Von: luk
Bozen – Die Obdachlosenarbeit in Südtirol soll neu ausgerichtet werden. Dazu hat die Landesregierung heute Leitlinien verabschiedet.
„Das Phänomen der Obdachlosigkeit hat sich in den vergangenen Jahren sehr verändert“, berichtet Landesrätin Martha Stocker, „eine Reihe neuer Bedürfnisse zeichnen sich ab, die eine Neubewertung der Dienste und Maßnahmen erforderlich machen.“
Auf ihren Vorschlag hin hat die Landesregierung heute Leitlinien verabschiedet, um die Arbeit für und mit Obdachlosen neu auszurichten. Dabei soll der Schwerpunkt verstärkt auf die Begleitung hin zu einem möglichst eigenständigen Leben gesetzt werden. Die Leitlinien wurden von einer Fachleutegruppe ausgearbeitet, in der private und öffentliche Einrichtungen vertreten sind. „Die neuen Leitlinien beschränken sich nicht mehr auf Momentlösungen, sondern nehmen das gesamte Leben der Obdachlosen in den Blick“, erklärt Landesrätin Stocker die Neuausrichtung.
Sie schließen also auch ein Umdenken in der Arbeit mit obdachlosen Menschen mit ein. So sollen neue Formen der Begleitung angeboten werden. „Wir denken dabei beispielsweise an das im Ausland praktizierte ‚Housing First’, bei dem die begleiteten Personen nicht nach ‚Stufen’ von den Obdachloseneinrichtungen in die Autonomie entlassen werden, sondern von Anfang an autonom untergebracht, aber begleitet werden“, so Landesrätin Stocker.
Die neuen Leitlinien sollen all jenen dienen, die für und mit Obdachlosen arbeiten. Sie sollen dabei helfen, strukturierte und abgestimmte Maßnahmen zu setzen und bereits bei ersten Schwierigkeitsanzeichen eingreifen zu können. „Uns ist es wichtig, Fachkräften und den Diensten im Bereich der Obdachlosigkeit eine Handreichung zu geben und realistische und verwirklichbare Ziele zu setzen“, informiert Landesrätin Stocker über die Zielsetzungen der neuen Leitlinien. Gleichzeitig wolle man möglichst dieselbe Qualität aller Dienste und Maßnahmen sicherstellen.
Die Soziallandesrätin weist auch darauf hin, das diese Leitlinien auf die Situation, die die Gemeinde Bozen im Zusammenhang mit den Flüchtlingen erlebt, nur teilweise anzuwenden sind: „Es geht in Bozen nicht um die klassische Obdachlosenarbeit, sondern oft um kurzfristige Anwesenheiten von Menschen auf Durchreise.“ Dabei ergebe sich die Notwendigkeit einer vorübergehenden Unterbringung, nicht aber der Bedarf an Projekt- oder Integrationsarbeit im Sinne der Obdachlosenarbeit.
In Südtirol bieten derzeit 16 Einrichtungen Obdachlosen Unterkunft. Elf davon befinden sich in der Landeshauptstadt, drei in Meran und je eine in Brixen und Bruneck. Hinzu kommt eine Reihe von Tagesdiensten und niederschwelligen Angeboten, darunter Aufenthaltsräume, Essensausgaben, Kleiderkammern, Duschmöglichkeiten. Unterstützung bietet ein Netz öffentlicher Einrichtungen – von den Sozialdiensten über die Arbeitsdienste und andere Dienste im Bereich der sozialen Wiedereingliederung – sowie verschiedener nichtgewinnorientierter Organisationen.
Welche Maßnahmen und Dienste für Obdachlose in Südtirol zur Verfügung stehen und wie die Obdachlosenarbeit strukturiert ist, darüber soll in Kürze im Rahmen einer Pressekonferenz umfassend informiert werden.