Von: luk
Bozen – Vollkornmehl wird aus dem ganzen Getreidekorn samt Keimling und Samenschale gewonnen. Es enthält daher mehr Ballaststoffe, Mineralstoffe, Vitamine, essenzielle Aminosäuren, ungesättigte Fettsäuren und sekundäre Pflanzenstoffe als Auszugsmehl. Verarbeitete Lebensmittel, die auf der Verpackung als Vollkornprodukte oder als Produkte mit Vollkornmehl (italienisch „integrale/i“ oder „con farina integrale“) ausgelobt werden, enthalten jedoch nicht immer echtes Vollkornmehl.
Das italienische Verbraucherschutzmagazin „Il Salvagente“ spricht in diesem Zusammenhang vom „Vollkorn-Trick“. Für die Juli-Ausgabe wurden 82 Produkte mit der Bezeichnung „Vollkorn“ auf der Verpackung – Kekse, Frühstückszerealien, Cracker, Zwieback, Toastbrot sowie süße Snacks – verglichen. 22 Produkte (27 Prozent) enthalten wahrscheinlich kein echtes Vollkornmehl, sondern so genanntes wiederhergestelltes Mehl aus Auszugsmehl und Kleie. Von den 60 Produkten, die laut Zutatenliste echtes Vollkornmehl enthalten, haben nur 22 Prozent einen Vollkornanteil von über 70 Prozent (am Gesamtgewicht), 37 Prozent weisen einen Vollkornanteil zwischen 50 und 69 Prozent auf, 23% einen Vollkornanteil zwischen 30 und 49 Prozent und 18 Prozent einen Vollkornanteil von unter 30 Prozent.
Wie ist das möglich, wo doch alle 82 Produkte als Vollkornprodukte oder Produkte mit Vollkornmehl vermarktet werden?
„Erstens bezieht sich die Aufschrift „Vollkorn“ lediglich auf den Getreide- bzw. Mehlanteil in einem Produkt“, erläutert Silke Raffeiner, die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS). „Da Kekse, Zwieback und Co neben Mehl üblicherweise auch andere Zutaten enthalten, beträgt der Anteil des Vollkornmehls am Gesamtgewicht eines Produkts so gut wie nie 100 Prozent. Zweitens sieht das Gesetz für verarbeitete Lebensmittel keinen Mindestanteil an Vollkornmehl vor. Und drittens ist in Italien die Bezeichnung „Vollkorn“ („integrale“) sogar für solche Backwaren zulässig eingestuft, die nicht aus Vollkornmehl, sondern vielmehr aus Auszugsmehl und Kleie hergestellt werden.“ Der Fachausdruck dafür lautet „farina ricostituita“, also wiederhergestelltes Mehl.
Verbraucherschutzorganisationen haben diese Praxis wiederholt als irreführend kritisiert. Im Vergleich zum echten Vollkornmehl fehlt dem wiederhergestellten Mehl nämlich der wertvolle Keimling, welcher reich an wichtigen Nährstoffen ist, und der glykämische Index ist höher. Erkennbar ist der Unterschied nur anhand der Zutatenliste: bei „Weizenvollkornmehl“ – ohne zusätzliche Angaben – handelt es sich um Mehl aus dem ganzen Korn. Wird dagegen in Klammern zusätzlich „(Weizenmehl, Weizenkleie)“ angegeben, dann wurde nicht Vollkornmehl, sondern ein wiederhergestelltes Mehl verwendet.
Verbraucher und Verbraucherinnen sollten daher immer einen prüfenden Blick auf die Zutatenliste werfen, so die Empfehlung der VZS.