Von: luk
Bozen – 38,1 Stunden pro Woche: So viel wird in der Europaregion im Schnitt gearbeitet. In Südtirol (39,2) sind es mehr als im Bundesland Tirol (38,1) bzw. im Trentino (36,9). Besonders lange Arbeitswochen haben Erwerbstätige in der Landwirtschaft, im Gast- und im Baugewerbe. „Des Weiteren ist die Fünf-Tage-Woche in vielen Branchen noch lange nicht Standard“, unterstreicht AFI-Präsident Andreas Dorigoni mit Verweis auf den aktuellen Fachkräftemangel bzw. die Notwendigkeit, an verschiedenen Attraktivitätsschrauben zu drehen. Der Wunsch nach einer kürzeren Arbeitswoche zieht sich durch alle Branchen und durch die meisten Berufsgruppen. Im Schnitt beträgt die gewünschte Wochenstundenreduzierung in Südtirol 4,1 Stunden.
Um einen fundierten Einblick in die Arbeitsbedingungen in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino zu erhalten, ist im Jahr 2021 eine umfassende Befragung durchgeführt worden. Die Projektpartner AK Tirol, Agenzia del Lavoro Trentino und das AFI | Arbeitsförderungsinstitut aus Südtirol haben heute im Rahmen einer Veranstaltung in Trient die zweite große Auswertung der Forschungsarbeit vorgestellt. Thema sind diesmal die Arbeitszeiten, genau genommen das Ausmaß der Arbeitswoche, Überstunden, Nachtarbeit, Pendelzeiten und die Frage, wie lange man gerne arbeiten würde, wenn man dies frei bestimmen könnte.
Einige hätten wohl ohnehin vermutet, dass gewisse Gruppen von Beschäftigten mit einem hohen Arbeitsaufkommen konfrontiert sind. Die Ergebnisse zeigen es nun schwarz auf weiß: In Gastgewerbe, Baugewerbe und Landwirtschaft sind die Arbeitszeiten besonders problematisch. „In der Hotellerie und Gastronomie sowie in der Landwirtschaft fallen zudem auch mehr Arbeitstage pro Woche an“, betont AFI-Präsident Andreas Dorigoni.
Drei Branchen mit hohem Arbeitsausmaß
Die Landwirtschaft liegt bei den geleisteten Wochenstunden an erster Stelle. 60 Prozent der dort Beschäftigten arbeiten mehr als 40 Stunden pro Woche. Im Gastgewerbe arbeiten 44 Prozent mehr als 40 Wochenstunden und auch im Baugewerbe ist dieser Anteil mit 43 Prozent überdurchschnittlich hoch. Darüber hinaus stechen die Landwirtschaft sowie das Gastgewerbe bei den geleisteten wöchentlichen Arbeitstagen mit einem hohen Anteil an Beschäftigten hervor, die sechs oder sogar sieben Tage pro Woche arbeiten.
Querbeet Wunsch nach kürzeren Wochenarbeitszeiten
Ein weiteres interessantes Ergebnis ist der Wunsch nach weniger Wochenstunden bei einem großen Teil der Beschäftigten, wobei dieser branchenübergreifend vorhanden und insbesondere im Bundesland Tirol und im Trentino ausgeprägt ist. Demnach möchte in Nord- und Osttirol mehr als jeder zweite befragte Vollzeitbeschäftigte weniger als 37 Stunden pro Woche arbeiten – im Trentino ist dieser Wunsch sogar bei zwei Drittel der Vollzeit-Arbeitskräfte vorhanden. In Südtirol sind die Vollzeitbeschäftigten mehrheitlich zufriedener mit einem weiterhin gewünschten Ausmaß von 37 bis 40 Wochenstunden. Den befragten Personen war dabei klar, dass sie bei einer kürzeren Arbeitszeit weiterhin ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen. Umso bemerkenswerter ist dieser weit verbreitete Wunsch nach einer Stundenreduktion.
Das mehrjährige Kooperationsprojekt
Wie sind die Arbeitsbedingungen im Bundesland Tirol, in Südtirol und im Trentino? Diese Frage ist in der Euregio-Studie zu den Arbeitsbedingungen analysiert worden. Ganz nach dem europäischen Vorbild der alle fünf Jahre europaweit stattfindenden Erhebung der Arbeitsbedingungen von Eurofound (EWCS) haben die Euregio und ihre Partnerinstitute Arbeiterkammer Tirol, AFI | Arbeitsförderungsinstitut Südtirol und Agenzia del lavoro im Trentino eine umfassende Befragung mit 4.500 Interviews (1.500 pro Landesteil), durchgeführt.