Von: luk
Bozen – Vertreterinnen und Vertreter von Vereinen, Verbänden und Sozialgenossenschaften informierten sich gestern (30. Oktober) bei einer Tagung im Raiffeisenhaus über die Reform der Sozialunternehmen.
Mit der kürzlich erfolgten Reform des Non-Profit-Bereichs („terzo settore“) hat die italienische Regierung auch die Sozialunternehmen neu geregelt. Nach einem ersten Versuch im Jahr 2006 soll diese Unternehmensform jetzt attraktiver gemacht und neu lanciert werden. „Eine wichtige und komplexe Reform mit besonderer Tragweite auch für Südtirol“ meinte Paul Gasser, Generaldirektor des Raiffeisenverbandes. Welche Chancen die Eintragung als Sozialunternehmen bietet und in wie weit es sich lohnt, die eigene Unternehmensform zu überdenken, wurde bei der Tagung im Raiffeisenhaus erörtert.
Sozialunternehmen („impresa sociale“)
Sozialunternehmen („impresa sociale“) sind private Körperschaften, die eine dauerhafte und vorwiegend unternehmerische Tätigkeit von Allgemeininteresse ausüben, ohne dabei eine Gewinnabsicht zu verfolgen. Dadurch und durch ein grundsätzliches Verbot der Gewinnausschüttung unterscheiden sie sich von herkömmlichen Wirtschafts- und Handelsunternehmen. Allerdings müssen auch Sozialunternehmen alle buchhalterischen Pflichten erfüllen und neben dem Jahresabschluss auch eine Sozialbilanz erstellen.
Breites Tätigkeitsfeld
Der Hauptzweck von Sozialunternehmen ist auf Solidarität und sozialem Nutzen ausgerichtet. Die Tätigkeiten reichen von sozialen Diensten, sozio-sanitären Leistungen, Tätigkeiten im Kultur- und Umweltbereich über die Soziale Landwirtschaft, den solidarischen Handel, die Entwicklungszusammenarbeit bis hin zur humanitären Aufnahme von Migranten und dem Erziehungs- und Bildungsbereich. „Sozialunternehmen können in fast allen Wirtschafts- und Sozialbereichen tätig werden, wenn sie die entsprechenden Vorgaben berücksichtigen“, sagte Carlo Borzaga, Wirtschaftsprofessor an der Universität Trient und Präsident des Forschungsinstituts Euricse. Borzaga beleuchtete in einem Impulsreferat die Möglichkeiten und die Grenzen der Reform des Sozialunternehmens. Die Option, sich in ein Sozialunternehmen umzuwandeln, hänge laut Borzaga zum einen wesentlich von der Art der Haupttätigkeit einer Organisation ab und zum anderen auch von den möglichen Förderungen, die gewährt werden.
Neue steuerliche Anreize
Attraktiv gemacht werden soll das Sozialunternehmen durch steuerliche Anreize und eine erleichterte Kapitalbeschaffung. Beispielsweise müssen Gewinne und Geschäftsüberschüsse von Sozialunternehmen nicht versteuert werden, sofern sie im Unternehmen bleiben. Zudem können Gönner und Förderer von neuen Sozialunternehmen einen Teil ihres investierten Kapitals steuerlich geltend machen. Außerdem können sich Sozialunternehmen auch über das sogenannte „crowdfunding“ Kapital direkt aus der Bevölkerung beschaffen.
Die Neuregelung der Sozialunternehmen sieht auch eine verstärkte Eingliederung benachteiligter Personen und weiterhin eine starke Rolle des Ehrenamtes vor. Insgesamt weist das Sozialunternehmen zahlreiche Parallelen zur Sozialgenossenschaft auf. Letztere ist per Gesetz als Sozialunternehmen eingestuft, behält aber die eigene gesetzliche Regelung bei, hieß es bei der Tagung, in deren Verlauf Experten des Raiffeisenverbandes die zivil-, steuer- und arbeitsrechtlichen Aspekte des Sozialunternehmens aufzeigten.
Bei der abschließenden Fragerunde zeigte sich ein großer Informationsbedarf seitens der Vereine und Verbände. Entsprechend hat der Raiffeisenverband kürzlich seine Startup-Beratung als Anlaufstelle für alle Fragen rund um das Sozialunternehmen erweitert.