Von: luk
Bozen – “Die Gesellschaftsschichten sind allgemein durchlässiger geworden, aber viele Jugendliche schaffen den sozialen Aufstieg in die Mittelklasse heute schwerer als ihre Eltern. Chancengleichheit bei Bildung, Zugang zum Arbeitsmarkt und soziale Förderung sind die Motoren des “sozialen Aufzugs“. Damit die nächste Generation nicht im Keller hängen bleibt, sondern ihre Chance auf ein besseres Leben bekommt, braucht es dringend eine Extra-Reparatur für den Lift nach oben.” Wie und was, das steht heute (20. Oktober) im Mittelpunkt einer Fachtagung des AFI | Arbeitsförderungsinstituts.
AFI-Präsident Toni Serafini sieht die Ausgangslage so: “Soziale Mobilität ist ein Top-Thema in Europa, weniger in Italien, keines in Südtirol. Das will das Arbeitsförderungsinstitut ändern. “Wenn wir die soziale Mobilität in Südtirol genauer anschauen, dann verstehen wir die vorhandenen Ungleichheiten besser und können den ‚sozialen Aufzug‘ wieder in Schwung bringen”, erklärt AFI-Koordinator Luca Frigo. Die Forscher wissen: Sozialer Aufstieg ist nicht nur an die persönliche Tüchtigkeit, sondern stark an gesellschaftliche Rahmenbedingungen gebunden. „Faire Chancen im Lauf des Bildungsweges, berufliche Chancen auf dem Arbeitsmarkt sowie eine gerechte Ressourcenverteilung bestimmen mit, ob der soziale Aufzug nach oben fährt oder stecken bleibt“, sagt Frau Professor Stefani Scherer von der Universität Trient.
Ihr Kollege, Prof. Antonio Schizzerotto, räumt zwar ein, dass es im Verhältnis zu einst in Italien heute eine viel größere Durchlässigkeit zwischen den unteren und den oberen Stockwerken der Gesellschaft gebe. Er belegt aber schwarz auf weiß, dass die Heranwachsenden heute mit einer sehr viel geringeren Wahrscheinlichkeit eine bessere soziale Stellung in der Mittel- und Oberschicht erreichen als ihre Eltern und sogar ihre älteren Geschwister.
Ein wesentlicher Grund für diese geringere Wahrscheinlichkeit sei vor allem die Bildungsungleichheit. In der Tat gebe es auch in Südtirol bestimmte sozioökonomische und kulturelle Faktoren, wie zum Beispiel Herkunft, Geschlecht und Sprache, welche die Schullaufbahn entscheidend beeinflussen und die von der Schule nicht abgeändert werden könnten, meint Dott. Franco Russo von der italienischen Bildungsabteilung der Provinz.
Abteilungsleiterin Rolanda Tschugguel von der Bildungsförderung beim Land hingegen zeigt zwei Wege zur Bildungsgleichheit auf, die dem sozialen Aufzug einen Schub nach oben geben. Auf der einen Seite ist das die Studienförderung über Stipendien und Beiträge, welche die wirtschaftliche Ungleichheit geringer macht, auf der anderen Seite sind es die verstärkten Anstrengungen des Landes in der Berufsberatung, die Jugendlichen helfe, eine Berufslaufbahn mit gewissen Erfolgswahrscheinlichkeiten einzuschlagen.
„Weil es so wichtig ist für eine gerechtere Gesellschaft wird das AFI die Chancen des sozialen Aufstiegs in Südtirol weiterhin aufmerksam beobachten“, sagt AFI-Präsident Toni Serafini, und: „Möge unsere Fachtagung dazu beitragen, den sozialen Aufzug neu zu starten“.
Im Anschluss an die Einzelvorträge wurde am Runden Tisch diskutiert: Univ.-Prof. Stefani Scherer (Trient), Univ.-Prof. Antonio Schizzerotto (Trient), Rolanda Tschugguel (Landesabteilung Bildungsförderung), Franco Russo (Landes-Evaluationsstelle für das italienischsprachige Bildungssystem), Marco Pirolo (Steuerbeistandszentrum CGIL). Die Tagung moderierte Peter Litturi.