Von: ka
Marling/Bozen – Nur dem größten „einheimischen“ Räuber, dem Bären, ist es gelungen, wenigstens für einen Tag das Dauerthema Corona vom Spitzenplatz der Nachrichten zu verdrängen. Der aus dem Trentino stammende große Fleischfresser, der in den jüngsten Tagen in der Umgebung von Marling mehrmals gesichtet worden war, wurde von den Experten des Landesamtes für Jagd und Fischerei und des Landestierärztlichen Dienstes eingefangen, mit einem Sender versehen und anschließend in die Freiheit entlassen.
Wenig überraschend stieß die Entscheidung, den Bären, der den Verlust von mindestens drei Ziegen und eines Schafes auf dem Kerbholz hat, nach dem Anlegen des Senders wieder laufen zu lassen, im Südtirol News-Forum überwiegend auf wenig Verständnis. Einige ließen sich sogar dazu hinreißen, den Abschuss des Bären zu fordern. Besonders stark in der Kritik standen aber der Sinn, der Aufwand und die damit verbundenen Kosten der „Dauerbeobachtung“ des Bären. Besonders lustige Zeitgenossen erinnerten ihre Leser daran, dass der Sender um den Hals den großen Räuber kaum davon abhalten wird, den heimischen Schafen und Ziegen nachzustellen.
Ein kurzer Blick in die geltenden Tierschutzgesetze offenbart aber schnell, dass die Entscheidung, über einen Sender den Bären im Blick zu behalten, die einzig Richtige war. Wegen einiger Ziegen und Schafe darf und soll auch kein Bär in die Gefangenschaft überführt werden. Sollte sich aber der „Marlinger Bär“ zu einem Problembären entwickeln oder gar dem Menschen gefährlich werden, ermöglicht der Sender es den Experten, den Bären zeitnah ausfindig machen und aus dem Verkehr ziehen zu können.
Wie unsere Vorfahren es jahrhundertelang gewohnt waren, werden auch wir wieder lernen müssen, mit großen Raubtieren „zusammenzuleben“. Die moderne Technik der Tierbeobachtung, zu denen auch Sender und Fotofallen gehören, kann uns diesen mitunter schmerzhaften Lernprozess erleichtern. Um dem großen Tier seine Ruhe zu garantieren, ist es aber besser, dass im „Bären-Big Brother“ nur die Experten ihrem Hauptdarsteller bei seinen Streifzügen als Zuschauerkulisse dienen dürfen.