Von: luk
Bozen – In den Labors des Instituts für Biomedizin von Eurac Research sind die ersten Organoide für wissenschaftliche Untersuchungen bereit. Die Forscher und Forscherinnen züchten Organoide – winzige Nachbildungen menschlicher Organteile, die aus Stammzellen gewonnen werden – und setzen sie in spezielle Mikrochips ein, die es ermöglichen, ihr Wachstum und ihre Reaktion auf Reize und Medikamente zu untersuchen. Diese Methode erlaubt es, Krankheiten auf innovative Weise zu erforschen und Therapien zu testen, und eröffnet neue Wege für eine ethische, auf Gesundheit und Prävention ausgerichtete medizinische Forschung.
Organoide sind dreidimensionale Cluster menschlicher Zellen, die in vitro erzeugt werden, um die funktionelle, strukturelle und biologische Komplexität menschlicher Organe nachzuahmen. Obwohl sie nur die Größe eines Stecknadelkopfes haben, ist ihr Potenzial enorm: Sie können sich wie Herz-, Hirn- oder Rückenmarksgewebe verhalten, so dass es möglich ist, einen Krankheitszustand nachzubilden, Therapien und Medikamente zu testen und die Reaktion des Patienten vorherzusagen. Und das alles viel genauer als mit den bisher verwendeten Methoden und ohne den Einsatz von Tiermodellen. Die internationale Wissenschaftsgemeinschaft ist seit Langem bestrebt, Tierversuche abzuschaffen – aus ethischen Gründen, aber auch, weil die Ergebnisse nur begrenzt auf den menschlichen Organismus übertragbar sind.
In Südtirol sind Tierversuche im Gegensatz zu anderen Regionen Italiens verboten. Das Institut für Biomedizin arbeitet deshalb seit Jahren daran, sie dauerhaft durch Systeme auf Basis von induzierten pluripotenten Stammzellen sowie neuerdings durch Organoide zu ersetzen. „Unsere Forschung konzentriert sich derzeit auf den neurologischen und kardiologischen Bereich. Die ersten Gehirnorganoide, die wir entwickelt haben, betreffen vor allem das Mittelhirn. Sie werden es uns erlauben, Krankheiten wie Parkinson zu erforschen, wobei unser Fokus auf den der Erkrankung zugrundeliegenden molekularen Mechanismen liegt“, erklärt Francesca Pischedda, Forscherin am Institut für Biomedizin. Dank fortschrittlicher Bildgebungsmethoden kann das Forschungsteam die Organoide im Detail beobachten und Veränderungen in ihrer Entwicklung und Funktion verfolgen. Um dem Verhalten echter Organe so nahe wie möglich zu kommen, werden Hirnorganoide auf Chips gezüchtet. Organs-on-chips (so genannte OoCs) sind innovative Versuchsplattformen, die Gewebezüchtung und Mikrotechnologie verbinden. Der Chip ermöglicht es, die elektrische Aktivität von Zellen zu messen und die Umgebung so zu steuern, dass das Organ sich verhält, als befände es sich im Körper.
„Wir sind sehr stolz auf die Fortschritte, die wir mit dieser Technologie erzielt haben. Wir gehören zu den wenigen Forschungszentren in Italien, die sich ausschließlich auf die Entwicklung von alternativen und ergänzenden Methoden zu Tierversuchen für die präklinische Forschung konzentrieren. Bei den Gehirn-Organoiden sind wir schon sehr weit, und Kolleginnen und Kollegen arbeiten an Organoiden, die das Gewebe des Rückenmarks und des Herzens nachbilden“, erklärt Paolo Cesare, Forscher am Institut für Biomedizin von Eurac Research. Die Forschung an Organoiden wird durch zwei Projekte unterstützt, die von Eurac Research koordiniert und von der Europäischen Union kofinanziert werden: INNo-CHIP, eine grenzüberschreitende Kooperation zwischen Italien und der Schweiz, in der 25 Partner zusammenarbeiten, um OoC-Prototypen zu entwickeln, die die menschliche Biologie genau nachahmen, und damit die medizinische Forschung und die Entwicklung neuer Behandlungen zu verbessern, sowie Innovation anzuregen und die Gründung von Start-ups zu unterstützen; und CELLMED, das die Laborkapazitäten von Eurac Research ausbauen und innovative menschliche Zellmodelle entwickeln wird, um Krankheitsmechanismen zu untersuchen und das Screening von Medikamenten zu beschleunigen.
„Unsere Forschung an Organoiden ist ein wichtiger Schritt hin zu einem gesundheitsorientierten Ansatz, der als Precision Health bekannt ist – eine globale Priorität, die auch wir uns zu eigen gemacht haben. Es geht darum, zu verstehen, wie Krankheiten entstehen, bevor Symptome auftreten, und dieses Wissen zu nutzen, um wissenschaftlich fundierte Strategien für eine gezielte Prävention zu entwickeln – immer mit dem Ziel, die allgemeine Gesundheit zu erhalten und zu verbessern“, erklärt Andrew Hicks, stellvertretender Leiter des Instituts für Biomedizin von Eurac Research.
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