Von: luk
Bozen – „Ein Eigenheim können sich viele Südtiroler Arbeitnehmer kaum mehr leisten“, bringt Direktor Stefan Perini die Ergebnisse der aktuellen Winterbefragung im AFI-Barometer auf den Punkt. Auch wenn grundsätzlich hinterfragt werden müsse, ob eine stark auf Eigentum ausgerichtete Wohnbaupolitik noch zeitgemäß sei, so zeige das AFI-Barometer doch unmissverständlich, „dass Südtirols Arbeitnehmerschaft mit dem bezahlbaren Wohnen große Not hat“, so Perini.
Wie schon im letzten Jahr hat das AFI | Arbeitsförderungsinstitut die Südtiroler Arbeitnehmer in der Winterausgabe des AFI-Barometers danach befragt, worin sie die größten Schwierigkeiten beim Erwerb des Eigenheims sehen.
Zu hohe Immobilienpreise und der schwierige Zugang zum Kredit
Die „zu hohen Immobilienpreise“ werden mit Abstand als der kritischste Faktor eingestuft. Fast 96% der Arbeitnehmer sehen das so. „Die Schwierigkeit, ein Darlehen zu erhalten“ wird von knapp 42 Prozent der Arbeitnehmer genannt. In den „zu hohen Folgekosten“, zum Beispiel für die Instandhaltung, aber auch für die Bezahlung der Immobiliensteuer GIS, sehen rund 28 Prozent ein Problem. Die mit „hohen Zinssätzen“ verbundene Zinsbelastung wird von rund 21 Prozent genannt. Offensichtlich weniger problematisch ist das „geringe Angebot an verfügbaren Immobilien“. Nur knapp 13 Prozent der Befragten sehen da so.
Ranking der Schwierigkeiten unverändert
Im Vergleich zum AFI-Barometer des Vorjahres ist die Reihenfolge der bekannten Schwierigkeiten gleichgeblieben. Neu ist, dass die zu hohen Verkaufspreise von Immobilien den Südtiroler Arbeitnehmern noch stärker ein Dorn im Auge sind als vor einem Jahr. Zinsen für Wohnbaudarlehen werden dieses Mal weniger als Hemmschuh gesehen, was bei der aktuellen Zinsentwicklung durchaus nachvollziehbar ist. Das Angebot an Immobilien sehen die Arbeitnehmer noch einmal gelassener als schon im Vorjahr.
2017 Schlüsseljahr für das bezahlbare Wohnen
„Aus diesen Umfrageergebnissen leitet sich für uns der Auftrag ab, das Thema Wohnen für Arbeitnehmer wissenschaftlich zu vertiefen“, sagt AFI-Direktor Stefan Perini. Unter anderem werde das Arbeitsförderungsinstitut konkret der Frage nachgehen, wie viele Monatslöhne es vor 50 Jahren brauchte, um ein Eigenheim für eine 4-köpfige Familie zu erwerben und wie viele heute. „Die statistischen Daten, die wir gerade sammeln, weisen in die Richtung, dass es heute wesentlich mehr Monatslöhne für den Kauf oder Bau eines Eigenheimes braucht“ vermutet Perini. Das AFI wolle den Beweis erbringen, wie stark Löhne und Immobilienpreise in Südtirol heute auseinanderklaffen. Weil im Südtiroler Landtag das Gesetz Raumordnung & Landschaft und die Neuordnung der Wohnbauförderung über die Bühne gehen sollen, werde 2017 zu einem „Clou-Jahr“ für leistbares Wohnen, so Perini.
FH: “Wie reagiert die Landesregierung auf AFI-Barometer?”
„Das AFI-Barometer Winter 2016/2017 bringt zwar keine neuen Erkenntnisse in Sachen Wohnbaupolitik, bezeichnet aber 2017 als das Schlüsseljahr für das bezahlbare Wohnen. Dass sich viele Südtiroler Arbeitnehmer kaum noch ein Eigenheim leisten können, ist eine Tatsache und nicht erst seit heute oder gestern. Da müssen die Maßnahmen der Landesregierung hinterfragt werden, mit denen der Wohnungsmisere hätte begegnet werden sollen. ‚Leistbares Wohnen‘ ist nicht viel mehr als eine Sprechblase geblieben und die Landesregierung hat mit der Verschärfung der EEVE-Richtlinien den Zugang zu einem Eigenheim eher erschwert“, schreibt der freiheitliche Fraktionssprecher im Landtag, Pius Leitner, in einer Stellungnahme.
Leitner regt an, die EEVE-Kriterien zu überarbeiten und zwar in dem Sinne, dass Bürger nicht bestraft werden, wenn sie etwas angespart haben. Ebenso seien im Zuge der Neufassung des Landesgesetzes für Raumplanung & Landschaft bzw. der Wohnbauförderung die Bestimmungen zu den konventionierten Wohnungen zu überdenken. Ebenso müsste das Wohnbauinstitut in die Lage versetzt werden, mehr Mietwohnungen anzubieten, um den Änderungen in der Gesellschaft gebührend Rechnung tragen zu können, so Leitner.
„Südtirol hat keine Tradition auf dem Mietwohnungsmarkt und die erste Option ist für die meisten Menschen eine eigene Wohnung bzw. ein Eigenheim. Dieser Trend wird sich nicht so schnell umkehren lassen, vor allem wenn man bedenkt, dass die Investition in ein Eigenheim derzeit gleichzeitig auch die sicherste Geldanlage darstellt. Da die Mieten kaum geringer ausfallen als die Rückzahlungsraten für ein Eigenheim, ist die Richtung vorgegeben. Was es auch braucht, ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Miet- und Vermieterschutz. Angesichts der vielen leerstehenden Wohnungen im Lande sollten endlich Anreize geschaffen werden, diese Wohnungen auch tatsächlich zu einem angemessenen Preis zu vermieten. Insgesamt ist die Wohnbaupolitik neu auszurichten, damit das Grundbedürfnis für eine Wohnung nicht zum Luxus wird. Während sich in den 60-er und 70-er Jahren Familien mit einem einzigen Einkommen eine Wohnung oder ein Haus leisten konnten, ist das heute selbst mit zwei Einkommen unmöglich geworden“, schließt Leitner.