Von: mk
Bozen – Die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) hat seit Jahren ein kritisches Auge auf Lebensversicherungen mit aufwertbarem Kapital: Zu oft hätten Verbraucher hier das Nachsehen, zu viele der Produkte seien ungünstig für die Versicherten. „Das bemerken diese jedoch erst zum Ende der Vertragslaufzeit, oder eben beim frühzeitigen Ausstieg. Wenn dann das zu erhaltende Kapital nicht den Erwartungen entspricht, suchen viele nach Rat und Hilfe in der VZS“, wissen die Verbraucherschützer.
Dabei berichten die Konsumenten auch, mit welchen „Verkaufsargumenten“ man ihnen bei Vertragsabschluss die jeweiligen Produkte beschrieben habe. Die Verbraucherschützer meinen: Bei manchen dieser Aussagen ist das Prädikat „eigenartig“ eindeutig noch zu sanft. Da finden sich zum Beispiel Aussagen wie „… dies ist keine Lebensversicherung, nein nein, dies ist ein Sparprogramm!“ oder „… da Sie eine Autoversicherung bei uns haben, bekommen Sie eine Lebensversicherung gleich gratis dazu, Sie müssen nur eine Bestätigungszahlung tätigen!“. Oft höre man auch: „Wenn Sie diesen Vertrag unterzeichnen, dann gibt es das Konto-Korrent umsonst!“ oder „… Sie müssen uns nur dieses Dokument unterzeichnen, denn das Logo der Gesellschaft hat sich geändert und alle müssen einen Vertrag mit neuem Logo unterzeichnen.“
Des Weiteren kommen Sätze vor wie„… in der Datenbank haben wir gesehen, dass da noch Geld von einem alten Vertrag zu holen wäre und wenn Sie diesen Vertrag unterzeichnen können wir es zurück holen!“ oder „… nur wenn Sie diesen Vertrag unterzeichnen können wir Ihnen einen Skonto auf Ihre Autoversicherung machen.“
Bei einer Lebensversicherung mit aufwertbarem Kapital zahlen die Verbraucher jährlich, trimestral oder monatlich ihre Prämien ein; am Ende der Vertragslaufzeit oder bei Ableben des Versicherten wird ein bestimmtes Kapital ausbezahlt.
Die Verträge sehen zu Vertragsbeginn ein bestimmtes Anfangskapital vor, das Jahr für Jahr, aufgewertet wird. Die Prämien fließen in ein so genanntes Sondervermögen (gestione separata), welches von der Gesellschaft verwaltet wird. Ein im Vertrag festgelegter Anteil des aus dem Sondervermögen erwirtschafteten Überschuss wird dabei dem versicherten Kapital Jahr für Jahr angerechnet.
„Die tatsächlichen Ergebnisse dieser Lebensversicherungsverträge liegen leider sehr häufig unter den erwarteten Summen und vielfach bringen solche Versicherungsverträge den Verbrauchern auch schwerwiegende Verluste. Diese Verluste können verschiedenste Ursachen haben: Zum einen haben manche Verträge sehr hohe Vertragskosten und/oder aber es werden Abzüge bei vorzeitigem Austritt aus den Verträgen praktiziert – wenn man z.B. das Geld früher als erwartet benötigt und daher vorzeitig aus dem Vertrag aussteigen möchte“, erklärt die VZS.
Ein Blick auf das Prämienaufkommen mache schnell klar, dass man hier weit von einem „Nischen-Phänomen“ entfernt sei: 2015 betrug das Prämienaufkommen in der Sparte Lebensversicherungen in Italien mehr als 110 Milliarden Euro; wenn man das auf alle Einwohner zwischen 20 und 60 Jahren umlegt, so kommt man auf eine durchschnittliche Pro-Kopf-Ausgabe von knapp 3.400 Euro.
Das Fazit der VZS: „Bleiben Sie kritisch und vorsichtig Kapitallebensversicherungsverträgen gegenüber. Vor Vertragsunterzeichnung sollten Sie sich die Zeit nehmen, die Vertragsbedingungen durch zu lesen und zu verstehen. Zu umfangreiche Vertragsbedingungen könnten die zu tragenden Risiken sowie hohe Kosten verstecken. Ganz wichtig ist auch, die Beispiel-Berechnungen (progetto esemplificativo) in den Vertragsbedingungen genauer unter die Lupe zu nehmen, und zwar die „Ipotesi A“, weil diese die schlechtest-mögliche Entwicklung zeigt. Hier erhalten Sie einen ersten Überblick über die eingezahlten Prämien (cumulo premi) und die zu erwartende Auszahlung (riscatto), die sich Jahr für Jahr ergeben. Vorsicht: bei der „Hypothese B“ wird mit einem Zinssatz von 2% gerechnet, der aber keinesfalls garantiert wird.“
Sollten Verbraucher aufgrund der Komplexität des Produktes oder der (Fach)Sprache Schwierigkeiten haben, den Vertragsinhalt genau zu erfassen, empfiehlt es sich, bei unabhängigen Experten Rat einzuholen. Wer bereits ein solches Produkt unterzeichnet hat, kann vom so genannten Rücktrittsrecht Gebrauch machen. Der Versicherte kann vom Versicherungsantrag zurück treten, bis zum Erhalt der Versicherungsbestätigung oder vom Versicherungsvertrag innerhalb einer Frist von 30 Tagen, welche ab Erhalt der Versicherungsbestätigung läuft. Der Rücktritt muss schriftlich und per Einschreiben mit Rückantwort erfolgen.
Wer ein solches Produkt bereits unterzeichnet hat aber bereits über die Fristen für den Rücktritt ist, der sollte sich bei der Versicherung regelmäßig und in schriftlicher Form folgende Informationen einholen: die zu tragenden Kosten, die Höhe des versicherten Kapitals, die Prämiensumme und der aktuelle Rückkaufswert (ist die Summe die der Versicherte bei vorzeitiger Auflösung ausbezahlt bekommt).
Eine Vorlage für diese Informationsanfrage gibt es unter den Musterbriefen auf der Internetseite www.verbraucherzentrale.it.