Von: luk
Bozen – Seit 1. Jänner sind Banken und Finanzvermittler angehalten, einen Kunden (Verbraucher oder Unternehmen) in die Kategorie „Ausfall“ einzustufen, wenn dieser für 90 aufeinander folgende Tage auf seinem Konto einen negativen Saldo von mehr als 100 Euro aufweist (500 Euro im Falle von Unternehmen) und wenn diese Überziehung gleichzeitig ein Prozent der gesamten Kreditverpflichtungen dieses Kunden darstellt.
Diese Neuheit ergibt sich aus der Einführung neuer Bankregeln auf europäischer Ebene und insbesondere aus einer Verordnung der Europäischen Kommission von 2018 und der Leitlinien der EBA (European Banking Authority) aus dem Jahr 2017.
“Außer der Sperrung ihres Kontos riskieren die in die Kategorie ‘Kreditausfall’ eingestuften Verbraucher die Meldung ihres Namens an die sog. Risikozentrale (CRIF) als ‘schlechte Zahler’, woraus dann folgt, dass sie keinen Zugang zu weiteren Finanzierungen des Bankensystems erhalten”, klärt die Verbraucherzentrale Südtirol auf.
“Kreditausfall und notleidende Forderung sind nicht dasselbe!”
Wie auch die Italienische Zentralbank auf ihrer Webseite erklärt, sind Kreditausfall und notleidende Forderung nicht dasselbe und daher „stimmt es nicht, dass eine Überziehung oder ein Zahlungsverzug für Beträge im Umfang von auch nur 100 Euro automatisch Anlass für eine Meldung als notleidende Forderung zur Folge hat“. Die Finanzvermittler melden somit einen Kunden nur dann als „notleidende Position“, wenn sie der Ansicht sind, dass er große, nicht nur zeitlich begrenzte Schwierigkeiten hat, die Schuld zurückzuzahlen. “Die Einstufung als notleidend setzt voraus, dass der Intermediär eine umfassende Bewertung der finanziellen Situation des Kunden durchgeführt und sich nicht auf einzelne Vorfälle gestützt hat, wie zum Beispiel eine oder mehrere verspätete Zahlungen. Es gibt also keinen Automatismus zwischen der Einstufung als Kreditausfall und der Meldung als notleidende Forderung bei der Risikozentrale”, so die VZS.
Welche Konsequenzen erwarten Verbraucher bei Kreditausfall?
“Für viele Verbraucher, vor allem diejenigen denen die dramatischen wirtschaftlichen Folgen des Covid-19-Notstands zu schaffen machen, könnte sich das Risiko eines Zahlungsstopps für Versorgungsdienste wie Strom und Gas, Finanzierungsraten, Mietzahlungen und ähnliches ergeben. Der in die Kategorie Kreditausfall eingestufte Verbraucher ist dann gezwungen, mit seiner Bank (unverzüglich) neue Bedingungen und Formen auszuhandeln, um die Schuldbegleichung zu garantieren”, so die VZS.
Die Banca d’Italia stellt dazu klar: „Die neue Definition von Kreditausfall bedeutet kein Verbot (für die Bank, Anm.d.A.) Kontoüberziehungen zuzulassen. Wie schon bisher können die Banken unter Einhaltung ihrer eigenen Policy den Kunden Kontonutzungen zugestehen, die eine Überziehung der vorhandenen Kontoverfügbarkeit ermöglichen beziehungsweise im Falle der Kreditaufnahme die Kreditgrenze überschreiten“. Daher sei es wichtig, dass die Intermediäre ihren Kunden Informationen und Hilfestellungen liefern und sie auf diese Weise für die Folgen sensibilisieren, die sich aus den neuen Bestimmungen ergeben, so die Verbraucherschützer.
Was ist also zu tun?
“Die Verbraucher, denen bewusst ist, dass sie vor einem Kreditausfall stehen, sollten ihre Bankbeziehungen (Konten, Finanzierungen), ebenso wie die Fälligkeiten ihrer Verbindlichkeiten (Rechnungen für Versorgungsdienste, Ratenrückzahlungen etc.) genau im Auge behalten und im Falle von Zahlungsschwierigkeiten rechtzeitig die eigene Bank kontaktieren, um auf diese Probleme hinzuweisen und Tilgungslösungen oder eine Überziehungsermächtigung zu vereinbaren, eventuell auch durch Bewilligung eines Kontokorrentkredits (Bedingungen beachten!)”. so die VZS.
„Die Verbraucher sind wegen der neuen Regeln sehr besorgt, da sie ausgerechnet zu einem Zeitpunkt starker wirtschaftlicher Unsicherheit in Kraft treten und deshalb eine Verschiebung vorstellbar gewesen wäre. In jedem Fall erwarten wir, dass die Banken ihre Kunden schriftlich in Kenntnis setzen, bevor sie jemanden als Ausfall einstufen. Damit muss den Kunden eine schnelle Tilgung und die Anwendung von Lösungen ermöglicht werden, die geeignet sind, die Schuldensituation zu beheben“, so der Kommentar von Gunde Bauhofer, Geschäftsführerin der VZS.