Von: Ivd
Bozen – In den letzten Jahren hat sich die Sachwalterschaft sowohl in Südtirol als auch im restlichen Italien als ein grundlegendes rechtliches Instrument zum Schutz und zur Begleitung schutzbedürftiger Menschen etabliert. „Die praktische Erfahrung zeigt jedoch zunehmend kritische Entwicklungen, so der Verein der Sachwalterschaft VFG. „Sachwalter, die Dutzende von Betreuten gleichzeitig übernehmen, oberflächliche oder gar keine Beziehung zu den unterstützten Personen, Familien, die sich nicht gehört und im Stich gelassen fühlen.“
Mit dieser Initiative will der Verein für Sachwalterschaft eine kulturelle und zivilgesellschaftliche Sensibilisierung anstoßen und die partizipative Ausarbeitung des ersten Ethikkodexes für Sachwalterinnen und Sachwalter fördern.
Ziel dieses Instruments ist es, einen klaren Rahmen an Prinzipien und verantwortungsbewusstem Verhalten zu bieten – zur Orientierung für Freiwillige, Fachleute und Angehörige, die dieses anspruchsvolle Amt übernehmen – und um Rechte zu schützen, menschliche Beziehungen zu stärken und gegenseitiges Vertrauen aufzubauen.
„Wir sind überzeugt“, erklärt Roberta Rigamonti, Direktorin des Vereins, „dass ein wirksamer Ethikkodex von unten entstehen muss – durch den direkten Beitrag jener, die täglich mit der Sachwalterschaft zu tun haben: Betroffene, Familien, Fachkräfte, Freiwillige und Institutionen. Nur so können wir ein nützliches, gemeinsames Instrument schaffen, das kritische Situationen vorbeugt.“
Der Entwurf des Ethikkodexes, der am 10. April 2025 erstmals vorgestellt wurde, befindet sich nun in der öffentlichen Konsultation bis zum 31. August 2025. Alle –Bürger, Fachkräfte im Sozial- und Gesundheitsbereich, Organisationen des Dritten Sektors, Richter, Sachwalter – sind eingeladen, über ein einfaches und anonymes Online-Formular Anregungen und Kommentare einzureichen.
Diese Initiative ist eingebettet in eine internationale Debatte, die dem ethischen Aspekt rechtlicher Schutzmaßnahmen zunehmende Aufmerksamkeit widmet: „von der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen über den Mental Capacity Act in Großbritannien bis hin zu berufsethischen Standards in anderen europäischen Ländern und den USA. Weltweit wächst das Bewusstsein, dass rechtlicher Schutz nicht auf juristische oder buchhalterische Aspekte beschränkt bleiben darf, sondern auf Prinzipien wie Respekt, Selbstbestimmung und Fürsorge beruhen muss“, so der Verein.
Auch in Italien ist der Sachwalter kein geregelter Berufsstand: Es gibt weder Register noch verpflichtende Ausbildungen oder Berufskodizes. In diesem rechtlichen Vakuum will der Ethikkodex ein zivilgesellschaftlicher Leitfaden sein – gemeinsam von der Gemeinschaft erarbeitet – der Orientierung für Sachwalter bietet und auch jenen als Bezugspunkt dient, die über das Wohl schutzbedürftiger Menschen wachen.
Das Dokument behandelt die zentralen Aspekte der Tätigkeit von Sachwaltern: allgemeine Prinzipien, Rollen und Verantwortlichkeiten, Beziehung zur betreuten Person, rechtliche und ethische Aspekte, wirtschaftliche und vermögensrechtliche Verwaltung, sowie Gesundheits- und Pflegefragen.
Derzeit ist die gesetzlich vorgesehene Kontrolle der Sachwaltertätigkeit hauptsächlich formaler und administrativer Natur – es fehlt jedoch an einer umfassenden Überwachung des Wohlergehens der unterstützten Person. Gerade deshalb kann der Ethikkodex ein wertvolles Instrument sein – insbesondere in schwierigen Entscheidungssituationen, in denen Orientierung gesucht wird.
Langfristig soll dieser Kodex zur gemeinsamen Praxis werden, auch in der Anwendung durch Gerichte, öffentliche und private Stellen sowie Organisationen des Dritten Sektors, um die Qualität der Sachwalterschaft zu bewerten und zu verbessern.
Die endgültige Version des Ethikkodexes wird am 3. Oktober 2025 im Rahmen des Europäischen Forums zum rechtlichen Schutz von vulnerablen Menschen präsentiert – einer bedeutenden Veranstaltung mit hochkarätigen Experten aus Italien, Österreich und Deutschland. Gemeinsam wird über neue Herausforderungen diskutiert, die sich aus der zunehmenden Fragilität der Bevölkerung ergeben, insbesondere im Hinblick auf das Altern und die wachsende Bedeutung von Demenzerkrankungen.
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