Obstbautagung und Seminar

Fortbildung mit dem A.L.S.

Freitag, 29. Januar 2021 | 22:06 Uhr

Bozen – Während im Winter die Natur ruht, ist für die Obstbauern Zeit für Weiterbildung: Und so stand der Jänner 2021 ganz im Zeichen der Obstbautagung und des Obstbauseminars – in Zeiten der Corona-Krise wurden sie vom Absolventenverein Landwirtschaftlicher Oberschulen (A.L.S.) in Online-Form organisiert. Im Vordergrund standen Themen wie Trends am Apfelmarkt, die EU-Agrarpolitik sowie verschiedene Problematiken im Anbau, darunter die Marmorierte Baumwanze.

Die Obstbautagung ist jedes Jahr im Jänner jene Gelegenheit, zu der sich das komplette Who-is-Who der Obstwirtschaft trifft – Bauern ebenso wie Verantwortungsträger aus allen wichtigen Organisationen der Apfelwelt und Vertreter der Agrarpolitik. Zur diesjährigen 68. Auflage lud der ALS mit Obmann Stefan Pircher aber nicht, wie üblich, ins Meraner Kurhaus, sondern zum virtuellen Online-Meeting. „Das Jahr war auch im Obstbau ganz außergewöhnlich, aber es gab durchaus einige positive Aspekte – etwa im Bereich der Vermarktung“, so Pircher.

Dies bestätigte auch Referent Helwig Schwartau, Experte der Argrarmarkt Informationsgesellschaft AMI aus Hamburg: Nach Jahren der Apfel-Überproduktion in Europa und zugleich rückläufigen Konsums gebe es nun neue Chancen: Herkunft, Regionalität, Gesundheit und Nachhaltigkeit werden wichtiger, die Pandemie bremst zugleich die Importe aus Übersee – Äpfel aus Europa und damit aus Südtirol erhalten so mehr Potential. Insbesondere im deutschen, französischen und italienischen Apfelmarkt ergab sich 2020 sogar ein Umsatzplus. Wichtig sei jedoch, die „richtigen“ Äpfel zu produzieren. Im Trend liegen laut Schwartau Markenäpfel, durchaus auch im hochpreisigen Segment, sowie biologisch angebaute Äpfel. Zwar würden nicht alle Clubsorten gleich erfolgreich werden wie etwa Pink Lady – dennoch sei die Südtiroler Strategie richtig, bei Neuanpflanzungen auf Markenäpfel zu setzen. „Attraktive Markenäpfel und Bioproduktion bieten Chancen, die man nutzen sollte“, so Schwartau.

Nachhaltigkeit und Qualität werden generell wichtiger; bei Konsumenten ebenso wie in den politischen Vorgaben, unterstrich auch Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler. Auf die entsprechenden Programme der EU ging der Südtiroler EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann ein: Unter dem Motto „Green Deal“ peilt die EU-Kommission die Umgestaltung der Wirtschaft bis hin zur Klimaneutralität Europas im Jahr 2050 an. Davon betroffen sind alle Wirtschaftsbereiche, und damit zentral auch die Landwirtschaft. Hierbei setze man auf die „Farm-to-Fork“-Strategie: Unter anderem soll der Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln bis 2030 um die Hälfte reduziert werden, ebenso der Düngemitteleinsatz und die Lebensmittelverschwendung; darüber hinaus soll der Bioanbau auf ein Viertel der gesamten landwirtschaftlichen Flächen ausgedehnt und der Verlust der Artenvielfahrt umgekehrt werden. Maßnahmen in all diesen Bereichen würden von der EU finanziell unterstützt – eine Chance, die man nützen müsse. Dorfmann kritisierte aber zugleich, dass die „Farm-to-Fork“-Strategie sehr stark auf die Landwirtschaft fokussiere, hingegen kaum auf den Handel und die Konsumenten. „Schließlich sind es die Konsumenten, die mit jeder Kaufentscheidung mitbestimmen, welche und auf welche Weise Lebensmittel von den Bauern produziert werden.“

Obstbauseminar: Praktische Tipps und vertiefende Informationen: Marmorierte Baumwanze

Während bei der Obstbautagung anbautechnisch nur von einem Thema die Rede war, wurden beim Obstbauseminar diesbezüglich eine ganze Palette an Themen vertieft. Das dreitägige Seminar fand ebenfalls online und nicht wie üblich im Haus der Familie; auf der Tagesordnung standen Themen wie „15 Jahre Erfahrung mit maschineller Ausdünnung“, „die Kombination von Hagelschutznetz und Insektenschutznetz im Apfelanbau“ – und insbesondere ein auch in Südtirols Obstbau gefürchteter Schädling, die Marmorierte Baumwanze. Das virtuelle Seminar hatte dabei den Vorteil, dass Teilnehmer und Referenten aus 13 Nationen teilnehmen konnten, und dadurch der internationale Austausch der Obstbauern über die Landesgrenzen hinaus noch ausgebaut werden konnte.

Dazu hielt Tim Haye von der internationalen Forschungsorganisation CABI Schweiz ein vielbeachtetes Referat. Er erläuterte die verschiedenen Entwicklungs- und Lebensphasen dieses aus China eingeschleppten Schadinsektes, sein Paarungsverhalten, welches hierzulande bis zu zwei Generationen pro Jahr entwickelt, seine Überwinterung – und natürlich, was dagegen unternommen werden kann. Als vielversprechende Methode der biologischen Bekämpfung gilt auch seinen Erkenntnissen zufolge das Parasitieren der Wanzen-Eier durch Schlupfwespen: Dazu werden in Südtirol seit dem Vorjahr Versuche im freien Feld mit der heimischen Schlupfwespe sowie mit der aus Asien stammenden Samuraiwespe durchgeführt.

Von: bba

Bezirk: Bozen