Expertentreffen im NOI Techpark

Nachhaltige Lebensmittelproduktion Made in Südtirol

Donnerstag, 09. Mai 2024 | 16:10 Uhr

Bozen – Unter dem Motto „TOTAL LOCAL“ hat am 09. Mai 2024 im NOI Techpark in Bozen die sechste Ausgabe des Tages der Lebensmitteltechnologien des Versuchszentrums Laimburg stattgefunden. Die wissenschaftlichen Vorträge, die sich an Vertreter der Südtiroler Lebensmittelbranche richteten, behandelten verschiedene Themen: den Ersatz von künstlichen Zusatzstoffen durch natürliche Inhaltsstoffe zur Haltbarmachung von Produkten, die Wiederverwendung landwirtschaftlicher Nebenprodukte in der Lebensmittelproduktion und -verarbeitung, die Entwicklung neuer Lebensmittelprototypen mit besonderem Fokus auf der Förderung der menschlichen Gesundheit sowie innovative Analysemethoden zur Gewährleistung der Authentizität von Lebensmitteln.

Der Landesrat für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Tourismus, Luis Walcher, betonte in seinen Grußworten die Bedeutung der Aufwertung regionaler Bergprodukte, der Förderung der Vielfalt im Anbau und der Anwendung nachhaltiger Verfahren bei der Verarbeitung zu hochwertigen Produkten: „Die wissenschaftliche Forschung des Versuchszentrums Laimburg ist für die Südtiroler Unternehmen der Lebensmittelbranche äußerst wichtig. Ziel ist es, diesem Sektor das nötige Wissen zur Verfügung zu stellen, um erfolgreiche Praktiken zur Produktion im Sinne einer Kreislaufwirtschaft zu fördern und dadurch Neben- und Abfallprodukte in wertvolle Ressourcen zu verwandeln. Dieser Ansatz ist für die Erhaltung und Aufwertung unserer kulturellen Identität sowie für die Produktivität unserer Region von entscheidender Bedeutung“.

„Die Zusammenarbeit zwischen Forschungsinstituten, Universitäten und Unternehmen ist ein Grundpfeiler unserer Forschungs- und Versuchstätigkeit. Wir sind stets bestrebt, den Technologietransfer zur lokalen Industrie zu erleichtern und zu beschleunigen. Machbarkeitsstudien, Optimierungen der Entwicklung und Validierung innovativer Methoden gehören zu den Ansätzen unserer Tätigkeit. Dank der aktiven Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen und Forschungseinrichtungen auf nationaler und internationaler Ebene liefert das Versuchszentrum Laimburg konkrete Lösungen für Probleme in der Praxis und trägt zur Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit der Südtiroler Agrar- und Ernährungswirtschaft bei. Die am heutigen Tag vorgestellten Projekte sind das beste Beispiel dafür,” ergänzte Angelo Zanella, Leiter des Instituts für Berglandwirtschaft und Lebensmitteltechnologie am Versuchszentrum Laimburg.

Nachhaltige Lebensmittelproduktion: Konkrete Beispiele aus der Forschung

Das Versuchszentrum Laimburg gibt an: „Die Arbeitsgruppe ‚Obst- und Gemüseverarbeitung‘ des Versuchszentrums Laimburg widmet sich unter anderem der Herstellung von haltbarem Kren ohne künstliche Zusatzstoffe. Dabei haben die Experten mit gezielten technologischen Maßnahmen jene Enzyme inaktiviert, welche die typische und unerwünschte Bräunung des Krens verursachen. Außerdem wurde anstelle von Zitronensäure unreifer Traubensaft als Säuerungsmittel verwendet, um der Logik der Kreislaufwirtschaft und nachhaltigen lokalen Lebensmittelproduktion nachzukommen.“

Wenn eine Zutat in der Rezeptur und Entwicklung verändert wird, kommen nach Angaben des Forschungszentrums in der wissenschaftlichen Forschung sogenannte sensorische Unterschiedstests zum Einsatz. Die Arbeitsgruppe „Lebensmittelsensorik“ des Versuchszentrums Laimburg wendet dabei eine Reihe von Methoden an, mit denen die Erzeuger überprüfen können, ob ein sensorisch wahrnehmbarer Unterschied zwischen dem ursprünglichen Produkt und dem neuen Prototyp besteht, so das Forschungszentrum. Auf diese Weise können Veränderungen in der sensorischen Wahrnehmbarkeit des Produkts, die z. B. durch eine Verringerung des Zuckergehalts, die Zugabe oder den Ersatz durch natürliche Zutaten verursacht werden, während des Produktionsprozesses und der Lagerung überprüft werden.

Die Arbeitsgruppe „Fermentation und Destillation“ des Versuchszentrums Laimburg hat an der Verwendung lokaler Hülsenfrüchte geforscht, um fermentierte Lebensmittel herzustellen, die dem Tempeh, einem traditionellen indonesischen Lebensmittel, ähneln und eine wertvolle Proteinquelle darstellen. Nach Angaben des Forschungszentrums haben die Forscher ein Verfahren entwickelt, das auch die Spelzen der Hülsenfrüchte verwendet. Damit kann sowohl die Menge an anfallendem Abfall als auch die Zubereitungszeit reduziert werden. Bei der Prüfung der verschiedenen Hülsenfrüchte, darunter Eiweißerbsen, Lupinen und Bohnen, zeichnete sich die Eiweißerbse durch einen hohen Gehalt an freien Aminosäuren und einen geringeren Abfall an Spelzen aus, so das Forschungszentrum Laimburg.

Auch die Authentizität ist bei der Herstellung von traditionellen Südtiroler Qualitätsprodukten ein wichtiger Aspekt. Dies gilt insbesondere für das Produkt Heumilch. Im Labor für NMR-Spektroskopie des Versuchszentrums Laimburg ist es dank des Einsatzes von Analysetechniken auf der Grundlage der Kernspinresonanz-Spektroskopie möglich, das Vorhandensein oder Fehlen bestimmter Fettsäuren in der Milch genau zu bestimmen. Das Forschungszentrum Laimburg: „Diese Analyse ermöglicht es, zu unterscheiden, ob eine bestimmte Milchprobe tatsächlich von Kühen stammt, die nicht mit Silage gefüttert wurden (Heumilch) oder ob es sich um Milch aus Milchkuhhaltung mit Silagefütterung handelt.“

Neue Lebensmittel zur Verringerung des Risikos der Entstehung des Metabolischen Syndroms

Der Gastredner Andrea Gianotti, Professor an der Universität Bologna, Fakultät für Lebensmittelwissenschaften und -technologie, gab Einblicke in die wissenschaftliche Erforschung der menschlichen Darm-Mikrobiota. Es ist bekannt, dass die Ernährung zur Verbesserung oder Veränderung der Zusammensetzung der Darmflora beitragen kann. Im Umkehrschluss kann eine falsche Ernährung das Darmepithel schädigen und Entzündungsprozesse auslösen, die zu verschiedenen Stoffwechselstörungen beitragen können. Im Rahmen des Projekts „REAliSM“ (Regionalität und Kreislaufwirtschaft bei Lebensmitteln zur Vorbeugung gegen das Metabolische Syndrom), das vom Versuchszentrum Laimburg in Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Unternehmen Dr. Schär durchgeführt und teilweise mit Mitteln der Autonomen Provinz Bozen unterstützt wurde, wurden Lebensmittelprototypen entwickelt, die mit funktionellen Inhaltsstoffen reich an Nutrazeutika wie Antioxidantien, essenziellen Fettsäuren und Ballaststoffen formuliert wurden. Diese stammen hauptsächlich aus Abfallprodukten der Südtiroler Landwirtschafts- und Lebensmittelkette wie Traubentrester und Apfelschalen. Das Forschungszentrum abschließend: „Die Rezeptur wurde sorgfältig ermittelt, um Lebensmittel zu entwickeln, die das Risiko des Auftretens des Metabolischen Syndroms verringern können. Die Laboranalysen ermöglichten die Identifizierung der vielversprechendsten Weintrauben- und Apfelsorten in Bezug auf die nutrazeutischen Verbindungen, die eine größere positive Wirkung auf die Gesundheit haben. Auf der Grundlage dieser Anforderungen formulierten die Forschenden von Dr. Schär R&D Centre drei Prototypen von Grissini, Focaccia und Keksen. Sie analysierten das antioxidative Profil während des gesamten Herstellungsprozesses, vom Rohstoff bis zum Endprodukt, um sicherzustellen, dass der Gehalt an gesundheitsfördernden Stoffen aus den ausgewählten Weintrauben- und Apfelnebenprodukten bis zum endgültigen Verzehr erhalten bleibt. Die positive Wirkung der Prototypen auf die Darmflora wurde schließlich mit Hilfe eines In-Vitro-Systems für Magen-Darm-Simulationen bewertet, während Akzeptanz und Geschmack der Prototypen durch sensorische Analysen und Verbrauchertests beurteilt wurden.“

Von: Ivd

Bezirk: Bozen

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1 Kommentar auf "Nachhaltige Lebensmittelproduktion Made in Südtirol"


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andr
Universalgelehrter
10 Tage 2 h

Nachhaltige Lebensmittel die kein normalverdiener sich leisten kann, das ist der bittere Beigeschmack

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