Steigende Preise und Mangel an Baumaterialien – offener Brief

Nicht nur „Infrastrukturen für Olympia 2026 in Gefahr“

Donnerstag, 17. März 2022 | 11:33 Uhr

Bozen – Das Präsidium des Baukollegiums warnt in einem öffentlichen Brief vor Preissteigerungen und dem Mangel an Baumaterialien. Die Bauwirtschaft, Infrastrukturen für Olympia 2026 und die Ziele des nationalen Wiederaufbauplans PNRR seien in Gefahr. Wörtlich heißt es in dem Brief:

Die enormen Preissteigerungen stellen unsere Unternehmen und unsere Gesellschaft vor große Herausforderungen. Planbarkeit, Sicherheit sind nicht mehr vorhanden. Stahl, Eisen, Treibstoff, Asphalt und Dämmungen sind nur einige der vielen Materialien, die in der Bauwirtschaft täglich zum Einsatz kommen und deren Preise in exorbitante Höhen geschnellt sind. Noch schlimmer, es wird mittlerweile zu einer täglichen Herausforderung, Materialien überhaupt noch zu bekommen. So gibt es beispielsweise für Stahl und Eisen keine Liefergarantien mehr, auch weil einige Werke ihre Produktion limitiert oder gar eingestellt haben. Dazu kommen die hohen Energiepreise, deren Auswirkungen wir alle direkt zu spüren bekommen.

Unter diesen Voraussetzungen ist die Verwirklichung der Infrastrukturen für Olympia 2026 in Gefahr. Auch die Erreichung der Ziele des nationalen Wiederaufbauplans PNRR, und damit die vorgesehenen Finanzierungsmöglichkeiten, erscheinen nicht mehr realistisch. Die vorgesehenen Bauwerke sind unter den momentanen Umständen nicht einmal annähernd kostendeckend realisierbar. Aufgrund der Materialknappheit ist zudem die Verwirklichung in den vorgesehenen Zeitrahmen unmöglich. Aus diesem Grund erscheint es unumgänglich, die Ziele und Zeiten des PNRR anzupassen.

Die Bauwirtschaft hat bereits in den vergangenen Monaten viel von den Preissteigerungen aufgefangen und versucht, die Auswirkungen auf die Auftraggeber so gering wie möglich zu halten, mehr ist allerdings nicht mehr tragbar. Ansonsten müssen Unternehmen schließen und Mitarbeiter entlassen, da kostendeckendes Arbeiten nicht mehr möglich ist.

Das Präsidium des Baukollegiums hat deshalb drei konkrete Vorschläge ausgearbeitet, um die Situation zu entschärfen:

1.) Anpassung der Preise ermöglichen: Bei Ausschreibungen muss es möglich sein, die Preise nachträglich anzupassen – sowohl nach oben als auch nach unten, sollte sich die Situation entspannen. Dafür muss ein System gefunden werden, das wirklich funktioniert und einen raschen Ausgleich ermöglicht, ähnlich den Systemen der Preisgleitung in Österreich, Frankreich oder Spanien. Die aktuelle Methodik der nachträglichen Anpassungen mittels Dekret des Ministeriums ist zu langsam und die festgestellten Erhöhungen spiegeln nicht einmal annähernd die effektiven Preissteigerungen wider.

2.) Termine und Pönalen aussetzen: Sowohl bei öffentlichen als auch bei privaten Verträgen sollen Strafen, die entstehen, weil Termine nicht eingehalten werden können, da das Material nicht geliefert werden kann, verpflichtend ausgesetzt werden. Dazu braucht es eine Gesetzesinitiative, die derartige Klauseln für ausgesetzt erklärt.

3.) Möglichkeit der Vertragsaufschiebung oder Vertragsauflösung: Ist es aufgrund des Materialmangels bzw. der extremen Preise nicht möglich, einen Vertrag zu erfüllen, so soll das Unternehmen die Möglichkeit haben, vom Vertrag ohne weitere Folgen zurücktreten zu können bzw. die Erfüllung des Vertrages verschieben zu können, bis sich die Situation entspannt. Grundvoraussetzung dafür muss eine detaillierte Darlegung der Gründe sein.

„Alle genannten Maßnahmen zielen darauf ab, dass die Unternehmen am Markt bestehen bleiben können und die damit verbundenen Arbeitsplätze gesichert werden können. Unsere Unternehmen und ihre Mitarbeiter verfügen über Know-how, das unbedingt erhalten bleiben muss. Wie alle hoffen wir, dass es nach dieser langen Zeit der Unsicherheit endlich wieder zu einer ruhigeren Phase übergehen kann und dass der unmenschliche Krieg, der zu so viel Leid führt, bald ein Ende findet“, erklärt das Präsidium des Baukollegiums.

Von: mk

Bezirk: Bozen