Filmschaffende wehren sich gegen Kritik

“Fachlicher Unkenntnis und populistischen Interessen”

Mittwoch, 30. November 2022 | 08:30 Uhr

Bozen – Im Namen der Südtiroler Filmschaffenden nehmen der Filmverband FAS und die Fachgruppe Film im hds zum Beschlussantrag vom Team K Stellung, der am Mittwoch, den 9. November 22 vom Südtiroler Landtag mehrheitlich angenommen wurde. Bekanntlich hat der Landtag den Antrag mehrheitlich angenommen, mit dem die Marketinggesellschaft des Landes IDM reformiert und aufgeteilt werden soll.

„Wir haben in den vergangenen Wochen mit Befremden zur Kenntnis genommen, dass der Filmfund in den Diskussionen um die Zukunft der IDM wiederholt zum Nebenschauplatz kritischer Stellungnahmen gegenüber der Gesamt-Institution missbraucht wurde. In unseren Augen beruht diese Haltung auf fachlicher Unkenntnis und populistischen Interessen“, erklären Georg Zeller und Nela Märki vom FAS sowie Markus Frings und Michela Parlavecchio von der Fachgruppe Film im hds.

Aus Sicht der professionell Filmschaffenden in und aus Südtirol seien die rund zehn Jahre Filmfund weitgehend eine Erfolgsgeschichte. Mit einem sehr überschaubaren und gewiss ausbaufähigen Jahreshaushalt sei durch die dadurch im Land entstandenen Filme und Dokumentarfilme der Aufbau einer stetig wachsenden Infrastruktur vorangetrieben worden, die es heute zahlreichen Filmschaffenden ermögliche, von ihren unterschiedlichsten Berufen in dieser Branche ein Lebenseinkommen zu bestreiten. Dies gelte nicht nur für Südtiroler Regisseurinnen und Regisseure, oder Darstellerinnen und Darsteller, die zur Umsetzung ihrer Projekte sogar vermehrt aus dem Ausland nach Südtirol zurückkehren, sondern auch für alle anderen künstlerischen, technischen und Produktionsberufe dieser Branche, sowie für zahlreiche weitere Berufsfelder, die direkt oder indirekt an Filmproduktionen beteiligt sind.

Die Filmproduktion in Europa basiert generell auf Fördermodellen, ohne diese gäbe es in unseren Kinos wohl ausschließlich Hollywood-Blockbuster zu sehen. Kaum ein europäischer Kinofilm wurde nicht von öffentlicher Hand gefördert. „Das Südtiroler Modell ist also keine Ausnahme, sondern unbedingte Voraussetzung für eine Filmwirtschaft, die lokal angesiedelt ist und auf einem internationalen Markt agiert. Der Filmfund des Landes wurde hierbei auf unser Bestreben hin gezielt als Wirtschaftsförderung instituiert – im Gegensatz zur ‚Kulturellen Filmförderung‘. Damit schließt er alle oben angesprochenen Berufssparten mit ein und sichert dem Land zudem einen Rückfluss der investierten Mittel von durchschnittlich 198 Prozent seit dessen Gründung im Jahr 2012“, so der Filmverband und die Fachgruppe.

In den vergangenen zehn Jahren wurden mit Hilfe dieses Mechanismus von den hier geförderten Filmprojekten 79 Millionen Euro im Land ausgegeben, rund ein Drittel davon für Gagen an Südtiroler Filmschaffende, der Rest für Dienstleister, Motivmieten, Unterkünfte und sonstige verwandte Ausgaben im Land.

Nicht einberechnet sind hierbei all jene Film- und Fernsehproduktionen, die nicht vom IDM Filmfund finanziell gefördert, aber dennoch in Südtirol gedreht wurden. Diese brachten also Mittel aus anderen, zum Teil ausländischen, Fördertöpfen ins Land und investierten diese hier vor Ort. Hierzu zählten zuletzt beispielsweise die deutschen Fernsehproduktionen „Ein Sommer in Südtirol“ und „Bozen Krimi“, oder die italienische TV-Serie “Un posto al sole”, die auf die Filminfrastruktur im Land angewiesen waren und auch mit lokalen Filmschaffenden zusammengearbeitet haben.

„Die Südtiroler Filmbranche befindet sich derzeit noch im Aufbau, aber wir gehen bereits heute von rund 700 Filmschaffenden im Land aus, deren Tätigkeit ganz oder teilweise durch die Existenz des Filmfunds ermöglicht wird. Insbesondere die filmspezifischen Unternehmen haben in den vergangenen Jahren große Investitionen getätigt, Personal aus- und fortgebildet und die Entwicklung von Südtiroler Filmprojekten vorangetrieben, weil sie an den Filmstandort glaubten und glauben“, erklären der Filmverband und die Fachgruppe.

Anhand der Förderergebnisse der letzten Jahre lasse sich feststellen, dass eine steigende Anzahl an Projekten gefördert wurde, die direkt aus Südtirol heraus oder unter starker Südtiroler Beteiligung entstanden sind. Die künstlerische und wirtschaftliche Qualität der antragsstellenden Projekte wird dabei von einer aus Fachleuten zusammengesetzten Kommission beurteilt, die jenen vergleichbarer Institutionen insbesondere im deutschsprachigen Raum entspricht. Die Mitarbeiterinnen der Abteilung Film der IDM hingegen überprüfen den sogenannten „Südtiroleffekt“ (mindestens 150 Prozent der geförderten Summe müssen im Land ausgegeben werden). Sie bewerten diesen auch qualitativ: Beispielsweise wird die Anstellung von Personal auf hoher Ebene vorteilhafter bewertet, als Ausgaben für Gebrauchsgüter. Außerdem vernetzen sie die Produktionen mit dem einheimischen Fachpersonal und Dienstleistern, beraten bei der Locationfindung und sorgen unter anderem durch verschiedenste Initiativen zur Aus- und Weiterbildung zur Fortentwicklung und nachhaltigen Festigung der Branche.

„Um diese Entwicklung werden wir von unseren Nachbarregionen beneidet. In Tirol wurde seit Gründung der Cine-Tirol keine vergleichbare Film-Infrastruktur aufgebaut, da die Förderung dort als Teil des Destinationmarketings konzipiert ist. Hier werden also regelmäßig Tiroler Landschaften tourismusfördernd in Szene gesetzt, jedoch ohne eine gezielte Einbindung lokaler Filmschaffender und fachspezifischer Infrastrukturen. Die Tiroler Filmbranche wirbt deshalb seit einigen Jahren mit dem Südtiroler Modell als Vorbild für eine dortige neue Förderstruktur. Ähnlich im Trentino, wo mithilfe des kleinen Fördertopfes vorwiegend Produktionen aus anderen Regionen angezogen werden, die nur zu einem Rückfluss von 120 Prozent der Fördersumme verpflichtet werden“, betonen der Filmverband und die Fachgruppe.

„Leider haben es jene politischen Kräfte, die nun die Notwendigkeit der Südtiroler Filmförderung auf den Prüfstand stellen möchten, versäumt, im Vorfeld des Beschlussantrags den Dialog mit uns zu suchen, oder sich auch nur über die produktionstechnischen Hintergründe der Filmproduktion zu informieren. Stattdessen argumentieren sie mit ‚Stimmen aus dem Korridor‘ oder mit persönlichen Befindlichkeiten beim Konsum audiovisueller Produktionen, die in Südtirol entstanden sind. Damit setzen sie eine im Aufbau befindliche Branche der KreativWirtschaft und die Arbeitsplätze deren zahlreicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufs Spiel“, so der Filmverband.

Von: mk

Bezirk: Bozen