Landeszusatzvertrag erneuert

Handel und Dienstleistungen: Neuer Vertrag unterzeichnet

Donnerstag, 15. Mai 2025 | 11:14 Uhr

Von: mk

Bozen – Der Wirtschaftsverband hds und die Landesfachgewerkschaften ASGB Handel, Fisascat Sgb/Cisl und Uiltucs Uil/Sgk haben den neuen Landeszusatzvertrag der 2. Ebene für die Provinz Bozen unterzeichnet. Der Zusatzvertrag tritt mit 1. Juni 2025 in Kraft und läuft bis zum 31. Dezember 2027.

Der Landeszusatzvertrag gilt für Unternehmen, die laut gesamtstaatlichem Kollektivvertrag im Tertiär-, Vertriebs- und Dienstleistungssektor tätig sind, sowie für deren Arbeitnehmer.

Die wichtigsten Änderungen des Landeszusatzvertrages betreffen den wirtschaftlichen Teil, die Teilzeitverträge, bezahlte Freistellungen in besonderen Fällen, das Recht auf Weiterbildung und Studium sowie die elastischen Klauseln. Zum besseren Verständnis und um Interpretationsschwierigkeiten zu vermeiden, wurden auch einige Änderungen und Klarstellungen zu bereits vorhandenen Instituten vorgenommen.

Die wichtigsten Neuigkeiten und Änderungen im Überblick:

Lokaler Gehaltsbestandteil

Der lokale Gehaltsbestandteil wird von acht auf 75 Euro erhöht. Die Erhöhung kann mit jenen Beträgen verrechnet werden, die ausdrücklich als Vorauszahlungen oder Vorschüsse auf zukünftige vertragliche Erhöhungen ausgewiesen sind und erfolgt in zwei Tranchen:

• von acht auf 45 Euro ab 1. Juni 2025;
• von 45 auf 75 Euro ab. 1. November 2026

Wirtschaftliche Behandlung bei Krankheit und bei Unfall

Zum besseren Verständnis wird der gesamte Artikel des gesamtstaatlichen Kollektivvertrages wiedergegeben. In Bezug auf Unfälle wird präzisiert, dass das Unternehmen auch in solchen Fällen den Arbeitnehmer mindestens 7 Tage im Voraus über das genaue Datum des Ablaufs der 180-Tage-Frist sowie über die Möglichkeit informiert, einen weiteren unbezahlten Wartestand für die gesamte Dauer des Unfalls zu beantragen, sofern der Arbeitnehmer eine ordnungsgemäße ärztliche Bescheinigung vorlegt.

Bezahlte Freistellungen

Um sich bezahlte Freistellungen beim neuen Arbeitgeber anrechnen zu lassen, kann ein Arbeitnehmer das beim vorherigen Arbeitgeber erworbene Dienstalter geltend machen. Dafür muss innerhalb von sechs Monaten nach Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses ein Antrag gestellt werden. In diesem Fall beginnen die Freistellungen ab dem Startdatum des neuen Arbeitsverhältnisses zu laufen.
Wird der Antrag erst nach Ablauf dieser sechs Monate, aber noch innerhalb von zwölf Monaten nach Beginn des Arbeitsverhältnisses gestellt, dann werden die Freistellungen erst ab dem Monat angerechnet, in dem der Antrag eingereicht wurde. Nach zwölf Monaten verfällt der Anspruch auf Antragstellung – danach ist keine Anrechnung mehr möglich.

Bezahlte Freistellungen in besonderen Fällen

Auf Antrag des Arbeitnehmers gewährt der Arbeitgeber, im Falle einer bescheinigten Krankheit der Kinder, die eventuell noch verfügbaren bezahlten Freistellungen.
Auch bei ärztlichen Untersuchungen gewährt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eventuell noch verfügbare bezahlte Freistellungen. Dazu beantragt der Arbeitnehmer diese mindestens 15 Tage im Voraus und weist ein ärztliches Zeugnis oder nach der Untersuchung eine Bestätigung des Arztes vor. Wird die ärztliche Bescheinigung oder die Bestätigung des Arztes nicht vorgelegt, kann das Fernbleiben des Arbeitnehmers als unentschuldigt angesehen werden.

Recht auf Weiterbildung und Ausbildung

Arbeitnehmer mit einer Betriebszugehörigkeit von mehr als zwei Jahren haben das Recht auf vier Stunden bezahlte Weiter- bzw. Ausbildung pro Jahr. Die Kurse müssen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden.

Befristete Arbeitsverträge in Tourismusorten

Das zwischen den Parteien am 21. Juni 2019 unterzeichnete und 2020 verlängerte Protokoll bezüglich befristeter Arbeitsverträge in Tourismusorten findet weiterhin Anwendung und bleibt bis zum ersten Auslaufen des neuen Landeszusatzvertrages in Kraft.

Teilzeit

Die Möglichkeit des Abschlusses von Tages-Teilzeitverträgen (ein Tag pro Woche) mit einer Mindestdauer von sieben Stunden bleibt bestehen. Darüber hinaus ist es nun möglich Teilzeitverträge mit einer geringeren Wochenarbeitszeit als im nationalen Kollektivvertrag vorgesehen, abzuschließen. Die Mindestarbeitszeit muss jedoch drei Stunden pro Tag sein. Für den Abschluss solcher Verträge muss der Arbeitgeber bei der EBK eine verbindliche vorherige Stellungnahme einholen.

Elastische Klauseln

Die elastische Klausel darf nicht in den Hauptteil des Arbeitsvertrags aufgenommen werden, sondern muss als separate Vereinbarung unterzeichnet werden. Die Klausel darf eine maximale Laufzeit von zwölf Monaten, ab dem Datum der Unterzeichnung haben und wird stillschweigend verlängert, sofern sie nicht von einer der Parteien mit einer Frist von 30 Tagen schriftlich gekündigt wird.

Die einzelnen Stellungnahmen

Philipp Moser (Präsident hds): „Gute Nachrichten für die Sektoren Handel und Dienstleistungen: Wir haben lange verhandelt, aber immer in einer Atmosphäre von gegenseitiger Offenheit. Jetzt sind wir am Ende zu einem Ergebnis gekommen, das beide Seiten zufriedenstellt. Im vergangenen Jahr konnte in Rom der gesamtstaatliche Kollektivvertrag unterzeichnet werden, jetzt folgt die Erneuerung auf lokaler Ebene. Ich möchte im speziellen zwei Ergebnisse hervorheben: Die Anpassung des lokalen Gehaltsbestandteils und die für unser Südtirol und unser Territorium wesentliche Weiterführung der Saisonverträge in Tourismusorten. Dieser Punkt war auch der Grund für die Verzögerungen bei den Verhandlungen.“

Sandro Pellegrini (Vizepräsident hds): „Das territoriale Abkommen, das am 1. Juni 2025 in Kraft tritt und bis zum 31. Dezember 2027 gültig ist, hat eine sehr wichtige Bedeutung, da etwa 33.000 Arbeitnehmer im Sektor in Südtirol betroffen sind. Der Landeszusatzvertrag gilt für Unternehmen, die laut gesamtstaatlichem Kollektivvertrag im Tertiär-, Vertriebs- und Dienstleistungssektor tätig sind, sowie für deren Arbeitnehmer. Die wichtigsten Änderungen betreffen den wirtschaftlichen Teil, die Teilzeitverträge, bezahlte Freistellungen in besonderen Fällen, das Recht auf Weiterbildung und Studium sowie die elastischen Klauseln. Zum besseren Verständnis und um Interpretationsschwierigkeiten zu vermeiden, wurden auch einige Änderungen und Klarstellungen zu bereits vorhandenen Instituten vorgenommen.“

Alex Piras (Asgb Handel): „Am Ende von schwierigen Verhandlungen ist es nun gelungen, für die Beschäftigten im Südtiroler Handelssektor einige Besserstellungen gegenüber dem nationalen Kollektivvertrag zu erzielen. Der wichtigste Teil betrifft die Erhöhung des provinzialen Lohnelementes, das von 8 Euro in zwei Schritten auf 75 Euro brutto, zustehend für alle 14 Monatsgehälter, angehoben wird. Dadurch hebt sich der kollektivvertragliche Mindestlohn erstmals deutlicher vom restlichen Staatsgebiet ab, was angesichts der hohen Lebenshaltungskosten in Südtirol längst überfällig war. Darauf können wir nun in den zukünftigen Verträgen aufbauen.“

Hansjörg Adami und Ahmet Mulaj (Fisascat Sgb/Cisl): „Der neue Landeszusatzvertrag ist das Ergebnis eines teils schwierigen und intensiven Verhandlungsprozesses, in dem es gelungen ist, substanzielle Fortschritte und eine tragfähige Einigung zu erzielen. Die Erhöhung des territorialen Lohnelements und gezielte arbeitsrechtliche Anpassungen bringen eine spürbare Verbesserung für die Beschäftigten. Angesichts der strukturellen Herausforderungen im Handelssektor ist das ein bedeutsamer Schritt in die richtige Richtung.“

Stefano Picchetti und Elisa Lascialfari (Uiltucs Uil/Sgk): „Diese Vertragserneuerung ist eine konkrete Antwort auf die Arbeitsbedingungen im Handel, wo mit unregelmäßigen Schichten, hoher Belastung und geringer Stabilität gearbeitet wird. Wir haben uns nicht auf wirtschaftliche Aspekte beschränkt: Wir wollten ein Abkommen, das auch die Arbeitsorganisation und individuelle Rechte beeinflusst. Die Einführung des jährlichen Rücktrittsrechts von der elastischen Klausel stellt einen Wendepunkt dar: Erstmals können Teilzeitbeschäftigte jedes Jahr ihre zeitliche Verfügbarkeit neu verhandeln, um Ungleichgewichten und aufgezwungener Starrheit entgegenzuwirken. Hinzu kommt die Stärkung des Schutzes bei Teilzeitarbeit. Auf der Gehaltsebene stellt die Erhöhung des provinziellen Zuschlags eine konkrete Maßnahme gegen den Kaufkraftverlust dar, der durch die Lebenshaltungskosten in Südtirol verschärft wird. Es ist ein Ergebnis, das drei grundlegende Dimensionen vereint: Einkommen, Zeit und vertragliche Autonomie. Ein mit Methode und Verantwortung ausgehandeltes Abkommen, das die materiellen Bedingungen der Beschäftigten verbessert und den Wert der territorialen Verhandlungen als Instrument zur Umverteilung von Schutz und Freiheit bekräftigt.“

Bezirk: Bozen

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