Startschuss für dreijähriges Forschungsprojekt mit Südtiroler Unternehmen

Generationswechsel und Industrie 4.0

Donnerstag, 23. Juli 2020 | 11:29 Uhr

Bozen – Die sogenannten Millenials, aufgewachsen in einer digitalen Welt, sind dabei, ihre Elterngeneration an der Spitze von Südtirols Familienbetrieben abzulösen. Werden diese Digitale Natives die Digitalisierung der Wirtschaft stärker vorantreiben? Und welche Aus- und Weiterbildung sowie Investitionen braucht es, um den Wandel zu einer neuen Produktionsweise zu erleichtern? Solche Fragestellungen werden im interdisziplinären Forschungsprojekt MASTERMIL der Freien Universität Bozen beleuchtet, in dem sich Wirtschaftsingenieurwesen und die Forschung zum Management von Familienbetrieben treffen.

Die digitale Transformation stellt eine der großen aktuellen Herausforderungen für Unternehmen dar. Ob Big Data, Additive Manufacturing oder Künstliche Intelligenz: Was unter dem Schlagwort Industrie 4.0 zusammengefasst wird, verspricht einen Quantensprung in Sachen Kosteneinsparungen sowie Effizienz- und Präzisionssteigerungen für Produktionsprozesse, die wiederum internationale Wettbewerbsfähigkeit garantieren. Die Generation der Millenials, die bereits mit den Vorteilen des Web großgeworden ist, scheint prädestiniert, einen solchen digitalen Wandel zu beschleunigen. Doch entspricht dies auch den Tatsachen? Hat die Nachfolgegeneration in Südtirols Familienbetrieben tatsächlich die technologischen und unternehmerischen Fähigkeiten, um ihre Betriebe in ein neues Zeitalter zu katapultieren? Und welche, bisweilen auch unausgesprochenen, Bedürfnisse gibt es in Familienbetrieben bezüglich Weiterbildung und Investitionen beziehungsweise welche Instrumente braucht es, um diesen Wandel zu erleichtern? Antworten darauf soll das interdisziplinäre Forschungsprojekt MASTERMIL liefern. Ein gemeinsames Unterfangen vom Forschungsteam des Center for Family Business Management an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften unter Leitung von Prof. Alfredo De Massis sowie dem Team vom Prof. Dominik Matt, Experte für Industrie 4.0 und Verantwortlicher des Smart Mini Factory Lab an der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik.

Die wichtigsten Ziele des Projekts? Eine Aufarbeitung der bereits bestehenden wissenschaftlichen Literatur zur Schnittstelle zwischen Industrie 4.0 und Familienbetrieben, die Durchführung von Fallstudien in Familienbetrieben in den Branchen Lebensmittel, Holz und Mechanik, in denen kritische Faktoren wie die Herausforderungen zwischen der scheidenden und nachrückenden Generation sowie die Voraussetzungen für die Implementierung von Industrie-4.0 untersucht werden, sowie schließlich die Entwicklung eines leicht anzuwendenden Toolkits. Das soll Unternehmen erleichtern, ihre aktuelle Situation zu analysieren, um dann die geeignetsten Technologien für ihre jeweilige Aktivität auszuwählen und zu implementieren.

„Die größten Herausforderungen für den Fortbestand von Familienunternehmen sind der Prozess des Generationswechsels und veraltete Geschäftsmodelle”, erklärt Alfredo De Massis, Professor für Family Business der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften. „Der digitale Wandel bietet eine enorme Chance. Auf Basis unserer Studie wollen wir verstehen, wie wir der nun nachrückenden Generation in Südtirols Familienbetrieben helfen können, nicht genutztes Potenzial zu entfalten, indem wir ihre traditionellen Geschäftsmodelle strategisch erneuern und dabei Tradition und Innovation miteinander verbinden”.

„In den vergangenen Jahren konnten wir eine rasante Entwicklung von Technologien und Systemen der Industrie 4.0 beobachten”, erklärt Prof.  Dominik Matt, Inhaber des Lehrstuhls für Produktionssysteme und -technologien der Freien Universität Bozen und Leiter des Forschungsbereichs „Industrial Engineering und Automation” der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik. „Bisherige Studien haben aber klar gezeigt, dass dieses Potenzial nur dann ausgeschöpft werden kann, wenn der digitale Wandel in den Unternehmen richtig geplant wird.“ Dabei gehe es nicht nur um technische Fragen, sondern auch um Organisation, Businessmodelle und Infrastrukturen. „Aus diesem Grund ist die Idee entstanden, unsere Kompetenzen mit jenen der Kolleg*innen an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften zusammenzulegen, um Südtirols Unternehmen gemeinsam bei diesem Transformationsprozess zu begleiten und somit die Wettbewerbsfähigkeit unserer Provinz zu steigern.”

Das dreijährige Forschungsprojekt startet im September 2020 und beinhaltet eine Reihe von Interviews sowie qualitativen Erhebungen in zahlreichen Südtiroler Familienbetrieben. Neben den beiden Professoren Alfredo De Massis und Dominik Matt sind im Forschungsteam Erwin Rauch, Emanuela Rondi, Guido Orzes und Margherita Molinaro vertreten. Als Partner konnten die Associazione Italiana delle Aziende Familiari (AIDAF), die Handelskammer Bozen und das Forschungszentrum Family Business der WHU – Otto Beisheim School of Management gewonnen werden.

 

Von: luk

Bezirk: Bozen