Von: mk
Bozen – „Derzeit müssen wir mehrere Krisen zugleich bewältigen, die Situation ist dramatisch. Aber als Unternehmen tragen wir soziale Verantwortung und wollen unseren Beitrag leisten“ – mit diesen Worten fasst der Präsident des Unternehmerverbandes Südtirol, Heiner Oberrauch, die Position der Unternehmerinnen und Unternehmer zusammen, die sich kürzlich zu einer Dringlichkeitssitzung über die Folgen der Krise in der Ukraine getroffen haben.
„Der Krieg, die Explosion der Energiepreise, der Mangel an Rohstoffen, die Pandemie: Wir müssen gleich mehrere Krisen bewältigen. Die dramatischte ist sicher die humanitäre aufgrund des Krieges, während es langfristig jene des Klimawandels ist“, erklärt Oberrauch.
Die Unternehmen haben eine große Bereitschaft gezeigt, den Flüchtlingen aus der Ukraine zu helfen: „Wir organisieren uns vor allem, um Arbeit anbieten zu können: dies ist die beste Möglichkeit, um die Integration in unserer Gesellschaft zu vereinfachen“, erklärt Oberrauch. Hilfreich sind diesbezüglich zudem Sprachkurse. Viele Unternehmen sammeln zudem Spenden und stellen Wohnungen zur Verfügung.
Im Laufe des Generalrates haben die Unternehmen aus den verschiedenen Sektoren auf die größten Schwierigkeiten hingewiesen: Energieintensive Unternehmen oder jene, die derzeit schwer erhältliche Rohstoffe verarbeiten – z.B. im Automotive oder Lebensmittelsektor, aber auch im Bau – mussten die Produktion drosseln und tun sich schwer, die gestiegenen Kosten abzudecken. Das gleiche gilt für die Transportunternehmen aufgrund der hohen Spritpreise.
Entscheidend wird es sein, die Lieferketten aufrecht zu erhalten. „Wir haben im Laufe der pandemiebedingten Lockdowns gesehen, wie wichtig es ist, die Lieferketten nicht zu unterbrechen. Dies muss uns auch jetzt gelingen, wohlwissend, dass die Fortführung der Tätigkeit in dieser Situation für viele Unternehmen nur mit großen Schwierigkeiten verbunden ist, vor allem aufgrund des exponentiellen Anstiegs der Kosten. Hilfsmaßnahmen, insbesondere um die hohen Energiepreise auszugleichen, sind deshalb dringend notwendig“, so Oberrauch.
Die enormen Preiserhöhungen in diesen Wochen sind längerfristig nicht tragbar: „Wir riskieren einen doppelten Schaden: wenn die Produktion aufgrund der hohen Kosten in andere Länder ausgelagert wird, verlieren wir Arbeitsplätze, Investitionen und Mehrwert. Und all dies ohne einen Vorteil für die Umwelt, zumal es außerhalb Europas kaum Bemühungen zur Reduzierung der Emissionen gibt.“
Bisher hat die Industrie einen Großteil der Teuerungen getragen, ohne sie auf die Endpreise zu übertragen. „Jetzt brauchen wir aber eine neue Industriepolitik, welche die Abhängigkeit von anderen Ländern reduziert. Dies ist eine europäische Herausforderung. Wir müssen die Produktion strategischer Rohstoffe wieder zurückholen, um weitere Schocks in der Zukunft zu vermeiden“, so Oberrauch weiter.
Die Geschlossenheit, mit der Europa reagiert hat, ist einer der positiven Aspekte dieser Krise, unterstreichen die Unternehmen. „Ein weiterer ist, dass wir Investitionen in erneuerbare und saubere Energie nicht weiter aufschieben können. So wie die Pandemie die Digitalisierung vorangetrieben hat, könnten die Krise in der Ukraine und die Notwendigkeit, unsere Abhängigkeit vom russischen Gas zu reduzieren, die energetische Wende beschleunigen“, ist Oberrauch überzeugt.