Caritas warnt im Rahmen ihrer Hilfsaktion „Not ist näher als du denkst“

„Kein Auskommen mit dem Einkommen“

Dienstag, 08. November 2022 | 13:03 Uhr

Bozen – Strom, Gas, Heizung, Lebensmittel – alles ist teurer geworden, für gar einige zu teuer. „Immer mehr Menschen in Südtirol kommen mit ihrem Einkommen nicht mehr aus. Sie brauchen unsere Hilfe und Unterstützung, weil sie es aus eigener Kraft nicht mehr schaffen“, sagte Caritas-Direktorin Beatrix Mairhofer bei der Vorstellung der diesjährigen Spenden- und Sensibilisierungskampagne „Not ist näher als du denkst“. Diese findet heuer in der Woche vor und nach dem Caritas-Sonntag statt, der am 13. November in den Pfarreien begangen wird und den Papst Franziskus zum Welttag der Armen ausgerufen hat. In diesem Zusammenhang warnt die Caritas-Direktorin auch vor zunehmender Armut und sozialem Ungleichgewicht.

„In vielen unserer Dienste sind die finanziellen Sorgen der Menschen derzeit deutlich zu spüren“, sagt Caritas-Direktorin Beatrix Mairhofer. „Die aktuellen Preissteigerungen bei weitgehend gleichbleibenden Löhnen sind eine sehr große Belastung für viele Familien, vor allem für Personen mit geringem Einkommen oder Renten.“ Betroffen seien vor allem Alleinerziehende, kinderreiche Familien, Menschen mit Mindestpensionen oder mit Migrationshintergrund. „Die Schere zwischen Arm und Reich tut sich, trotz der Hilfspakete des Landes und des Staates, auch in Südtirol immer weiter auf, eine Entspannung ist nicht in Sicht. Das gefährdet den sozialen Frieden und den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, so Mairhofer. „Dadurch verschärfen sich die bereits bestehenden Ungleichheiten zwischen Gut- und Geringverdienern, zwischen Männern und Frauen, zwischen in Südtirol-Geborenen und Zuwanderern, zwischen Stadt- und Landbewohnern sowie zwischen Wohnungseigentümern und Mietern.“ Besonders betroffen zeigt sich Mairhofer vom Schicksal der älteren Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, ein bescheidenes Leben gewohnt sind, jetzt aber arm und verzweifelt sind: „Hier tragen wir alle eine gesellschaftliche Verantwortung, dieser müssen wir uns stellen!“

Die Auswirkungen von finanzieller Armut auf die Betroffenen sei fatal. „Wer sich die Miete, den Strom oder sonstige notwendige Ausgaben nicht leisten kann, rutscht schnell ins soziale Abseits“, weiß auch Mariano Buccella aus den Erfahrungen von seinem Dienst, der Caritas Sozialberatung: „Viele von den Betroffenen, die zu uns kommen, haben Angst, von den ordentlichen und außerordentlichen Ausgaben erdrückt zu werden, die Arbeit zu verlieren, nicht ausreichend für ihre Familien sorgen zu können. Der Grad, dabei selbst den Boden unter den Füßen zu verlieren, ist ganz schmal“, so Buccella. 719 Personen hätten sich seit Jahresbeginn hilfesuchend an die Caritas Sozialberatung gewandt. „Die Hauptsorgen dabei waren, die Spesen für Miete, Strom, Gas, Lebensmittel und Gesundheit nicht mehr stemmen zu können. Mehrere Personen sind bei uns auch vorstellig geworden, die in einer Sozialwohnung z.B. vom Wohnbauinstitut leben und jetzt nicht wissen, wie sie sich die Anzahlung auf die Mietnebenkosen, deren Endrechnung dann im Dezember kommt, leisten sollen. Diese Situation ist auch psychisch sehr belastend“. Betroffenen steht die Caritas Sozialberatung mit Gesprächen und Beratungen zur Seite; 60.000 Euro für Lebensnotwendiges hat sie heuer auch schon an finanzieller Unterstützung gewährt.

Wie sehr finanzielle Sorgen Menschen belasten können, darum weiß auch die Caritas Schuldnerberatung. Auch bei ihr haben heuer schon über 1.000 Personen angeklopft und um Hilfe gefragt. „Die meisten davon sind mittleren Alters, haben zwar ein Einkommen, das aber nicht ausreicht, um schon vorhandene Schulden und die verteuerten Fixspesen zu begleichen“, sagt die Leiterin Petra Priller. Die Schuldnerberaterinnen und –berater prüfen zunächst die finanzielle Situation jedes einzelnen und versuchen, mittels Ausarbeitung eines Finanzplanes, Verhandlungen mit den Gläubigern und Banken den Betroffenen etwas Luft zu verschaffen. „Auch die steigenden Zinsen für Kredite machen uns Sorgen, denn in naher Zukunft werden die Menschen mehr Geld benötigen um ihre Kredite zurückzubezahlen. Das wird nicht einfach“, so Priller. In besonders kritischen Fällen, wenn Personen oder Familien riskieren, ihre Wohnung zu verlieren, greift die Caritas den Betroffenen auch finanziell unter die Arme. Heuer wurden bis jetzt über die Caritas Schuldnerberatung über 110.000 Euro als Unterstützung für Miet- und Nebenkosten, sowie Strom- und Gasrechnungen ausbezahlt.
Eines der ganz großen Probleme ist der überteuerte Wohnungsmarkt. „Für viele unserer Betreuten sind diese Preise einfach nicht bezahlbar. In Krisenzeiten wie diesen wollen die Vermieter von ihren künftigen Mietern außerdem finanzielle Sicherheiten, die viele nicht bieten können. Hier haben besonders Menschen mit Migrationshintergrund, befristeten Arbeitsverträgen und sozial Benachteiligte das Nachsehen“, merkt Caritas-Direktorin Beatrix Mairhofer kritisch an. „Doch auch sie haben ein Recht auf Wohnen, das ist ein Menschenrecht!“

Dass immer mehr Menschen in Not geraten, beobachten auch die Vertreter der Pfarrcaritas in den Ortschaften draußen, beispielsweise in den Beratungsstellen vor Ort. „Sie sind nahe an den Menschen dran und werden oft um Hilfe gebeten. Damit sie auf die verschiedenen Bedürfnisse und Nöte reagieren zu können, ist es wichtig, ein breites Netzwerk aufzubauen, das die Betroffenen auffangen kann. Wir möchten dabei helfen und bieten daher für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pfarrcaritas, denen der verschiedenen Arbeitsgruppen in den Pfarrgemeinden, aber auch sonst allen Interessierten Sensibilisierungs- und Informationsabende in verschiedenen Orten an, wo hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Arbeit der Caritas Sozialberatung und der Schuldnerberatung vorstellen, um einen Einblick in das Hilfsnetzwerk zu geben“, sagt Brigitte Hofmann., die Leiterin des Bereiches „Caritas&Gemeinschaft“. „Ziel unserer Kampagne ‚Not ist näher als du denkst‘ ist ja auch, dass wir die Menschen dafür sensibilisieren, näher hinzuschauen, aufmerksam und achtsam gegenüber anderen zu sein und zu helfen, wo und wie jemand es halt kann“, sagt Hofmann.

„Tatkräftige Unterstützung erfahren wir zum Glück noch ganz viel“, sagt Caritas-Direktorin Beatrix Mairhofer. „Da sind in erster Linie unsere vielen Freiwilligen in den Diensten, aber auch draußen in den Pfarreien, die ihre kostbare Zeit hergeben, um Menschen in Not zu helfen“, bedankt sich Mairhofer bei ihnen. Auf Unterstützung hofft die Caritas-Direktorin aber auch vonseiten der beherzten Südtiroler Bevölkerung: „Gerade jetzt brauchen viele unsere Hilfe, die wir als Caritas auch gerne jedem kostenlos anbieten. Jeder hat die Möglichkeit, die Arbeit der Caritas entweder über die Kirchensammlung oder eine Bankspende zu unterstützen. Wir sind für jede Spende dankbar“, hofft Caritas-Direktorin Mairhofer auf große Solidarität mit den Menschen in Not in Südtirol.

Abschließend richtet Mairhofer noch einen Appell an alle Verantwortungsträger: „Die Mietpreise in Südtirol sind eindeutig zu hoch, das war schon vorher so, ebenso die Lebenshaltungskosten. Wenn wir hier alle an einem Strang ziehen, von der Politik angefangen, über die Wirtschaftstreibenden, die Hauseigentümer, die Sozialpartner bis hin zu jeder einzelnen Südtirolerin, dann wäre das eine viel längerfristige und effektivere Hilfe als einmalige Beitragszahlungen.“

Wer die Caritas bei ihrer Arbeit für Menschen in Not unterstützen möchte, kann dies bei der Kirchensammlung am Caritas-Sonntag tun, mit einer online-Spende unter www.caritas.bz.it oder mit einer Banküberweisung unter dem Kennwort „Caritas“ auf eines der folgenden Spendenkonten:

Raiffeisen Landesbank, IBAN: IT42 F0349311600000300200018
Südtiroler Sparkasse, IBAN: IT17 X0604511601000000110801
Südtiroler Volksbank, IBAN: IT12 R0585611601050571000032
Intesa Sanpaolo, IBAN: IT18 B0306911619000006000065

Von: mk

Bezirk: Bozen