Von: APA/Reuters
Wegen hoher staatlicher Kosten ziehen Airlines immer mehr Flugzeuge aus Deutschland ab. Die Zahl der stationierten Flieger sei von 190 im Vor-Coronakrisenjahr 2019 auf 130 heuer gesunken, teilte der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) am Montag mit. Der Abzug der Flugzeuge bedeute einen Verlust von rund 10.000 Arbeitsplätzen und mehr als vier Mrd. Euro Wertschöpfung im Jahr.
“Wegen der seit 2019 mehr als verdoppelten staatlich veranlassten Kosten machen die Airlines einen großen Bogen um Deutschland”, sagte BDL-Präsident Jens Bischof bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen der Branche. Die Anbindung der deutschen Exportwirtschaft an ihre Märkte leide darunter massiv. Auch in Österreich wird etwa AUA-Chefin Anette Mann nicht müde zu betonen, dass die Kosten am Standort davonliefen.
Enttäuschung in Branche
Die Luftfahrtbranche ist enttäuscht darüber, dass die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag angekündigte Senkung der Luftverkehrssteuer verschoben hat. “Die Rücknahme der jüngsten Erhöhung der Luftverkehrsteuer von Mai 2024 wäre ein erstes Signal gewesen, damit die Fluggesellschaften zurückkehren”, sagte Bischof. “Die Bundesregierung muss der Krise des Luftverkehrsstandortes Deutschland Priorität einräumen.” Durch die Steuer sowie Gebühren und Entgelte für Flugsicherung und Sicherheitskontrollen steigen die staatlichen Abgaben laut BDL in diesem Jahr um rund 1,1 Milliarden auf 4,4 Mrd. Euro. Deshalb komme die Erholung des Luftverkehrs in Deutschland kaum voran.
Die Passagierzahl stieg im ersten Halbjahr nur um knapp drei Prozent auf 99,4 Millionen, verglichen mit zehn Prozent Wachstum vor Jahresfrist. Deutschland liegt damit knapp 16 Prozent unter dem Niveau von 2019 und belegt bei der Erholung von der Corona-Pandemie in Europa Rang 28 von 31. Das Sitzplatzangebot liegt bei 87 Prozent von 2019, in Europa im Schnitt bei 104 Prozent. Auch der Ausblick fällt dem Verband zufolge trüb aus. Im Winterflugplan werde das Angebot in Deutschland zwar auf 90 Prozent des Vorkrisenniveaus steigen. In den anderen europäischen Ländern liege es dann jedoch bei 116 Prozent.
Tourismus wächst
Kein Hindernis sind die Standortkosten hingegen im touristischen Flugverkehr. Ferienflieger wie Condor, Discover Airlines oder TUIfly boten im ersten Halbjahr 34 Prozent mehr Sitzplätze an als vor sechs Jahren. Das restliche Europa liegt hier nur zwei Prozent höher als 2019.
Am wenigsten erholt von der Corona-Krise hat sich der innerdeutsche Flugverkehr. Im ersten Halbjahr hoben weniger als halb so viele Flüge ab wie 2019. Ohne die Zubringerflüge zu Langstreckenverbindungen von den Drehkreuzen Frankfurt und München lag das Verkehrsvolumen 80 Prozent unter Vorkrisenniveau. Zum Beispiel von Stuttgart aus sind viele Verbindungen weggefallen, etwa nach Brüssel, Düsseldorf, Hannover oder Leipzig. Die Region ist stark von der Autoindustrie geprägt, die in der Krise ist. Die großen Hersteller Mercedes-Benz oder Porsche und Zulieferer wie Bosch sparen gegen die Flaute an, auch bei Dienstreisen.
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