Von: luk
Bozen – Das Geschäftsklima im Einzelhandel und im Kfz-Handel und Reparatursektor ist deutlich schlechter als im vergangenen Jahr. Besonders schwierig ist die Lage in der Bekleidungsbranche und generell in allen Sparten, die stark mit dem Tourismus verbunden sind. Dies ergibt sich aus der Sommerausgabe des Wirtschaftsbarometers des WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen.
Die Ertragslage im Jahr 2020 wird von 43 Prozent der Südtiroler Einzelhandelsunternehmen negativ beurteilt. Dieser Wert spiegelt die Schwierigkeiten wider, mit denen die Kaufleute konfrontiert sind, insbesondere diejenigen, die einen erheblichen Teil ihres Umsatzes mit Touristen erzielen.
Im April war der Umsatz durchschnittlich um mehr als ein Drittel niedriger als im Vorjahresmonat. Selbst im Mai, als die Beschränkungen für die Geschäftseröffnungen aufgehoben wurden, lag das Geschäftsvolumen um etwa ein Fünftel unter dem Vorjahresniveau. Darüber hinaus mussten die Einzelhändler aufgrund der Maßnahmen zur Einschränkung der Epidemie Kostenanstiege hinnehmen. Sie klagen auch über eine Verschlechterung der Kreditzugangsbedingungen und der Zahlungsmoral der Kunden . Die Epidemie und der Lockdown führten somit zu einer Verringerung der Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere im Vergleich zu großen Online-Händlern.
Kleine Handelsbetriebe waren am stärksten von der Krise betroffen: Zwei Drittel der Unternehmen mit bis zu drei Mitarbeitern und die Hälfte der Unternehmen mit vier bis neun Mitarbeitern melden eine schlechte Ertragslage, während dieser Anteil bei Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeiter auf in etwa ein Viertel sinkt.
Die starke Verschlechterung der Ertragslage betrifft alle Branchen des Einzelhandels. Besonders schwierig ist die Situation für Bekleidungs- und Schuhgeschäfte, von denen viele auf Saisonschlussverkäufe angewiesen waren, um ihre Lager zu leeren und im Hinblick auf den Herbst neue Liquidität zu schaffen. Auch die Drogerien und der Wanderhandel gehören zu den Sparten, die stark leiden. Eine teilweise Ausnahme bilden die Supermärkte, die leicht wachsende Umsätze und fast immer eine zufriedenstellende Rentabilität melden.
Das Geschäftsklima hat sich heuer auch im Kfz-Handel und Reparatursektor deutlich verschlechtert: Weniger als zwei Drittel der Unternehmen halten die Ertragslage für zufriedenstellend. Auch hier wurde das Geschäftsvolumen durch die Sperrmaßnahmen stark beeinträchtigt. Die Umsatzverluste im April betrugen mehr als 50 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, bevor sie im Mai auf ein Viertel zurückgingen. Zwei Drittel der Unternehmen im Kfz-Sektor melden, dass die Nachfrage auch im Juni immer noch unter dem Vorkrisenniveau lag, obwohl der Autoverkauf an Privatpersonen Signale einer Erholung zeigte. Die schwache Nachfrage ist teilweise auch auf den Rückgang der Investitionen in Fahrzeuge in anderen Wirtschaftssektoren zurückzuführen. Schließlich sind viele Unternehmer über die starke Verschlechterung der Zahlungsmoral der Kunden besorgt.
Der Präsident der Handelskammer Bozen, Michl Ebner, unterstreicht die Chancen, welche die Digitalisierung im Einzelhandel bietet: „Es ist wichtig, dass auch kleine Einzelhändler das Internet nutzen, um sich neue Absatzkanäle zu eröffnen. Die öffentlichen Institutionen müssen diesen Wandel unterstützen und fördern. Über ihre Initiative ‚Digitales Unternehmen – PID‘ unterstützt die Handelskammer die Unternehmen bei der Digitalisierung und der Erstellung von Online-Shops.“
Nachfolgend die Stellungnahmen der Vertreter der Wirtschaftsverbände:
Philipp Moser, Präsident hds – Handels- und Dienstleistungsverband Südtirol:
„Die Zeit ist reif für eine Webtax für digitale Großkonzerne, die bis dato hierzulande dank Steueroptimierungen und -verschiebungen in andere Staaten keine Steuern für ihre Umsätze zahlen. Mit einer Digitalsteuer sollen eklatante Steuerlücken geschlossen und Onlinekonzerne in die Pflicht genommen werden. Derzeit haben stationäre Betriebe im Handel einen enormen Wettbewerbsnachteil gegenüber den Onlinegiganten.“
Federico Tibaldo, Präsident Confesercenti Alto Adige Südtirol:
„Durch die von Covid-19 verursachte Situation wurde jegliche Wirtschaftsprognose für 2020 hinfällig. Die Einzelhändler reagierten jedoch mit dem typischen Optimismus derjenigen, die es gewohnt sind, eine positive Beziehung zu den Kunden aufzubauen. Steigende Arbeitslosigkeit, sinkende Einkommen, stagnierende Investitionen beunruhigen die Einzelhändler aufgrund der unvermeidlichen Auswirkungen auf den Konsum. Die öffentliche Verwaltung hat vieles getan, aber jetzt brauchen wir gezielte Maßnahmen für einen wirtschaftlichen Aufschwung, der nicht länger warten kann.“