Von: mk
Bozen – Südtirols Landwirtschaft nimmt den Klimaplan und das Ziel der Klimaneutralität ernst. Mit mehreren Vorzeigeprojekten zur CO2-Reduktion sowie Nachhaltigkeitsprojekten der Sektoren Wein, Obst und Milch arbeitet die Landwirtschaft intensiv am Klimaschutz. Große Chancen sieht der Südtiroler Bauernbund im Ausbau der erneuerbaren Energien, um die Klimaneutralität zu erreichen.
Der kürzlich vorgestellte Klimaplan der Landesregierung sieht einen solchen Ausbau der Energiegewinnung aus heimischer Biomasse und Photovoltaik vor. Durch die angestrebten Energieeffizienzsteigerungen und die Deckung des Eigenbedarfs an Energie wird die Landwirtschaft selbst resilienter und bleibt langfristig wettbewerbsfähig. „Auch der Ersatz von fossilem Öl und Gas in anderen Wirtschaftssektoren wird nur mit Hilfe der Landwirtschaft möglich sein“, unterstreicht SBB-Direktor Siegfried Rinner. Zum Beispiel sind Biogasanlagen, betrieben mit landwirtschaftlicher Biomasse, ein wichtiger Beitrag, um fossiles Gas oder Treibstoffe zu ersetzen. Die Landwirtschaft hat natürlich auch großes Flächenpotenzial für den Ausbau von Photovoltaik ohne zusätzlichen Flächenverbrauch – sowohl auf Dächern als auch bei der Doppelnutzung von Obstanlagen.
Potenzial sieht der Bauernbund auch im Ausbau der Kohlenstoffbindung. „Durch gezieltes Management kann die Land- und Forstwirtschaft vorhandenes Kohlendioxid in Böden und Pflanzen binden“, erklärt Rinner. „Dadurch leisten wir bereits aktiven Klimaschutz und sind Teil der Lösung beim Erreichen der Klimaziele.“ Die Kohlenstoffbindung soll künftig gemessen und durch Maßnahmen wie Humusaufbau verstärkt werden. Auch der Holzbau soll als langfristige Kohlenstoffsenke gestärkt werden. Hier ist es wichtig, dass von der baulichen Nutzung bis zum Energieholz auf regionale Kreisläufe aufgebaut wird und entsprechend Anreize geschaffen werden. Dann kann der Beitrag der privaten Waldbesitzer zum Klimaschutz immens sein.
Der Bauernbund arbeitet bereits gemeinsam mit den Sektoren Wein, Obst und Milch sowie dem Landwirtschaftsressort an sogenannten Leuchtturmprojekten. Zu diesem Zweck wurde eine Aktionsgruppe mit allen Stakeholdern eingerichtet. Eines der Leuchtturmprojekte zielt auf die Erstellung eines CO2-Rechners in Zusammenarbeit mit der Klimahausagentur ab. Mithilfe des Rechners sollen Landwirtschaftsbetriebe ihren CO2-Fußabdruck messen, um daraus Einsparpotenziale abzuleiten. Ein weiteres Leuchtturmprojekt betrifft die Nutzung von organischem Dünger im Obstbau, um Kreisläufe zu schließen. „Diese Projekte befinden sich bereits in der Umsetzung, dazu kommen noch die einzelnen Nachhaltigkeitsstrategien, welche die Sektoren jeweils vorantreiben“, unterstreicht Rinner.
Die Landwirtschaft ist auch deshalb Vorreiter beim Klimaschutz, weil sie unmittelbar vom Klimawandel betroffen ist, so der SBB-Direktor: „Die Erwärmung wird uns vor große Herausforderungen stellen, der Klimaschutz liegt darum in unserem ureigenen Interesse.“ Im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren werden die Anpassungsmaßnahmen eine große Rolle spielen, bereits jetzt entstehen den Bäuerinnen und Bauern zusätzliche Kosten für Versicherungen und Schadensausgleichsmaßnahmen.
Die Maßnahmen im Klimaplan der Landesregierung sind für die Landwirtschaft im Vergleich zu anderen Sektoren sehr umfassend und auch detailliert ausgeführt. „Wir hoffen, dass auch in anderen Bereichen ähnlich ambitioniert an die Sache herangegangen wird“, sagt Rinner.
Vor allem müssten die Besonderheiten der Landwirtschaft berücksichtigt werden. In der Lebensmittelproduktion geht es oft um natürliche Prozesse wie der Verdauung im Kuh-Magen. Dadurch kommt es zur Emission von Kohlenstoff, der in Biomasse wie Heu oder anderen Futtermitteln gebunden war und ein Teil davon geht auch wieder über den Mist in den Bodenkohlenstoffkreislauf zurück. Während auch eine Emissionsminderung aus biogenen Quellen wichtig ist, muss aber der Schwerpunkt darauf liegen, in allen Wirtschaftsbereichen und im Privaten die Emissionen aus fossilen Brennstoffen, also aus Erdgas, Öl und Kohle, massiv zu reduzieren.
Zudem erzeugen Bäuerinnen und Bauern Lebensmittel, die der Ernährung dienen und, anders als andere Güter, unverzichtbar sind. Auch hier sollte klar sein, dass die gesellschaftliche Priorität auf dem Konsum qualitativ hochwertiger und regionaler Lebensmittel liegen sollte. Wenn Klimaschutzmaßnahmen in der Südtiroler Landwirtschaft umgesetzt werden sollen, dann erfordert das von allen das Bewusstsein, dass der wahre Luxus ein vor Ort nachhaltig produziertes Lebensmittel ist. „Die Lebensmittelproduktion kann nicht vollkommen emissionsfrei gestaltet werden“, erklärt Rinner, „aber die Landwirtschaft kann und will ihren Beitrag leisten, um die Klimaziele zu erreichen und damit auch am Markt zu bestehen.“