Kritik aus den eigenen Reihen

Protest gegen den Wolf: Warum sich ein Mitglied über den SBB ärgert

Montag, 03. Juni 2019 | 20:15 Uhr
Update

Bozen/Sterzing – Der Südtiroler Bauernbund ruft alle Bäuerinnen und Bauern sowie alle Unterstützer eines wolffreien Südtirols zur Beteiligung an der Protestkundgebung am Samstag, den 8. Juni in Sterzing auf. Um die eigenen Mitglieder zu erreichen, bedient sich der Bauernbund auch seines Serviceportals. Das kommt allerdings nicht bei allen gut an. Ein Bauernbund-Mitglied wendet sich öffentlich gegen den eigenen Verband.

„Anders als zum Beispiel in Österreich, wo die Landwirtschaftskammer für den Service und der Bauernbund für Parteipolitik zuständig ist, wickelt der Südtiroler Bauernbund beide Arbeitsbereiche unter einem Dach ab“, erklärt Bauernbund-Mitglied Hanno Mayr in einem offenen Brief. Das gehe meistens gut und schaffe sicher auch viele Synergien und Einsparungspotential.

Manchmal gehe die Vermischung aber auch deutlich in die Hose. „Im vorliegenden Fall nutzt der SBB ein reines Serviceportal für die Verwaltung von Rechnungen und Löhnen, Arbeitssicherheit und Weiterbildung zur politischen Agitation gegen den Wolf. Dass der Servicezugang zu den Mitgliedern für Politik missbraucht wird, ist also Absicht“, schreibt Hanno Mayr.

Als Vertreter des größten und vor allem für den ländlichen Raum wichtigsten Verbandes habe der Südtiroler Bauernbund eine große Verantwortung für alle Mitglieder, aber auch darüber hinaus. Der Aufruf zu einem wolfsfreien Südtirol sei allerdings auch „inhaltlich problematisch“, weil „völlig unrealistische Erwartungen“ geweckt würden. „Weder naturschutzrechtlich und schon gar nicht praktisch wird ein wolfsfreies Südtirol jemals machbar sein“, ist Hanno Mayr überzeugt.

Insgesamt fordert er „mehr Klarheit“ in den Botschaften. Dazu könnte auch eine Statistik zu den bisherigen Wolfsrissen mit entsprechenden Schadenssummen beitragen, meint das Bauernbund-Mitglied. „Natürlich müssten vom Wertverlust für die Viehhalterinnen und -halter die Entschädigungszahlungen des Landes abgezogen werden“, so Mayr. Eine solche Statistik wäre hilfreich, „um die Ängste der Weidevieh haltenden Bäuerinnen und Bauern ein klein wenig mit Fakten aufzufangen“.

„Wahrscheinlich würde auch die wirtschaftliche Relevanz des Themas Wolf besser einschätzbar. Vor allem im Vergleich zu den leider vielen anderen Herausforderungen der Südtiroler Landwirtschaft“, fügt Mayr hinzu.

Schließlich bemängelt er, dass der Südtiroler Bauernbund „nicht schon längst zahlreiche Lehrfahrten für Bergbäuerinnen und Bergbauern z.B. in die Schweiz, Tagungen zum praktischen Umgang mit dem Wolf auf den alpinen Weiden, Fortbildungen für Hirtinnen und Hirten, Sennerinnen und Senner und alle Halterinnen und Haltern von Weidevieh organisiert“ hat.

„Sie hätten unter Nutzung europäischer Gelder diese Veranstaltungen annähernd kostenlos für Betroffene Bergbäuerinnen und Bergbauern und mit viel medialem Rückenwind auf die Beine gestellt. Sie hätten Programme gestartet, das Hirtenwesen neu zu beleben und hätten so viel positive Aufmerksamkeit für die Berglandwirtschaft geweckt. Das hätte dem SBB viele tausende Euro an sinnloser Imagewerbung gespart und von Wolfsschäden Betroffenen wirklich geholfen“, wirft Hanno Mayr den Verantwortlichen des Bauernbundes vor.

 

Von: mk

Bezirk: Bozen