Von: bba
Meran – „Wir stehen sprichwörtlich an einem Scheideweg“, untermauerte Professor Stefan Zerbe erst kürzlich in einem Vortrag. Die Wiederherstellung der Ökosysteme ist für unsere Zukunft genauso wichtig wie der Klimawandel. Die Kurzsichtigkeit und Rücksichtslosigkeit des Menschen erweisen sich als ein Bumerang. Ein Umdenken und bedachtes Handeln sind zentral, wollen wir die eine Welt, die wir haben, mit Respekt behandeln und erhalten.
Zerstörte Landschaften durch den Tagebau, Monokulturen in der Land- und Forstwirtschaft auf Kosten der Artenvielfalt, künstliche Eingriffe in die Flusslandschaften, von Menschen verursachte Brände weltweit, zunehmender Fleischkonsum und Pestizideinsatz: Noch nie hat der Mensch in den Naturkreislauf so verantwortungslos eingegriffen wie in den vergangenen Jahrzehnten.
Anschaulich und mit vielen aktuellen Beispielen aus aller Welt schilderte Prof. Stefan Zerbe kürzlich Schülern am Realgymnasium Meran die von Menschen verursachte Zerstörung unserer Ökosysteme. Nicht grundlos habe die UN-Generalversammlung die Jahre 2021-2030 als Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen ausgerufen, unterstrich Zerbe, der an der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik der Freien Universität Bozen lehrt. Den renommierten Wissenschaftler hatte Biologielehrerin Valentina Zeller an die Schule geholt, denn „weit weniger diskutiert, aber genauso gefährlich oder gar noch gefährlicher als der Klimawandel ist die Zerstörung der Natur, der Kollaps unserer Ökosysteme“.
Zerbe bot den Schülern dann auch einen tiefgreifenden Einblick in seine Forschungsthemen, wie Renaturierung von Ökosystemen, Biodiversitätsforschung, Waldökologie und nachhaltiges Waldmanagement. Durch eine Ökosystemrenaturierung sollen gezielt sogenannte Ökosystemleistungen wiederhergestellt werden. Zu den Ökosystemleistungen zählen, am Beispiel Wald, die Kohlenstoffspeicherung, die Filterwirkung für Wasser und Luft, die Erholung und das Wohlbefinden, der Lärmschutz und vieles mehr. „Der Grad der Wiederherstellung verlorengegangener Ökosystemleistungen ist allerdings je nach eingesetzten Renaturierungsmaßnahmen unterschiedlich groß“, erklärte Zerbe den Schülern. Wiederhergestellt werden neben naturnahen Ökosystemen und Kulturökosystemen auch neue Ökosysteme, beispielsweise urban-industrielle Standorte.
In einer anschließenden Diskussion wurden Fragen mit Lokalbezug, wie die Problematik der Monokultur in unseren Tallagen und die Möglichkeiten einer Diversifizierung von Agrarökosystemen bei uns aufgegriffen. Insgesamt wurde deutlich, dass die Ökosystemrenaturierung als interdisziplinär angelegte Aufgabe einen wertvollen Beitrag hin zu einer nachhaltigen Entwicklung leisten kann.