Von: ka
Brixen – Am Montagabend fand bei der Durst Phototechnik AG in Brixen der Unternehmerempfang 2019 mit über 500 angemeldeten Gästen statt. Dabei hielt der Vizepräsident des Unternehmerverbandes Südtirol, Nikolaus Tribus, eine Ansprache:
Sehr geehrte Ehrengäste,liebe Unternehmerkolleginnen und -kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Herzlich willkommen bei unserem traditionellen Unternehmerempfang!
Ich möchte heute kurz über eine der ureigensten Eigenschaften von Unternehmerinnen und Unternehmern sprechen – über den Mut, Verantwortung zu übernehmen.
Beginnen möchte ich mich mit diesem Bild der „Kapferer-Werkstatt“ in Brixen. In dieser Werkstatt sind im Jahre 1929, also vor 90 Jahren, die ersten Teile der Produkte des Unternehmens entstanden, bei dem wir heute zu Gast sind. In dieser kleinen Werkstatt hat die Unternehmensgeschichte von Julius und Gilbert Durst begonnen. Wie viele unserer Unternehmen sind in einer solchen Werkstatt, in einem Dachboden, einem Keller, einer Garage entstanden? Dieses Bild und die Entwicklung des Unternehmens in den drauffolgenden Jahrzehnten spiegeln unsere Vision von Unternehmensentwicklung wider: Kleinstunternehmen entwickeln sich zu Kleinunternehmen, Kleinunternehmen zu Mittelunternehmen, Mittelunternehmen zu Großunternehmen und Großunternehmen zu Global Player. Jede Weiterentwicklung eines Unternehmens, schafft Mehrwert und neue Arbeitsplätze. Mit der Gründung eines Unternehmens, übernimmt die Unternehmerin, der Unternehmer, eine große Verantwortung – gegenüber seiner Familie, den anderen Gesellschaftern, den Mitarbeitern, den Lieferanten und den Kunden. Letztendlich verlangt die Gründung eines Unternehmens den Mut, Verantwortung zu übernehmen – und zwar gegenüber der gesamten Gesellschaft.
Das Unternehmen und die Unternehmerfamilie, bei der wir heute zu Gast sein dürfen, ist ein hervorragendes Beispiel dafür. Wenn Brixen heute oft als die Silicon Valley Südtirols bezeichnet wird, so ist dies vor allem auch Verdienst dieses Unternehmens. Im Laufe der Jahre sind aus diesem Unternehmen heraus weitere Betriebe entstanden, die sich alle durch ständige Innovationsbereitschaft auszeichnen. Die Unternehmensfamilie und die Manager, die die Durst-Alupress Gruppe in diesem Entwicklungsprozess begleitet haben, haben diese soziale Verantwortung, auf die ich vorher verwiesen habe, immer wahrgenommen. Die Investition in diesen neuen Sitz ist der beste Beweis dafür: als Unternehmer auf den Standort Südtirol zu setzen, obwohl er gegenüber anderen Wirtschaftsstandorten durchaus auch objektive Wettbewerbsnachteile aufweist – denken wir an die Steuern auf Arbeit, die zu den höchsten Europas zählen, an die Grund- und Energiepreise, die um 30 Prozent höher liegen als in anderen EU-Staaten, an die schwierige Erreichbarkeit, an den Fachkräftemangel, der sich Tag für Tag zuspitzt – erfordert großen Mut. Ich möchte mich daher bei Christof und Harald Oberrauch für die Gastfreundschaft bedanken, aber vor allem dafür, dass sie mit ihrem Handeln und ihrer Unternehmensstrategie Tag für Tag die große Bereitschaft der Südtiroler Unternehmerinnen und Unternehmer aufzeigen, soziale Verantwortung für unser Land zu übernehmen. Wir sehen es hier in Brixen und wir sehen es auch in allen anderen Bezirken unseres Landes: es sind unsere Unternehmen, die vor Ort investieren und neue Arbeitsplätze schaffen!
Ich sage dies hier aus tiefster Überzeugung und beziehe mich dabei vor allem auch auf einige Behauptungen, die auf nationaler Ebene immer wieder ausgesprochen werden. Einige bezeichnen uns als „Nehmer“, nicht als „Unternehmer“. Hier muss ich mit absoluter Klarheit betonen: unser Verband vereint Unternehmerinnen und Unternehmer, Managerinnen und Manager und er lebt und entwickelt sich durch deren täglichen Einsatz. Seine Aufgabe ist es aber, die Interessen der Unternehmen zu vertreten. Ein Unternehmen besteht aus dem Unternehmer, den Managern, den Mitarbeitern und ihren Familien; mit einem Unternehmen sind weitere Unternehmen und deren Familien eng verknüpft.
Wenn wir auf die Menschen schauen, die in den Mitgliedsbetrieben des Unternehmerverbandes arbeiten, so vertreten wir die Interessen von 40.000 Südtiroler Familien! Diesem Auftrag kommen wir mit großer Verantwortung nach. Öffentliche Beiträge für jede noch so kleine Investition werden immer wieder eingefordert. Der Unternehmerverband hat sich immer klar gegen Beiträge nach dem Gießkannenprinzip ausgesprochen und ist für gezielte Förderungen für Innovation, Internationalisierung und Ausbildung und vor allem für Steuererleichterungen für Familien und Unternehmen eingetreten. Die Generalsekretäre der Gewerkschaftsorganisationen können es bezeugen: mit ihnen haben wir 2013, als wir alle von der Wirtschaftskrise am stärksten betroffen waren, ein gemeinsames Dokument unterzeichnet, in dem wir alle zusammen nicht für die Unternehmen, sondern für deren Mitarbeiter/innen eine Steuerentlastung auf deren Entlohnung gefordert haben. Auch dafür braucht es Mut, Verantwortung zu übernehmen, so wie die Bereitschaft Leistung zu belohnen! Unsere Mitgliedsunternehmen erkennen den Wert ihrer Mitarbeiter/innen und zahlen deshalb Löhne aus, die um 40 Prozent über dem Landesdurchschnitt liegen. Sie investieren ständig in die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter/innen, denn nur wer die Kompetenzen innerhalb eines Unternehmens stetig erneuert, hat nachhaltig auf den Märkten in aller Welt Erfolg.
Unser Markt ist nämlich die Welt! Das gilt für die Industrie genauso wie für alle anderen Wirtschaftssektoren. Die jüngsten ASTAT-Daten haben eindrucksvoll belegt, dass das verarbeitende Gewerbe über 90 Prozent des gesamten Südtiroler Exports erwirtschaftet. Dieser Erfolg im Ausland ist keine Selbstverständlichkeit, er ist der Lohn für den Einsatz, die Begeisterung, die Kreativität und die Qualität der Leistung, die jeden Tag in und von unseren Unternehmen erbracht werden. Regionale Kreisläufe zu stärken ist wichtig, aber noch entscheidender ist es unsere Unternehmen in der Eroberung neuer Märkte zu unterstützen: es ist nämlich die globale Wettbewerbsfähigkeit, die Investitionen und Arbeitsplätze vor Ort garantiert!
Der Erfolg im Ausland hängt ganz entscheidend auch von der Offenheit unseres Landes ab. Auch hier sind wir gefordert, Verantwortung zu übernehmen. Ohne Europa haben wir im globalen Umfeld mit Mitbewerbern wie China, USA oder Russland keine Chance. Das gilt für Italien, Frankreich, Deutschland und alle anderen EU-Mitglieder: alleine, ohne Europa, wird in wenigen Jahren kein einziger dieser Staaten mehr unter den G7 – Ländern zu finden sein. Wir müssen uns ganz klar zu Europa bekennen: Wir sind Europäer! Das trifft besonders für uns Südtiroler zu. Wir leben in einem Land, das Bindeglied im Herzen Europas ist. Der Brenner ist ein Symbol für unser vereintes Europa geworden: diese Grenze, die es heute nicht mehr gibt, verinnerlicht die vier Grundfreiheiten der europäischen Gemeinschaft. Der freie Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr muss modernisiert und noch effizienter werden, indem wir alle dafür bestehenden Möglichkeiten nutzen und auf innovative Technologien setzen. Straßen-, Schienen-, Datennetze schließen sich gegenseitig nicht aus, sie ergänzen sich vielmehr! Effiziente Infrastrukturen vernetzen Europa: darauf gilt es zu setzen und nicht auf Verbote, die Grenzen wiederaufbauen, die endgültig überwunden sein sollten.
Als Europäer sind wir uns bewusst, dass die Mehrsprachigkeit ein Wert ist, den wir noch besser vermitteln und entfalten müssen: sie trägt zum guten Zusammenleben bei und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Für diese und weitere Herausforderungen ist die Zusammenarbeit mit den Schulen ausschlaggebend. Schulen und Unternehmen haben einen gemeinsamen Auftrag: die bestmöglichen Kompetenzen zu vermitteln. Die Schule unseren Jugendlichen, die Unternehmen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. In den Schulen und in den Unternehmen sind wir auf kompetente, begeisterte und motivierte Ausbildner angewiesen. Auch hier gilt: besondere Leistung muss erkannt und honoriert werden!
Der Mut, Verantwortung zu übernehmen, setzt Vertrauen voraus. Vertrauen ist entscheidend! Steigt das Vertrauen der Unternehmen, nehmen Investitionen und Arbeitsplätze zu. Vertrauen baut man Tag für Tag auf indem man den Dialog sucht, einander zuhört, das eigene Wort hält und alle miteinbezieht. Genau das ist uns gemeinsam gelungen, als wir die schlimmste Krise der Nachkriegszeit überwunden haben! Südtirol weist heute nicht nur die höchste Lebensqualität in Italien auf, Südtirol befindet sich unter den 20 wohlhabendsten Regionen Europas!
Was liegt dieser Entwicklung zugrunde? Warum konnte sich Südtirol als einzige italienische Region auch während der Krise weiterentwickeln? Die Wirtschaftsexperten der Banca d’Italia haben eine sehr klare Antwort auf diese Frage. Sie ist in dieser Grafik wiedergegeben: die positive Entwicklung Südtirols hängt mit seiner Re-Industrialisierung zusammen. Diese Feststellung teilen nicht nur Wirtschaftsexperten. Auch in der Regierungsvereinbarung zwischen Südtiroler Volkspartei und Lega wird darauf hingewiesen, dass die Industrieunternehmen einen überdurchschnittlich hohen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt Südtirols leisten, dass ihr Beitrag zur Exportleistung und ihre Investitionen in Forschung und Entwicklung unverzichtbar sind und dass es notwendig ist, wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen zu schaffen. Wir stimmen dem zu: der Beitrag und die Bedeutung der Industrie und unserer Unternehmen muss erkannt werden und wir müssen sie unterstützen, um Wohlstand und Wohlfahrt in unserem Lande zu stärken!
Apropos Vertrauen. Auf nationaler Ebene werden wieder Forderungen nach einem Staat laut, der künftig auch wieder verstärkt unternehmerische Aufgaben übernehmen soll – einige Vorschläge in diese Richtung finden sich auch in der Regierungsvereinbarung auf Landesebene wieder. Südtirol zeichnet sich diesbezüglich durch den verantwortungsvollen Umgang mit seiner Autonomie und die konsequente Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips aus. Darauf sind wir stolz, diesen Weg gilt es weiterzugehen. Eine effiziente öffentliche Verwaltung spielt nicht Unternehmer, sie ist ihr Partner! Sie schafft die notwendigen Rahmenbedingungen dafür, dass Unternehmen investieren, sich entwickeln und neue Märkte erobern können. Gemeinsam sind wir gefordert, Bürokratie abzubauen und Abläufe schlanker zu gestalten. Dafür sichern wir unsere vollste Unterstützung zu.
Ich wiederhole das, was wir als Präsidium gemeinsam in einem offenen Brief an alle im Landtag vertretenen politischen Parteien formuliert haben: unsere Unternehmen verlangen keine Geschenke, sie brauchen einzig und allein ein wettbewerbsfähiges Umfeld und gleiche Regeln wie ihre Mitbewerber im Ausland!
In diesem Sinne wünsche ich auch der neuen Landesregierung den Mut, Verantwortung zu übernehmen. Besonders wünsche ich dies unserem Landeshauptmann Arno Kompatscher, der in der letzten Legislaturperiode auch unser zuständiger Landesrat war und dem wir für seinen Einsatz herzlich danken. Er wird gemeinsam mit den anderen Mitgliedern der Landesregierung auch in den kommenden fünf Jahren unser wichtigster Ansprechpartner sein. Es kommen große Herausforderungen auf uns zu. Die Verwaltungsreform auf allen Ebenen, die Wiederherstellung eines ausgeglichenen Verhältnisses zwischen laufenden Spesen und Investitionen im Landeshaushalt, die Wiederbelebung des Mietmarktes um leistbares Wohnen zu garantieren, der demografische Wandel, die digitale Revolution, die Realisierung von Infrastrukturen, die unser Land, unsere Gemeinden, unsere Unternehmen und Familien mit dem Rest der Welt vernetzen und erreichbar machen. Das gilt auch für den Flughafen: wir respektieren das Ergebnis der Volksbefragung, wir werden aber auch Privatinvestitionen in diese Infrastruktur unterstützen. Erreichbarkeit schafft Lebensqualität und Wohlstand! Das haben vor einigen Wochen in Turin mehr als 3.000 Unternehmer aller Wirtschaftssektoren eindrucksvoll unterstrichen: unsere Unternehmen protestieren nicht gegen etwas oder jemanden, sondern sie setzen sich für etwas ein. Wir stehen für Dialogbereitschaft, für Austausch, für respektvollen Umgang miteinander. Vor allem aber stehen wir für Fortschritt und Entwicklung.
Dabei gilt für uns: gute Wirtschaftspolitik ist zugleich auch gute Sozialpolitik. Soziale Ungleichheit bekämpft man am besten, indem man Ressourcen für das Wohlfahrtssystem und neue Arbeitsplätze schafft.
Diese Überzeugung lag in der letzten Legislaturperiode auch der strategischen Ausrichtung der Landesregierung zugrunde. Die Reduzierung der Steuerlast für Familien und Unternehmen hat sich als zukunftsweisend erwiesen. Dank des Wirtschaftswachstums und des Aufschwungs am Arbeitsmarkt ist auch der Landeshaushalt gestiegen. Seit 2013 hat die Landesregierung auf Steuereinnahmen in Höhe von rund 300 Millionen Euro verzichtet, das Wirtschaftswachstum hat aber zusätzliche Einnahmen in Höhe von über einer Milliarde Euro und 20.000 neue Arbeitsplätze gesichert. Es freut uns, dass der erste Punkt der Wirtschaftsagenda in der Regierungsvereinbarung gerade die steuerliche Entlastung betrifft. Hier sollten wir ansetzen: es gibt bei der Wertschöpfungssteuer IRAP und beim regionalen IRPEF-Zuschlag noch Gestaltungspotenzial, vor allem aber ist es an der Zeit, eine Ungleichbehandlung bei der GIS zu beseitigen, die seit zu vielen Jahren besteht. Für gewerbliche Immobilien, in denen der Großteil der Arbeitsplätze entsteht, gilt ein Steuersatz, der mehr als doppelt so hoch ist wie jener der landwirtschaftlichen Produktionshallen. Gleiche Tätigkeiten müssen gleich besteuert werden: auch für gewerbliche Produktionshallen soll der GIS Steuersatz auf 0,2 Prozent gesenkt werden!
Besonders herzlich möchte ich den Rektor der Freien Universität Bozen, Paolo Lugli, begrüßen. Auch er beweist Mut, Verantwortung zu übernehmen, indem er immer wieder betont, dass die Universität noch stärker mit den Unternehmen zusammenarbeiten und mehr Drittmittel akquirieren muss. Auch unsere Unternehmen sind gefordert, diese verstärkte Zusammenarbeit zu suchen. Unsere Betriebe streben nach Innovation und wollen neue Märkte erobern: dafür brauchen sie neue Talente und die Universität ist der geeignetste Platz, um diese Talente zu finden. Gemeinsam mit der Freien Universität Bozen ist es uns gelungen, Ausbildungswege zu entwickeln, die genau auf die Bedürfnisse unserer Unternehmen abgestimmt sind: ich denke dabei an Sektoren wie Lebensmittel, Holz, Automotive oder an die Fakultät für Ingenieurwesen. Auch wenn wir erst am Beginn unseres Weges stehen, haben wir bewiesen, dass wir gemeinsam riesige Herausforderungen wie die Ausbildung, die Vermittlung neuer Kompetenzen und den Fachkräftemangel angehen können.
Diese Öffnung gegenüber den produzierenden Unternehmen wünsche ich mir auch vom NOI Techpark und den restlichen Forschungseinrichtungen. Innovation findet nämlich in den Unternehmen statt: um Südtirols Innovationskraft nachhaltig zu stärken, müssen wir auf die Unternehmen setzen. Ein Technologiepark kann ohne Unternehmen nicht überleben; Labors, die nicht auf die Bedürfnisse der Unternehmen ausgerichtet sind, können sich nicht nachhaltig finanzieren. Unsere Unternehmen sind bereit, Verantwortung zu übernehmen und für die Dienstleistungen zu zahlen. Ich wiederhole es: wir verlangen keine Geschenke, sondern wettbewerbsfähige Dienstleistungen. Wenn der Technologiepark sich an den Bedürfnissen der Unternehmen orientieren will, dann ist der einfachste Weg jener, direkt den Kontakt mit den Unternehmen aufzunehmen. Bislang ist dies nicht ausreichend erfolgt, aber es ist nicht zu spät, die Zusammenarbeit und Unterstützung unserer Unternehmen, unserer Champions der Innovation, zu suchen. Wir sichern dafür unsere volle Unterstützung zu.
Liebe Unternehmerkolleginnen und –kollegen! Danke für den Mut und die Verantwortung, die Tag für Tag Euer Handeln bestimmen: es ist genau dieser Unternehmergeist der uns alle auszeichnet, die wir in Südtirol leben und arbeiten, und der ausschlaggebend ist für die Wohlfahrt in unserem Lande!
Ich wünsche uns allen, dass uns diese Begeisterung und die Bereitschaft, die Dinge in die Hand zu nehmen und weiterzubringen, auch in Zukunft erhalten bleibt!
Ich wünsche allen ein glückliches und erfolgreiches Jahr 2019!