WIFO-Wirtschaftsbarometer Herbst 2021

Bauwirtschaft: Aufschwung von Kosten und Lieferengpässen gebremst

Mittwoch, 24. November 2021 | 09:48 Uhr

Bozen – Das Geschäftsklima im Baugewerbe ist im Allgemeinen positiv, aber schlechter als der Durchschnitt der Südtiroler Wirtschaft. Etwa ein Viertel der Unternehmen im Bausektor klagt über eine unbefriedigende Ertragslage im Jahr 2021. Die Nachfrage ist dank der steuerlichen Anreize des Staates weiterhin hoch, allerdings wird die Erholung der Bauwirtschaft durch die Teuerung und die schwierige Beschaffung vieler Baumaterialien gebremst. Für das kommende Jahr wird eine Verbesserung erwartet: Mehr als neun von zehn Unternehmen rechnen mit einer (zumindest) zufriedenstellenden Rentabilität im Jahr 2022. Dies ergibt sich aus der Herbstausgabe des Wirtschaftsbarometers vom WIFO − Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen.

Trotz einer hohen Kapazitätsauslastung von über 90 Prozent im Tief- und Hochbau und steigender Umsätze gegenüber dem Vorjahr liegt das Geschäftsklima im Bausektor weiterhin unter dem Durchschnitt der Südtiroler Wirtschaft. Ein Viertel der Unternehmen rechnet für 2021 mit einem unbefriedigenden Betriebsergebnis. Auch die Investitionen erholen sich kaum und werden heuer nach Angaben der Unternehmer/innen im Baugewerbe auf dem Niveau des letzten Jahres bleiben. Die Schwierigkeiten des Sektors sind zum Teil auf Versorgungsengpässe und hohe Baustoffpreise zurückzuführen. Der Grund dafür ist vor allem der starke Anstieg der internationalen Nachfrage im Zusammenhang mit der Erholung der größten Volkswirtschaften. Diese Engpässe dürften sich jedoch im nächsten Jahr allmählich entschärfen und mehr als neun von zehn Unternehmen in der Bauwirtschaft sind zuversichtlich, dass sie 2022 eine (zumindest) zufriedenstellende Ertragslage erreichen werden.

Die Beschäftigungsentwicklung im Baugewerbe ist weiterhin positiv. Von Januar bis Oktober 2021 lag die Zahl der Arbeitnehmer/innen durchschnittlich bei über 18.100, was einer Zunahme um 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht.

Betrachtet man die einzelnen Branchen des Baugewerbes, so zeigt sich vor allem im Tiefbau ein gewisser Optimismus: Mehr als neun von zehn Unternehmen sind zuversichtlich, das laufende Jahr mit einem „zufriedenstellenden“ (in einem Viertel der Fälle sogar mit einem „guten“) Betriebsergebnis abschließen zu können. Die Rentabilitätserwartungen im Hochbau unterscheiden sich hingegen stark zwischen den einzelnen Unternehmen und die Ertragslage wird in fast einem Drittel der Fälle weiterhin als unbefriedigend bewertet. Im Hinblick auf das Jahr 2022 ist die Stimmung vor allem im Baunebengewerbe positiv, wobei ein Drittel der Betriebe mit einem wirklich „guten“ Betriebsergebnis rechnet.

Michl Ebner, Präsident der Handelskammer Bozen, verweist auf die von mehreren Seiten geäußerte Kritik am neuen Urbanistikgesetz des Landes: „Für das Baugewerbe ist die öffentliche Hand ein wichtiger Auftraggeber. Das neue Urbanistikgesetz weist jedoch zahlreiche Einschränkungen und Erschwernisse auf, die für die Unternehmen und die Verwaltung zu einem erhöhten Aufwand führen. Diese Probleme müssen so schnell wie möglich und zur Zufriedenheit aller behoben werden.“

Nachfolgend die Stellungnahmen der Vertreter der Wirtschaftsverbände

Michael Auer, Präsident des Baukollegiums

„Eine zufriedenstellende Ertragslage im Bausektor wird aktuell von drei Faktoren eingebremst: die ausufernde Bürokratie, der Anstieg der Preise und die damit zusammenhängenden Versorgungsengpässe bei Rohstoffen sowie der Fachkräftemangel. Die gute Nachricht ist, dass in all diesen Bereichen lokales Gestaltungspotenzial gegeben ist. Dieses müssen wir aber noch besser ausnützen.“

Markus Bernard, geschäftsführender Obmann der Baugruppe im lvh

„Die unkontrollierten und übertriebenen Preissteigerungen stellen für die Baubranche ein großes Problem dar. Notwendig wäre ein gesetzlicher Anker, der zusätzliche Preissteigerung ab einer gewissen Schwelle klar regelt. Unvorhergesehene Preiserhöhungen sind sowohl für das Bauunternehmen als auch für den Bauherren schwierig und unangenehm. Leider haben sich auch die Wartezeiten für zahlreiche Rohstoffe drastisch erhöht.“

Rodolfo Gabrieli, Präsident CNA-SHV Bauwesen

„In den letzten Tagen haben wir eine Welle von Gesetzesvorschlägen erlebt, die neue Verpflichtungen und bürokratische Anforderungen für die Unternehmen des Sektors beinhalten. Leider besteht aufgrund des Fehlverhaltens einiger weniger die Gefahr, dass die Wirkung der Steuerbegünstigungen zunichte gemacht und der Anstoßeffekt verringert wird, den der Bausektor auf die gesamte Wirtschaft haben kann.“

Von: luk

Bezirk: Bozen