Landesfischereiverband legt nach

Wirbel um Kleinkraftwerke

Montag, 16. Juli 2018 | 16:54 Uhr

Von: luk

Bozen – Landesrat Richard Theiner hat die Aussagen des Fischereivereins Eisacktal als falsch und die Vorwürfe als “vollkommen haltlos” zurückgewiesen.

Dass Bergbauernhöfe mit mehr als 40 Erschwernispunkten ab jetzt Kleinkraftwerke mit einer Leistung von bis zu 50 Kilowatt errichten dürften und die gesamte Strommenge verkaufen könnten, hat am Wochenende in einer Aussendung der Präsident des Fischereivereins Eisacktal, Markus Heiss, geschrieben und dabei den Schluss gezogen, dass dies zur Folge hätte, dass die Gebirgsbäche zu Rinnsalen verkämen.

“Diese Aussage entbehrt jeder Grundlage”, entgegnet Landesrat Richard Theiner und präzisiert, dass Bergbauern mit dem vereinfachten Konzessionsverfahren nur so viel Strom produzieren dürfen, wie sie selbst für die landwirtschaftliche Tätigkeit und für die Wohnnutzung verbrauchen. “Neu ist lediglich, dass sie den produzierten Strom teilweise auch einspeisen dürfen, allerdings darf die Gesamtmenge des eingespeisten und des selbst verbrauchten Stroms nicht mehr ausmachen als der durchschnittliche Verbrauch in den vergangenen beiden Jahren”, stellt der Landesrat für Energie und Umwelt klar.

Hintergrund dafür ist der Umstand, dass der Stromverbrauch auf den Bergbauernhöfen im Jahresverlauf nicht gleich bleibt: Es gibt Zeiten, in denen mehr verbraucht wird, zum Beispiel im Sommer bei der Heuernte, und Zeiten, in denen weniger verbraucht wird. “Mit der neuen Norm haben wir ein Instrument geschaffen, mit dem ein Ausgleich zwischen diesen Zeiten mit unterschiedlichem Stromverbrauch möglich ist, ohne dass die im Jahresdurchschnitt produzierte Strommenge je Bergbauernhof steigt”, betont Theiner. Es könne deshalb keine Rede davon sein, dass mit der neuen Norm den Bergbauern ein neues Geschäftsfeld ermöglicht wurde.

Theiner weist darauf hin, dass die Landesumweltagentur die Einhaltung der Vorschriften überprüft. Auch die Ansuchen um eine Wasserkonzession werden von den zuständigen Landesämtern im Hinblick auf die Wasserökologie genauestens kontrolliert und nur wenn ein positives Gutachten vorliegt, wird die Erlaubnis zur Stromproduktion erteilt. “Ich habe in meiner Amtszeit noch nie eine Wasserkonzession erlassen, wenn ein negatives Gutachten der Dienststellenkonferenz vorlag”, betont Landesrat Theiner.

Hervorzuheben sei auch, dass die von den Bergbauern produzierte Energie ausschließlich dem Eigenbedarf vorbehalten ist und zum Beispiel nicht für Urlaub auf dem Bauernhof verwendet werden darf. “Es ist deshalb vollkommen falsch, wenn behauptet wird, wir hätten mit der neuen Regelung die Landwirte zu Energieproduzenten gemacht – aber offensichtlich wurde die Abänderung nicht vollständig gelesen”, unterstreicht Landesrat Theiner.

 

Landesfischereiverband: “Freitag der 13. für Südtirols Gewässer”

Der Landesfischereiverband legt jedoch nach und stellt die Frage, ob die Gebirgsläufe künftig so aussehen werden. Im Bild ist der Spronserbach im Juli 2018 zu sehen.

Landesfischereiverband

“Wir waren entsetzt, als am Freitag, den 13. Juli das Landesgesetz 10/2018 in Kraft getreten ist. Bereits seit Wochen wurde der darin enthaltene Artikel 25 von mehreren Seiten kritisiert. In der Sitzung vom 15. Juni wurde diese Kritik nicht nur von Vertretern der Grünen sondern auch aus den Reihen der SVP geteilt. Die darauf folgende Presseaussendung gab Mut zur Hoffnung, so der Landesfischereiverband. Darin hieß es: „LR Theiner legte einen Änderungsantrag vor, der die Produktion weiter einschränkt, auf der Grundlage des Eigenbedarfs.“ “

Nach der Veröffentlichung des Gesetzes ist von einer Einschränkung aber wenig zu spüren. Die Änderung sieht nur vor, dass die Menge des produzierten Stroms auf den Verbrauch der beiden Vorjahre berechnet wird. Dies ändert aber nichts daran, dass tausende Landwirte nun Kraftwerke mit einer Leistung von 50 kW errichten können, egal ob Sie bereits an ein Stromnetz angeschlossen sind oder nicht. Was kann man also noch glauben? Mit dem Artikel 25 werden die Ausnahmefälle, in denen auch in sensiblen Gewässern Konzessionen vergeben werden können, aufgeweicht. War dies früher nur für die Versorgung von Almen und Höfen ohne Stromnetz und nach Einzelfallprüfung möglich, kann nun auch eine Konzession an all Jene ausgestellt werden, die schon an ein Stromnetz angeschlossen sind und der Überschuss kann eingespeist werden. Außerdem sieht das Landesgesetz vor, dass eine Bauabnahme erst innerhalb von drei Jahren nach Bauende durchgeführt werden muss. Ein Freibrief für Schummelei und Geschäftemacherei.” Der Landesfischereiverband wird jede Möglichkeit prüfen um, “wenn notwendig” auch rechtlich, gegen dieses Landesgesetz vorzugehen.

„Kleine Wasserkraftwerke werden oft in alpinen Fließgewässern gebaut und beeinträchtigen dort sensible Ökosysteme. Jedes Kleinkraftwerk ist ein Eingriff in den Lebensraum des jeweiligen Fließgewässers. Vor allem alpine Bäche und Flüsse sind davon betroffen. Doch gerade diese letzten naturnahen Fließgewässer beheimaten eine einzigartige Fauna und Flora, die an dynamische Lebensräume und hohe Fließgeschwindigkeiten angepasst ist. Die Wasserkraftwerke bilden Barrieren, zerstückeln Ökosysteme, lassen Lebensräume lokal verschwinden und verhindern die Ausbreitung von Pflanzen und Tieren. Die Lebewesen der betroffenen Gewässer leiden unter dem reduzierten Abfluss und der veränderten Fließdynamik.“ “Dies stammt aus einer Studie der EAWAG, einem Wasserforschungsinstitut in der Schweiz. In der Schweiz werden seit 2017 Kraftwerke mit einer Leistung von weniger als einem Megawatt nicht mehr mit Steuergeldern gefördert. „In Südtirol werden nicht nur solche Kraftwerke gefördert, der Überschuss kann zusätzlich noch eingespeist werden“, berichtet der LandesfischereiverbandSüdtirol.

Erst vor einigen Tagen traf sich die Arbeitsgemeinschaft der Fischereiverbände der Alpenländer (ARGEFA), in der neben Südtirol auch die Schweiz, Bayern, Baden-Württemberg, Liechtenstein, Österreich und Slowenien vertreten sind. Die Meinung dieser Arbeitsgemeinschaft: „Keine Förderung von kleinen Kraftwerken mehr“. Prof. Dr.-Ing. Albert Göttle, Präsident der ARGEFA erklärt: „Wenn Klein- und Kleinstkraftwerke Umweltauflagen erfüllen müssen, dann sinkt ihre Effizienz zusätzlich. Klein- und Kleinstkraftwerke bringen weder der allgemeinen Stromversorgung, noch dem Klimaschutz etwas. Wir fordern daher das Ende dieser Gewässerzerstörung.“

Dieser Blick über die Grenzen zeige, dass es sich hier nicht nur um ein lokales Problem handelt. “Aber wie damit umgegangen wird, hängt von der jeweiligen Regierung ab. Während in anderen Ländern daran gearbeitet wird, bestehende Kraftwerke zu verbessern und überkonzessionierte Gewässer neu zu regeln, wird in Südtirol am Ausbau der Kleinkraftwerke festgehalten. In der gegenwärtigen Diskussion verweist Landesrat Theiner immer wieder auf die geringe Anzahl von Kraftwerken, die in den letzten Jahren genehmigt wurden und auf die gute Umsetzung im Bereich Gewässerschutz v.a. durch die Ausweisung von besonders sensiblen Gewässerabschnitten (laut Landesgesetz 2/2015).”

„Auch wenn in den letzten Jahren nur sehr wenige Konzessionen vergeben wurden, so weißt Südtirol trotz allem einen sehr hohen energetischen Ausbaugrad auf. Dabei sind 90 Prozent der Wasserkraftwerke Klein- und Kleinstkraftwerke und tragen weniger als drei Prozent zur Gesamtproduktion bei,“ so Meinhard Mayr, Präsident des Landesfischereiverbandes Südtirol. Dazu komme noch, dass bereits jetzt viele Gewässer gerade im Sommer aufgrund der Ableitungen trocken fallen und es zu Fischsterben kommt. “Solche Fälle gab es auch bereits 2018. Der Verbrauch an Wasser steigt in den Sommermonaten stark an. Gerade dann führen unsere Gewässer aber Niederwasser, und es steht nicht genügend Wasser zur Verfügung“, erklärt der Landesfischereiverband.

In der Landtagssitzung vom 15. Juni präsentierte Landesrat Theiner dem Landtag eine Karte der sensiblen Gewässer und wies darauf hin, dass es kaum Gewässer gibt in denen in Zukunft noch Konzessionen vergeben werden können. “Aber genau darum geht es im kritisierten Artikel 25”, bemängelt der Landesfischereiverband.

“Heute besteht mit dem gültigen Wassernutzungsplan bereits die Möglichkeit der „hydroelektrischen Versorgung von Bergbauernhöfen in Extremlagen nach Einzellfallprüfung“. Gegen diesen Eigenbedarf möchte auch niemand vorgehen und um diesen Eigenbedarf für alle zu gewährleisten, hätte man auch keine Gesetzesabänderung machen müssen. Hier geht es um die Möglichkeit des Einspeisens in das Stromnetz und darum, das diese Möglichkeit nun standardisiert wurde. Die Provinz hat sehr viele Maßnahmen im Bereich Gewässerschutz durchgeführt. Wir möchten auch die Umsetzungen in diesem Bereich nicht schmälern, aber auch das Land hat das „Verschlechterungsverbot“ der EU-Richtlinie im Wassernutzungsplan übernommen,“ erklärt der Landesfischereiverband. Demnach dürfen Eingriffe oder Maßnahmen den aktuellen Zustand eines Gewässers nicht verschlechtern.

“Auf die Aussagen hin, dass es zu keinem „Ansturm auf die Gewässer“ kommen wird und es nur wenige geben wird, die eine solche Konzession erhalten werden, gibt der Landesfischereiverband zu bedenken, dass wenn erst einmal die gesetzlichen Grundlagen geschaffen wurden, ein solcher Ansturm aber auch nicht mehr verhindert werden kann. Warum wird ein Gesetz geändert, wenn es danach keine neuen Konzessionen geben soll, gibt der Landesfischereiverband zu bedenken, Über 1.000 E-Werke und mehr als 80 Prozent verbaute Wasserläufe sind definitiv genug für eine so geringe Menge Strom die produziert wird.“ Auch der Ausbau der Elektromobilität wird in diesem Zusammenhang kritisch gesehen. „Wir werden unsere E-Bikes irgendwann auf jeder Alm laden können, aber wenn wir dann flussabwärts in Tal fahren, werden wir keine Gebirgsbäche, sondern nur noch Rinnsale sehen”, so die Fischer.

Bezirk: Bozen