Bis zu 20.000 Euro für Vertretung

Vereinbarkeit: Unternehmerinnen können Landesförderung beantragen

Mittwoch, 19. April 2023 | 13:22 Uhr

Bozen – Das Land unterstützt künftig Unternehmerinnen, Freiberuflerinnen und Selbstständige aller Wirtschaftsbereiche, wenn es darum geht Familie und Beruf zu vereinbaren.
Das Land Südtirol hat in der Wirtschaftsförderung eine neue Schiene angelegt: Wurden in den vergangenen Jahren Förderungen zur Internationalisierung, zur Digitalisierung, zur Umweltfreundlichkeit oder zur Lehrlingsausbildung eingeführt, so sind die unternehmerisch, selbständig oder freiberuflich tätigen Frauen Zielgruppe der jüngsten, gestern von der Landesregierung beschlossenen Unterstützungsmaßnahme. Laut dem Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) werden aktuell 19,2 Prozent, nämlich 10.653 der aktiven, gewerblichen Unternehmen von Frauen geführt.

Landesrat Philipp Achammer stellte heute die Richtlinien für die neue Maßnahmen zur Förderung des weiblichen Unternehmertums gemeinsam mit seinem für die Wirtschaftssektoren Tourismus und Landwirtschaft zuständigen Amtskollegen Arnold Schuler vor. Mit dabei waren auch die Leiterin der Abteilung Wirtschaft, Manuela Defant, und die Unternehmerin Marina Rubatscher Crazzolara, die dem Beirat der Handelskammer Bozen zur Förderung des weiblichen Unternehmertums vorsteht.

Wirtschaftspolitik ist auch Frauenpolitik

Endlich sei es so weit, zeigte sich Landesrat Philipp Achammer bei der heutigen Vorstellung erfreut. Man habe lange an diesem Regelwerk gearbeitet, die Pandemie habe die Arbeiten verzögert, aber ab sofort fördere das Land Unternehmerinnen und Freiberuflerinnen über Projekte zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie und anerkenne damit “die bedeutende wirtschaftliche und soziale Rolle des weiblichen Unternehmertums”. “Wir möchten nicht, dass Frauen von einer selbständigen oder unternehmerischen Tätigkeit Abstand nehmen, da sie diese mit der Familie nicht vereinbaren können”, sagte der Landesrat, denn: “Wirtschaftspolitik ist auch Frauenpolitik.”

Künftig erhalten demnach Unternehmerinnen, Selbstständige und Freiberuflerinnen mit weniger als zehn Beschäftigten, die wegen einer Schwangerschaft, der Mutterschaft oder der Erziehung von zusammenlebenden Kindern bis zu zwölf Jahren ihre Tätigkeit unterbrechen müssen, die Möglichkeit, sich von einer Person mit Erfahrung und Professionalität in der Unternehmensführung vertreten zu lassen. Der maximale Vertretungszeitraum wird bei Mehrlingsschwangerschaften auf 24 Monate erhöht.

Bis zu 20.000 Euro für Vertretung

“Die Förderungen wird als De-minimis-Beihilfe bis zu einem Höchstbetrag von 20.000 Euro gewährt”, erläuterte Abteilungsleiterin Manuela Defant. Sie verwies darauf, dass der Vertretungszeitraum von bis zu 18 Monaten auch in mehreren Abschnitten in Anspruch genommen werden könne. Die Unterstützungsmaßnahme kann von Unternehmerinnen und auch von Gesellschafterinnen in Anspruch genommen werden, deren Unternehmenssitz sich in Südtirol befindet, wo die Antragstellerinnen auch ihre berufliche Tätigkeit kontinuierlich ausüben müssen. Anspruchsberechtigt sind zudem Selbstständige und Freiberuflerinnen, die in Südtirol tätig sind, am Unternehmen beteiligte Familienangehörige, und Mitarbeiterinnen mit koordinierter und kontinuierlicher Zusammenarbeit, die in Südtirol ansässig sind. Für eine Vertretung mittels Arbeitsvertrags ist ein Beitrag von 80 Prozent auf den Nettobetrag der Lohnabrechnung vorgesehen. Wer für die Vertretung selbstständige oder freiberufliche Arbeit ankauft, dem werden 60 Prozent des steuerpflichtigen Betrages der Rechnungen (ohne Mehrwertsteuer) anerkannt.

Familienplanung dürfe kein Luxus sein, erklärte Unternehmerin Marina Rubatscher Crazzolara, besonders angesichts des Geburtenrückgangs, der wiederum Ursache für den Fachkräftemangel sei. Die Vorsitzende des Handelskammer-Beirats zur Förderung des weiblichen Unternehmertums begrüßte daher die Fördermaßnahme, die es “Unternehmerinnen mit Kindern ermögliche, die Kontinuität des Betriebes zu gewährleisten”.

Ab sofort kann angesucht werden

Auf die hohe Anzahl der von Frauen geführten Betrieben im Gastgewerbe (2851) und in der Landwirtschaft (2769) verwies Landesrat Arnold Schuler: “Die Vereinbarkeit ist auch in diesen Sektoren ein großes Thema und nicht immer leicht zu gewährleisten.”

Die Ansuchen können zu jeder Zeit gestellt werden, müssen aber auf vor dem Vertretungszeitraum, für welchen der Beitrag beantragt wird, mittels bereitgestellten Vordrucks und über zertifizierte elektronische Post (PEC) eingereicht werden. Für das Haushaltsjahr 2023 hat die Landesregierung 200.000 Euro für diesen Zweck bereitgestellt.

Frauen im lvh: Neue Förderung lässt aufatmen

Der lvh begrüßt die gestern von der Landesregierung genehmigte Förderschiene für Südtiroler Unternehmerinnen. „Damit wurden wichtige Weichen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestellt“, betont die Landesobfrau der Frauen im Handwerk, Petra Holzer.

Erleichterung für Unternehmerinnen, Selbstständige und Freiberuflerinnen: zukünftig erhalten sie finanzielle Unterstützung, wenn sie ihre Tätigkeit aus Gründen der Schwangerschaft, der Mutterschaft oder der Kindererziehung unterbrechen und sich pro tempore von einer Person mit Erfahrung und Professionalität in der Unternehmensführung vertreten lassen wollen. Bis zu 20.000 Euro können interessierte Frauen zukünftig für diesen Zweck beantragen.

Der lvh setzt sich seit vielen Jahren für eine Unterstützung der Unternehmerinnen in Südtirol ein und hat im Rahmen der Ausarbeitung der Förderung verschiedene Vorschläge eingebracht. Dazu zählt u.a. die Ausweitung der Anspruchsberechtigung auf am Unternehmen beteiligte Familienangehörige. Angenommen wurde auch der Vorschlag des lvh, das Arbeitsverhältnis einer bereits beschäftigten Mitarbeiterin von Teilzeit auf Vollzeit aufzustocken und die Förderung hierfür zuzulassen. Positiv aufgenommen wurde darüber hinaus die Anregung, dass ein Projekt auch unterbrochen und wieder aufgenommen werden kann und nicht zwangsläufig an einem Stück ablaufen muss. Dies kann laut lvh eine bestimmte Flexibilität gewährleisten, die während der Schwanger- und Mutterschaft erforderlich sind.

Petra Holzer, Landesobfrau der Frauen im lvh zeigt sich erfreut über die neue Förderschiene: „Viele Unternehmerinnen haben ihre Kinder in Vergangenheit mit ins Büro, in den Salon oder auch in die Werkstatt genommen, um ihre Arbeit fortsetzen zu können. Viele haben sich arrangiert, aber ideal war die Situation nicht. Die neue Förderschiene ermöglicht uns eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“

Vereinbarkeit: „Unternehmerinnen brauchen diese Unterstützung“

Wer in der Coronazeit im Homeoffice arbeiten musste während Kindergärten und Schulen geschlossen waren, hat vielleicht einen kleinen Einblick davon erhalten, mit welchen Schwierigkeiten in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf Unternehmerinnen und Selbständige mitunter zu kämpfen haben. „Es ist daher nur zu begrüßen, dass das Land nun Maßnahmen zur Förderung einer zeitweiligen professionellen und erfahrenen Vertretung für die Zeit der Mutterschaft und Elternzeit von selbständigen Frauen, Freiberuflerinnen und Unternehmerinnen vorsieht“, betont SVP-Landesfrauenreferentin Renate Gebhard.

“Unabhängigkeit, Flexibilität, freie Zeiteinteilung: Wer als Unternehmerin oder Selbständige tätig ist, weiß um die Vorteile für die Familie. Trotzdem: Sind die Kinder krank oder aus anderen Gründen unerwartet zuhause, dann sind Unternehmerinnentum und Familienarbeit nicht mehr so einfach unter einen Hut zu bringen. Dies gilt besonders auch für die Zeit der Mutterschaft und Elternzeit, die es für Unternehmerinnen, Freiberuflerinnen und Selbständige quasi nicht gibt“, weiß die SVP-Landesfrauenreferentin Renate Gebhard, „und wer schmeißt in der Zwischenzeit den Laden?“

Daher begrüßen es die SVP-Frauen, das Land Südtirol nun Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit für Unternehmerinnen und Selbständige setzt und für die Unterbrechung der Tätigkeit aus Gründen der Schwangerschaft, der Mutterschaft und der Kindererziehung die Möglichkeit vorsieht, eine kompetente und erfahrene Vertretung einzustellen bzw. zu beauftragen. „Das ist eine große Erleichterung, von der die Familien, aber auch die weiblichen Unternehmen in Südtirol enorm profitieren können“, so Gebhard über den enormen Druck, der vielfach auf den Schultern betroffener Mütter lastet. „Und vielleicht ist es auch ein kleiner Impuls für Mütter, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen. Und – angesichts der rückläufigen Geburtenraten nicht minder wichtig – ein Signal an Jungunternehmerinnen, dass sie das Wagnis Familie eingehen und ihr Unternehmen in der Zwischenzeit ohne große Einbußen in gute Hände legen können.“

Von: luk

Bezirk: Bozen