Fixer Job bei jungen Arbeitnehmern kaum mehr relevant

“Alles hat sich verändert”: Öffentlicher Dienst verliert an Attraktivität

Sonntag, 13. November 2022 | 11:17 Uhr

Bozen – War früher eine Stelle in der öffentlichen Verwaltung begehrt, hat sich das in den vergangenen Jahren drastisch verändert: Davon weiß der für Personal zuständige Bozner Stadtrat Angelo Gennaccaro ein Lied zu singen. Im Gespräch mit der Zeitung Alto Adige erzählt er, dass derzeit 76 unbefristete Stellen (von 1.002) vakant seien.

Gerade in den letzten Jahren habe sich alles verändert: “Ein unbefristeter sicherer Job im öffentlichen Dienst hat vor allem bei den jungen Menschen unter 40 massiv an Attraktivität eingebüßt. Der Andrang bei den Wettbewerben ist überschaubar. Setzt sich dieser Trend fort, wird die öffentliche Verwaltung erhebliche Probleme bekommen.” Dienste könnten dann nicht mehr abgewickelt werden, so der besorgte Stadtrat.

Dass sich in der Gesellschaft diesbezüglich etwas ändert, beobachten Experten schon länger: Auf dem Arbeitsmarkt herrscht größere Dynamik. Es ist mittlerweile unüblich, sein ganzes Berufsleben bei ein und demselben Arbeitgeber zu verbringen. Auch Personal-Stadtrat Gennaccaro sagt, dass junge Leute Erfahrungen sammeln wollen. Es gebe eine enorme Mobilität im öffentlichen aber auch im privaten Sektor.

Mittlerweile biete auch der private Arbeitsmarkt einen sicheren Arbeitsplatz und zudem würden dort “Benefits” gegeben, die die öffentliche Verwaltung nicht bieten könne. Gennaccaro weiter: “Ein weiterer Hemmschuh für die öffentlichen Arbeitgeber sind die gesetzlichen Vorgaben. Wer nicht ein Maturadiplom oder einen Uni-Abschluss hat, kann nicht gewisse Positionen ausüben, auch wenn er oder sie die Kompetenzen dazu durchaus hätte. Hier sind die privaten Arbeitgeber wieder flexibler. Es zählt mehr die Leistung.”

Für den Bozner Stadtrat ist klar: Um die Attraktivität des öffentlichen Dienstes wieder zu steigern, müssten die Gesetze geändert werden und es brauche mehr Flexibilität – etwa auch beim Smart Working. “Der öffentliche Sektor muss sich reformieren.”

Durch die Corona-Pandemie sei zudem vielen Menschen die Work-Life-Balance wichtiger geworden, so Gennaccaro. Manche haben sich essentielle Fragen gestellt und teilweise radikale Entscheidungen getroffen. so schildert der Stadtrat, dass im Zuge der Pandemie ein Stadtpolizist gekündigt hat, um seinen Traum zu verwirklichen. Er will künftig als DJ arbeiten.

Von: luk

Bezirk: Bozen