Die Ermittler gaben am Dienstag neue Details bekannt

Nach Amoklauf in Graz zwei Verletzte aus Spital entlassen

Dienstag, 17. Juni 2025 | 16:58 Uhr

Von: apa

Nach dem Amoklauf in Graz mit zehn Todesopfern hat die Polizei am Dienstag weitere Ermittlungsdetails preisgegeben. Wie Michael Lohnegger, Leiter des Landeskriminalamts Steiermark, auf einer Pressekonferenz ausführte, wurden zwei Überlebende aus dem Spital entlassen. Das Motiv des 21-jährigen ehemaligen Schülers stehe weiter nicht fest, sagte Lohnegger. Klar ist indessen, dass der Täter noch unmittelbar vor der Tat ein Foto in den sozialen Medien gepostet hatte.

Dabei handelt es sich um ein vom Täter in der Toilettenanlage der betroffenen Grazer Schule mit Kampfstiefeln aufgenommenes Bild. Der 21-Jährige hatte es nur wenige Minuten vor der Tat auf X (vormals Twitter) gepostet. Insgesamt hätten rund 30 zwischen 2019 und 2025 erstellte Accounts in den sozialen Medien sowie auf Gaming-Plattformen Bezug zu ihm, wobei nicht endgültig geklärt ist, welche Profile tatsächlich auf den Ex-Schüler des Grazer Oberstufenrealgymnasiums rückführbar seien. Wobei sich im Zuge der Ermittlungen für Lohnegger dennoch zumindest herauskristallisiert, dass der Täter “eine Leidenschaft für School Shootings” gehegt habe. Die medial kolportierten angeblichen Profile des Täters seien mittlerweile im Auftrag der Polizei gelöscht worden.

Noch neun Verletzte im Spital

Dennoch räumte der Ermittler ein, dass sein Team derzeit “weiterhin über keine Kenntnisse zum Motiv” verfüge. Immer wieder spekulierten Medien zuletzt, dass der 21-Jährige als Schüler am betroffenen Gymnasium gemobbt wurde. Darüber gebe es bisher aber keine konkreten Kenntnisse, so Lohnegger weiter.

Derzeit läuft noch eine Auswertung des Mobiltelefons des Täters. Die Ermittlungen am Tatort seien mittlerweile abgeschlossen. Zur Zahl der abgegebenen Schüsse verwies Lohnegger am Dienstag auf die laufenden Ermittlungen, genauso wie zur Frage nach möglichen Mitwissern. Nachsatz: “Handfeste Beweise dafür gibt es derzeit nicht.” Indessen befanden sich am Dienstag insgesamt noch neun Verletzte im Spital, zwei davon auf der Intensivstation, jedoch außer Lebensgefahr.

Trittbrettfahrer teilweise verhaftet

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sagte, dass bisher rund 50 Zeuginnen und Zeugen vernommen wurden. Damit sei die Tat schon recht gut zu rekonstruieren gewesen und man habe auch mehr über den Täter erfahren. Eine Vielzahl an weiteren Befragungen sei noch geplant, allerdings erst, wenn die Schülerinnen und Schüler bereit dafür seien. Landespolizeidirektor Gerald Ortner verwies auf rund 30 Einsätze für die Polizei nach dem Amoklauf und zwar in anderen Schulen aufgrund von Trittbrettfahrern, die die Situation ausnutzen würden. Erst am Montag sei im niederösterreichischen Guntramsdorf ein 19-Jähriger ausgeforscht, festgenommen und mittlerweile in U-Haft genommen worden, weil er einen angeblichen Amoklauf angekündigt hatte. Karner unterstrich: “Das ist kein Kavaliersdelikt.”

Lohnegger sprach auch von einer “erschreckend” hohen Zahl an Gutheißungen der Tat in sozialen Medien – vor allem aus dem nichteuropäischen Ausland. Das Landesamt Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) ermittle in diesen Fällen und will die Absender ausforschen und anzeigen. Der Leiter der Ermittlungsgruppe “Luctus” gab am Dienstag auch Details zur Bewaffnung des Täters bekannt: Insgesamt habe der 21-Jährige fünf Magazine mit je 15 Patronen Fassungsvermögen für seine Glock 19-Pistole mitgehabt. Davon waren noch 24 Patronen in zwei Magazinen übrig. Weitere 18 lose Patronen für die Pistole trug er bei sich sowie 17 Patronen für seine Doppelbockflinte.

Details zu Kopfhörern und Brille

Die Brille, die er bei der Tat getragen hatte, war eine optische Sehhilfe, stellte Lohnegger klar, und die Kopfhörer, die der Täter getragen hatte, waren kabelgebundene Kopfhörer ohne Sprech- oder Bluetooth-Funktion: “Er kann daher keinen Kontakt zu anderen gehabt haben.” Ein Adapter für das Mobiltelefon wurde allerdings gefunden sowie zwei Ohrstöpsel, wie sie etwa bei einem Schießtraining verwendet werden. Ob er diese bei seiner Tat getragen hat, sei unklar, aber es sei davon auszugehen.

Die Upload-Plattform der Polizei werde laut Lohnegger am Mittwoch wieder geschlossen. Es seien zuletzt keine Dateien mehr hochgeladen worden. Wer dennoch noch etwas an die Polizei übermitteln will, könne das bei jeder Polizeiinspektion tun. Etwa 35 Dateien der mehreren Hundert Fotos und Videos seien für die Ermittler von “großer Bedeutung”.

Oberst Kurt Kornberger, Leiter der Cobra-Süd, schilderte bei der Pressekonferenz noch den Ablauf des Einsatzes seiner Einheit. Insgesamt seien sieben Cobra-Beamte vor Ort gewesen und hätten den Täter rasch gefunden und damit das Gebäude für die Rettungskräfte freigeben können. Viele andere Kolleginnen und Kollegen seien selbstständig in den Dienst gekommen und hätten damit unterstützt. Fünf Hubschrauber waren insgesamt im Einsatz. Für sämtliche Beamtinnen und Beamte, egal ob Cobra oder Streifenpolizisten, stehen Peer-Supports zur Verfügung. Diese hätten noch am selben Tag mit der Aufarbeitung des Geschehenen begonnen. Außerdem werde der Einsatz noch analysiert.

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