Große Kritik an Italiens Bürokratie

Südtiroler Winzer chartert Flugzeug für Arbeiterinnen aus Rumänien

Dienstag, 19. Mai 2020 | 16:54 Uhr

Tramin/Cluj – Die Coronakrise hatte bekanntermaßen auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft in Südtirol. Spezialisierte Feldarbeiter – etwa aus Osteuropa – gelangten nicht mehr ins Land und die landwirtschaftlichen Betriebe in Südtirol mussten kreativ werden. Auch das bekannte Weingut “J. Hofstätter” in Tramin stand plötzlich vor der Situation, keine helfenden Hände mehr in den Weinbergen zu bekommen, wie corriere.it berichtet.

Schon seit rund zehn Jahren greift der Betrieb von Martin Foradori Hofstätter bei der Arbeit im Weinberg auf das Know-how von acht Frauen aus Rumänien zurück. Sie beherrschen ihr Handwerk und tragen mit dazu bei, dass das Weingut Spitzenweine hervorbringt. Dieses Jahr ist aber alles anders: Hofstätter musste alle Hebel in Bewegung setzen, um seine Arbeiterinnen nach Südtirol zu bringen. Nach einer Konfrontation mit den durch das Coronavirus bedingten Auflagen entschied sich der Winzer, einen Privatjet zu chartern und die Frauen von Cluj in Rumänien nach Bozen einfliegen zu lassen.

Eigentlich hätte alles so einfach sein können: Durch den “grünen Korridor” kamen bereits Erntehelfer aus Osteuropa nach Deutschland und Österreich. Für seine Arbeiterinnen war die Reise aber an der ungarischen Grenze vorbei. “Wir haben versucht, das Problem zu lösen. Zwei Wochen lang standen wir in Kontakt mit lokalen, nationalen und europäischen Politikern.” Auch mit Botschaftsvertretern habe man gesprochen, erklärt Hofstätter. Schließlich hat sich sein Betrieb zu der Extremlösung durchgerungen und ließ die rumänischen Arbeiterinnen mit einem Flugzeug abholen.

Laut Martin Foradori Hofstätter ein großer Spesenaufwand. Aber angesichts der angezogenen Preise für Kleinbusse mit Fahrer sei das Flugzeug nur unwesentlich teurer gewesen.

Auf die Frage, ob er keine italienischen Aushilfskräfte für die Arbeiten gefunden habe, meint Hofstätter, dass er diesen Weg auch ins Auge gefasst habe. Doch nach zwei Stunden Probearbeiten hätten die Einheimischen das Handtuch geschmissen. Die Arbeit sei ihnen zu anstrengend gewesen. Nebenbei spielt für Hofstätter auch die Qualität der Arbeit eine Rolle. Die Rumäninnen seien eingespielt und wüssten, was sie tun. Sind sie nicht im Weinberg, ist das für den Winzer vergleichbar mit einem Konzert in der Mailänder Scala ohne Violinisten.

Am Ende des Berichts kritisiert der Unternehmer, der auch an der Mosel in Deutschland ein Weingut besitzt, die Bürokratie hierzulande. In Deutschland seien Erntehelfer ohne große Hürden eingeflogen worden. Die Prozeduren und Auflagen waren viel klarer und schlanker als in Italien. “In Italien waren wir nicht einmal in der Lage, die guten und intelligenten Maßnahmen anderer EU-Länder zu kopieren”, so Martin Foradori Hofstätter.

Von: luk

Bezirk: Überetsch/Unterland