Von: luk
Bozen – Der Sanitätsbetrieb ist nicht nur Südtirols Gesundheitsversorger, sondern hinter seinen Mauern wird verstärkt auch Forschung betrieben. Ein Umstand, der junge Medizinerinnen und Mediziner, die forschen möchten, nach Südtirol lockt.
Die Aussicht, neben den medizinischen Aufgaben auch die Möglichkeit zu haben, Forschung betreiben zu können, sei durchaus ein Pluspunkt, wenn junge, motivierte Medizinerinnen und Mediziner sich nach einer Arbeitsstelle umsehen. Der Südtiroler Gesundheitsbetrieb habe in den vergangenen Jahren verstärkt daran gearbeitet, den Bereich Forschung auszuweiten und zu unterstützen. So wurde im April 2021 der Dienst für Innovation, Forschung und Lehre (Innovation, Research and Teaching Service – IRTS) ins Leben gerufen, um den Ausbau des Forschungsbereichs voranzutreiben und Forschenden und Studierenden eine Anlaufstelle bieten zu können, erklärt der Sanitätsbetrieb.
Gleichzeitig wurde die Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Institutionen vorangetrieben und intensiviert. So bestehen nun in den Bereichen Forschung, Aus- und Weiterbildung und Lehre Kooperationen des Südtiroler Gesundheitsbetriebes mit der Paracelsus Medizinische Universität (PMU) in Salzburg, der Università Cattolica del Sacro Cuore in Rom, der Charitè in Berlin sowie der Mayo Clinic und der Stanford University in den USA.
Dass die Bemühungen der vergangenen Jahre wirken, zeige die Statistik, so der Sanitätsbetrieb. Im Jahre 2020 wurden vom Ethikkomitee für die klinische Prüfung und Erprobung des Südtiroler Sanitätsbetriebes 81 Studien genehmigt, 2021 waren es 86 und im Jahr darauf 65.
Im Jahr 2022 wurden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Südtiroler Sanitätsbetriebes 332 wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht, die den Vorgaben für wissenschaftliche Arbeiten entsprachen. Ganze 42 Abteilungen haben mit mindestens einer Veröffentlichung dazu beigetragen und rund 94 Prozent dieser Publikationen wurden in PubMed-gelisteten Zeitschriften veröffentlicht (PubMed ist eine Meta-Datenbank mit Referenzen auf medizinische Artikel).
Dabei sei Forschung im Südtiroler Sanitätsbetrieb kein Selbstzweck, sondern komme schlussendlich den Patientinnen und Patienten zugute. “Beispiel neue Medikamente: Bis diese von der nationalen Arzneimittelagentur zugelassen werden, vergehen meistens Jahre. Das bedeutet, dass während dieser Zeit Patientinnen und Patienten keinen Zugang zu diesen Therapien haben – außer sie sind in die entsprechende Studie involviert. Das heißt, dass dank praktizierter Forschung Patientinnen und Patienten sehr früh neue, vielversprechende Medikamente erhalten können. Dazu kommt, dass Ärzte, Pflegekräfte und andere an Studien aktiv beteiligte Personen allein durch diese Tatsache noch bewusster, genauer und präziser arbeiten, um das Forschungsergebnis nicht zu gefährden”, heißt es weiter.
Im Bereich Orthopädie laufen zurzeit mehrere Forschungsprojekte, und zwar an den orthopädischen Abteilungen am Krankenhaus Bozen und am Krankenhaus Brixen. “Die Ergebnisse und Erkenntnisse dieser Projekte brauchen keinen Vergleich mit jenen renommierter Forschungseinrichtungen zu scheuen. Das forschungsfreundliche Umfeld im Gesundheitsbetrieb sorgt dafür, dass sich junge Medizinerinnen und Mediziner und hoffnungsvolle Forscherinnen und Forscher für den Südtiroler Sanitätsbetrieb als Arbeitgeber entscheiden, anstatt Angebote aus dem Ausland anzunehmen”, so der Gesundheitsbetrieb.
Das treffe etwa auf Filippo Migliorini zu, der seit Juni 2023 an der von Primar Michael Memminger geleiteten Abteilung Orthopädie und Traumatologie des Landeskrankenhauses Bozen praktiziert und forscht. Migliorini hat an der Universität Pisa (Molekularbiologie) und der Universität Rom (Humanmedizin) sowie an der Uniklinik RWTH Aachen (Klinische und experimentelle Biomechanik) studiert. Der 35-Jährige, der bei verschiedenen wissenschaftlichen Journals im Herausgeber-Board sitzt und auch über einen Master Degree in Business and Administration verfügt, hat nach beruflichen Stationen an der Uniklinik RWTH Aachen und der Eifelklinik St. Brigida (Simmerath, D) – wo er weiterhin Forschungsabteilung für Klinische Orthopädie leitet – nun seinen Weg zum Südtiroler Sanitätsbetrieb gefunden. Nicht zuletzt aufgrund der vorhandenen Forschungsmöglichkeiten. In Bozen gründet Migliorini eine Clinical Trial Unit mit dem Ziel, die chirurgische sowie konservative Behandlung von Patienten zu optimieren sowie modernere und experimentellere evidenzbasierte Leitlinien und Verfahren zu implementieren.
Ähnliches gelte für Pier Francesco Indelli, der an der von Primar Christian Schaller geleiteten Abteilung Orthopädie und Traumatologie des Krankenhauses Brixen arbeitet und forscht. Indelli hat an der Universität Florenz Humanmedizin studiert und seine Facharztausbildung absolviert. Studien- und Arbeitsaufenthalte führten ihn an die Duke University, die Harvard T.H. Chan School of Public Health, die University of New Mexico, die University of Arizona sowie an die Stanford University School of Medicine (alle USA). An letzterer ist Indelli bis heute außerordentlicher klinischer Professor. Professor Indelli forscht unter anderem in Brixen, als Betreuer von vier jungen Doktoranden (PMU) und zwei Ausbildungsspezialisten der Universität L’Aquila. Professor Indelli ist Koordinator des neuen Labors für molekulare Diagnostik für Gelenk- und Muskel-Skelett-Infektionen. Professor Indelli ist außerdem Koordinator des Knierobotik-Projekts im Bezirk Brixen: Den in dieses Projekt einbezogenen Patientinnen und Patienten steht neben der intraoperativen Robotertechnologie auch ein Ganganalyselabor zur Verfügung, das sich der präoperativen und postoperativen Phase widmet und einem personalisierten Telerehabilitationsweg, der es ermöglicht, in ständigem Kontakt mit medizinischem Fachpersonal zu stehen.
Florian Zerzer, Generaldirektor: „Wir als Südtiroler Sanitätsbetrieb haben in den vergangenen Jahren sehr viel in Richtung Forschung und Wissenschaft angestoßen und auf den Weg gebracht. Zum einen, weil Forschung auch mehr Wissen und eine bessere Versorgung bringt und dies am Ende auch unseren Patientinnen und Patienten zugutekommt. Und zum anderen, weil es die Attraktivität des Sanitätsbetriebes für hochspezialisierte Fachkräfte erhöht. Nun sehen wir die ersten Früchte unserer Bemühungen.“