unibz und Laimburg widmen sich der Aufwertung von Nebenprodukten agroindustrieller Wertschöpfungsketten 

Aus vermeintlichem Abfall neue Ressourcen gewinnen

Montag, 29. Dezember 2025 | 12:18 Uhr

Von: luk

Bozen – Welche Nebenprodukte fallen in Südtirols Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion an und wie können sie aufgewertet werden? Mit dem interdisziplinären Forschungsprojekt MICST setzen die Fakultät für Design und Künste der unibz und das Versuchszentrum Laimburg einen starken Impuls für Südtirols Kreislaufwirtschaft.

Südtiroler Produkte wie Käse oder Joghurt sind beliebt und erfreuen sich eines breiten Absatzes. Doch welches Potenzial steckt in den Nebenprodukten, die bei ihrer Produktion anfallen? Wie Molke, die reich an Zucker und Proteinen ist, und als Nebenprodukt der Milchverarbeitung bereits heute eine wertvolle Ressource für die Molkereiwirtschaft darstellt. Wie ihr Potenzial noch besser ausgenutzt werden kann und als Ausgangspunkt für innovative und nachhaltige Lösungen genutzt werden kann, ist Inhalt eines gemeinsamen Forschungsprojekts der Freien Universität Bozen und des Versuchszentrums Laimburg.

Unter dem Titel MICST (materials-based innovation as catalyst for a sustainable transition into circularity in South Tyrol – Materialbasierte Innovationen als Katalysator für einen nachhaltigen Übergang zur Zirkularität in Südtirol) analysierte das Forschungsteam unter Koordination der unibz Produktionsketten in der Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung – mit dem Ziel, die anfallenden Nebenprodukte zu erheben und deren Potenzial zu erschließen. So sollen dank des Forschungsprojekts die sekundären Rohstoffe des Landes sichtbar gemacht werden, im Sinne der Kreislaufwirtschaft und zum Vorteil der lokalen Wirtschaft und der Umwelt.

„Wenn wir von Nachhaltigkeit und nachhaltigen Lösungen sprechen, geht es dabei per Definition um etwas, das den Status quo aufrechterhält und die Umwelt nicht schädigt. Das ist zwar positiv, bedeutet aber auch, dass wir nicht unbedingt Fortschritte machen“, erklärt Prof. Nitzan Cohen von der Fakultät für Design und Künste der unibz und Projektleiter. „Wir hingegen wollen Reststoffe, die heute als Abfall betrachtet werden, nutzen, um etwas zu schaffen, das einen positiven Einfluss hat und Mehrwert generiert – sowohl für die Umwelt als auch für die Unternehmen in der Region.“

Um dieses Ziel zu erreichen, setzt das Forschungsteam konsequent auf Interdisziplinarität, um die verschiedenen Problemstellungen aus mehreren Perspektiven zu betrachten und innovative Lösungen zu entwickeln, die sich in lokalen Unternehmen anwenden lassen. Design fungiert dabei als verbindendes Instrument, das den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Disziplinen fördert und diese zu einer strategischen Ressource für Innovation macht.

Die Analysen durch das Forschungsteam sowie die Kooperation mit mehreren regionalen Unternehmen führten zur Identifizierung einer Reihe agroindustrieller Wertschöpfungsketten mit interessanten Nebenprodukten: bei der Produktion von Bier, Obst, Kaffee oder Schafwolle – von der aktuell rund ein Zehntel der jährlich anfallenden zehn Tonnen genutzt wird – sowie in der Fleisch- oder Milcherzeugung. „Aktuell arbeiten wir an möglichen Anwendungen für die Fermentation von Molke, einem der wichtigsten Nebenprodukte der Milchindustrie“, erläutert Lorenza Conterno, Leiterin der Arbeitsgruppe Fermentation und Destillation am Versuchszentrum Laimburg und Projektpartnerin.

Parallel dazu forscht das Team an weiteren Produktionsketten. Ein Beispiel sind Apfelblüten, die in der Regel ausgedünnt werden, um das Wachstum größerer Früchte zu fördern. „Wir möchten genauer untersuchen, welchen Wert sie etwa für den Einsatz in der Kosmetik haben könnten – durch Extrakte, die direkt oder nach einer Fermentation gewonnen werden“, so Conterno. Erkenntnisse aus anderen Projekten, die sich mit Biertreber – einem Nebenprodukt der Bierherstellung – befasst haben, können laut der Forscherin der Laimburg dank der interdisziplinären Zusammenarbeit wiederum für die Entwicklung neuer Materialien genutzt werden, etwa bei der Gewinnung von Zellulose.

MICST entstand aus einer fakultätsübergreifenden Zusammenarbeit an der unibz zwischen den Fakultäten für Design und Künste (Projektkoordination), Ingenieurwesen und Bildungswissenschaften sowie den Arbeitsgruppen Fermentation und Destillation und Lebensmittelsensorik des Versuchszentrums Laimburg. Das vom Ressort Forschung und Innovation der Autonomen Provinz Bozen finanzierte Projekt startete im Februar 2024 und läuft bis Februar 2027. In diesem Zeitraum arbeiten die verschiedenen Forschungsgruppen mit Stakeholdern zusammen, um Stoffe, Materialien, Prozesse und Technologien zu entwickeln, zu testen und zu validieren und Unternehmen nachhaltige neue Anwendungen vorzuschlagen, die in aktuelle Produktions- oder Anbauzyklen integriert werden können.

Bezirk: Bozen

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