Von: mk
Bozen – Der Südtiroler Filmverband schlägt Alarm: Wenige Tage nach der Veröffentlichung der äußerst positiv gestimmten Bilanz der Landesregierung für das Jahr 2020 bezüglich der Filmförderung durch die IDM am 16.März 2021 sind die Ergebnisse des ersten Fördercalls 2021 veröffentlicht worden. Im Vergleich zu den Vorjahren sind auffallend weniger Projekte gefördert worden und diese mit wesentlich geringeren Beträgen und sogar Kürzungen der beantragten Fördersumme.
„Bereits im – trotz Corona-Krise – so erfolgreichen vergangenen Jahr lag die Gesamtfördersumme nur mehr bei knapp über drei Millionen Euro. Im Vergleich zu den zu Beginn der Filmförderung veranschlagten fünf Millionen Euro pro Jahr wurde in den letzten Jahren nach und nach sehr viel weniger in die florierende neue Branche investiert“, erklären die die Vorsitzenden des Filmverbands Südtirol (FAS), Georg Zeller und Nela Märki, in einer Presseaussendung.
Vonseiten der Landesregierung sei nicht zu erfahren gewesen, wie die konkrete Planung der Zukunft des Südtiroler Filmfunds aussieht, einzig sei mitgeteilt worden, dass infolge der Covid-19-Pandemie ein finanzieller Engpass unvermeidbar sei. „Dies steht in direktem Gegensatz zur Politik unserer nördlichen Nachbarländer, wo gerade aufgrund der Krise regionale Filmförderhaushalte aufgestockt werden, um damit die Nachhaltigkeit der Branche zu sichern. Auch in Italien wurde dieses Jahr auf nationaler Ebene der Fördermechanismus des Tax-Credit von 30 auf 40 Prozent erhöht“, argumentieren Zeller und Märki.
Es sei klar, dass die Folgen der Pandemie zu Kürzungen in allen Bereichen führen können. Dennoch wäre dem Filmverband zufolge eine weitere Kürzung der Filmförderung fatal – nicht nur für die Film-Branche, sondern auch für das Land Südtirol.
„Der Wirtschaftszweig Film ist in Südtirol über Jahrzehnte und insbesondere in den vergangenen zehn Jahren durch die Schaffung dieser Förderung gezielt aufgebaut worden. Das Land hat sich dadurch auf europäischer Ebene in kürzester Zeit zu einem wichtigen Player entwickelt und ist als erfreulicher Nebeneffekt in unzähligen Filmen und Fernsehserien prominent zu sehen, die in Italien, Europa und weltweit auf die Leinwand gebracht wurden und werden“, erinnern Zeller und Märki.
Anhand der Förderergebnisse der vergangenen Jahre habe sich feststellen lassen, dass der Anteil jener Filmprojekte, die aus Südtirol heraus (d.h. von heimischen Produktionsfirmen und/oder Kreativen entwickelt) oder mit starker Südtiroler Beteiligung entstanden sind, erfreulicherweise stets mehr wurden. Auch dies sei eine positive Konsequenz des gezielten Aufbaus der Südtiroler Filmwirtschaft.
„Dabei ist es wichtig zu wissen, dass die komplette Filmproduktion in Europa auf Fördermodellen basiert. Es gibt kaum einen europäischen Kinofilm, der nicht von öffentlicher Hand gefördert wurde, das Südtiroler Modell ist also keine Ausnahme, sondern unbedingte Voraussetzung für eine Filmwirtschaft, die lokal angesiedelt ist und auf einem internationalen Markt agiert“, erklärt der Filmverband. Der Filmfund des Landes sei hierbei gezielt als Wirtschaftsförderung instituiert worden (im Ggs. zur „Kulturellen Filmförderung“) und setze einen Mindestumsatz von 150 Prozent der gewährten Finanzierung im Land voraus. Dieser Mechanismus garantiert somit einen erhöhten Rückfluss der investierten Summen, zuletzt von 246 Prozent im Jahr 2020.
„In diesem Sinne hat beispielsweise die letztjährige Investition des Landes von 3,1 Mio. Euro in die Filmförderung einen Umsatz von 6,5 Mio. Euro im Land generiert – eine wahre Goldgrube zugunsten des öffentlichen Haushalts. Dabei wurden noch gar nicht die unzähligen kleinen und großen Film- und TV-Projekte mit eingerechnet, die zwar keine Südtiroler Fördermittel erhalten haben, aber dank der hier inzwischen verfügbaren Infrastrukturen, Fachkräfte, Dienstleister usw. trotzdem ganz oder teilweise in Südtirol verwirklicht werden“, erklärt der Filmverband.
In der Filmschaffenden-Directory der IDM sind aktuell mehrere hundert Südtiroler Fachkräfte verzeichnet. Die Eintragung dort ist freiwillig und dient in erster Linie der Auftragsvermittlung für freischaffende Fachkräfte. Eine Vielzahl nicht eingetragener Filmschaffender komme also noch hinzu, ebenso wie all jene Wirtschaftszweige, die nicht direkt zum Filmschaffen gerechnet werden, z.B. Hotellerie und Gastronomie (Unterkunft und Verpflegung an 250 Drehtagen allein im Pandemie-Jahr 2020 für Filmcrews von meist 50 bis 100 Mitarbeitern); Handwerk (z.B. Setbauten, Tischlerei, Sicherheitsvorkehrungen etc.); Transport (Helikopter, Fahrzeugvermietungen, Großtransporte) um nur beispielhaft ein paar zu nennen.
„Eine Vielzahl an Filmproduktionsfirmen und filmspezifischen Dienstleistungsunternehmen wurden seit Einführung des Filmfunds in Südtirol gegründet und bieten ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern innovative und hochqualifizierte Arbeitsplätze in der Kreativwirtschaft. Sollte die Filmförderung nun noch weiter reduziert werden oder gar ganz aus- oder wegfallen, hätte dies unweigerlich zur Folge, dass ein Großteil der Filmschaffenden und filmspezifischen Unternehmen plötzlich ohne Arbeit wäre“, erklären Zeller und Märki.
Denn eine Südtiroler Produktionsfirma habe nach dem europäischen Produktionssystem nur dann eine Chance, auf dem internationalen Markt tätig zu werden, wenn sie im Finanzierungsplan für die eigenen Filmprojekte eine sogenannte Anschubförderung von ihrem Unternehmensstandort aus vorweisen kann. „Ohne Südtiroler Filmförderung wird es also in Südtirol kein wirtschaftliches Filmschaffen geben.“
Laut FAS wäre dies aufgrund eines weiteren wichtigen Punkts für das Land Südtirol besonders tragisch: „Nach einem vergleichsweise kurzen Stillstand während des ersten Lockdowns, haben die Filmproduktionen bereits im Frühsommer vergangenen Jahres wieder ihre Arbeit aufgenommen. Das Filmset als geschlossener und relativ leicht kontrollierbarer Nukleus konnte bei Anwendung entsprechender Sicherheitsprotokolle weitgehend weiter arbeiten. Die Unternehmen der Branche mussten dementsprechend weder Kurzarbeit für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beantragen, noch auf die verschiedenen lokalen und staatlichen Rettungsmaßnahmen zugreifen. Im Gegenteil berichten mehrere Unternehmen sogar von Umsatzzuwächsen im Jahr 2020.“
Einem Wirtschaftszweig, der trotz Pandemie weiter arbeiten kann, nun die Grundlage zu entziehen, wäre also auch kurzfristig ein wirtschaftlich fataler Fehler für das Land Südtirol, würden doch deshalb unzählige Firmen und Freischaffende plötzlich auf öffentliche Unterstützung angewiesen sein, anstatt den oben beschriebenen Finanzrückfluss in die, infolge der Krise stark gebeutelten, öffentlichen Kassen generieren zu können, erklären Zeller und Märki abschließend.