern“, so Handelskammerpräsident Michl Ebner.